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Donauwörth : Bauern aus der Region Donauwörth sehen sich am Pranger

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Bauern aus der Region Donauwörth sehen sich am Pranger

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    Landwirte aus der Region nach der jüngsten Sternfahrt nach Berlin zu den Protesten gegen die aktuelle Agrarpolitik. Die Landwirte fordern unter anderem wirtschaftlich tragbare Problemlösungen.
    Landwirte aus der Region nach der jüngsten Sternfahrt nach Berlin zu den Protesten gegen die aktuelle Agrarpolitik. Die Landwirte fordern unter anderem wirtschaftlich tragbare Problemlösungen.

    Eine gewisse Verzweiflung hört man aus der Stimme von Jasmin Döbler heraus. Mit ihrem Mann Christian bewirtschaftet sie den Schöttle-Hof unweit von Donauwörth. Die Landwirtschaft stehe mittlerweile mit dem Rücken zur Wand, eine Flut an Auflagen und sinkende Preise aufgrund neuer internationaler Abkommen und Liberalisierungen ließen die Bauern in der Region ächzen. Noch dazu sehen sich viele Landwirte in der Ökologie-Debatte nurmehr als Buhmänner hingestellt. Die Döblers wollen jetzt mit einer neuen Form des Protestes auf die Lage der Landwirtschaft aufmerksam machen – mit einer Art „einladendem Protest“.

    Interessierte Bürger sollen auf die Höfe kommen, mit den Bauern sprechen. Und nicht nur die Bürger, sondern auch die Vertreter der Politik, die ja schließlich den gesetzlichen Rahmen für die Landwirtschaft vorgibt. Bereits zum zweiten Mal organisieren die Döblers vom Schöttle-Hof deswegen eine Aktion.

    "Der Landwirt ist in der aktuellen Debatte der Buhmann"

    Am kommenden Samstag um 19.30 Uhr wird ein Mahnfeuer nahe des Hofs entfacht. „Der Landwirt ist in der aktuellen Debatte der Buhmann“, erklärt Christian Döbler das Motiv der Aktion. Er und seine Frau sind Teil der Gruppe „Land schafft Verbindung“, einem losen Zusammenschluss von Bauern, der auch unabhängig von der herkömmlichen Verbandsarbeit für die Belange der Landwirtschaft eintreten will. Jasmin Döbler sagt, dass in den vergangenen Monaten und Jahren zuviel auf die Landwirtschaft abgewälzt worden sei. Ob es um die Forderungen aus dem Volksbegehren „Rettet die Bienen“ oder die Debatte um die Nitratwerte im Grundwasser gehe, es werde seitens der Politik mitunter vorschnell und ohne wirksame Mitsprache der Bauern auf Augenhöhe gehandelt.

    Lesen Sie den Kommentar von Thomas Hilgendorf: Protest der Bauern: Höfesterben als Konsequenz

    Die Landwirte würden zunehmend vor vollendete Tatsachen, sprich: schärfere Verordnungen, gestellt. Der Bürger bekomme die Konsequenzen für die örtlichen Bauern heutzutage gar nicht mehr mit , meint Jasmin Döbler: „Weil es nicht mehr so viele Höfe gibt, ist der Landwirt mittlerweile oft weit weg von den anderen Bürgern, den Verbrauchern.“ Zu weit, betont Döbler – denn die Verbraucher hätten, wenn man denn miteinander ins Gespräch komme, oft sehr wohl Verständnis für die Belange der Bauern.

    Bereits vor einer Woche protestierten am Donnerstagabend bei einem Besuch von Innenminister Joachim Herrmann in Möttingen die Landwirte. 
    Bereits vor einer Woche protestierten am Donnerstagabend bei einem Besuch von Innenminister Joachim Herrmann in Möttingen die Landwirte.  Foto: Jan-Luc Treumann

    Karlheinz Götz aus Birkhausen sieht das genauso. Der Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes (BBV) unterstützt die Aktion der Döblers ausdrücklich. Die Lage der Bauern beschreibt er mit durchaus drastischen Worten: „Mich rufen Bauern an, die schier erstarrt sind; die nicht wissen, wie es weitergeht nach den neuen Verschärfungen.“ Er meint damit auch die strengere, neue Düngemittel-Verordnung (wir berichteten), die seiner Meinung nach ungerecht sei. „An der Düngung hängen Ernteerträge“ – und damit bäuerliche Existenzen wie auch die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln von vor Ort. Weitere Auflagen wie bestimmte Walzverbote machten dem Berufsstand zunehmend zu schaffen, so Götz. Auch die mediale Berichterstattung verzerre oft das Bild der Landwirtschaft. „Demnach flute die Bauern angeblich die Äcker mit Gülle – oder sie sind schlichtweg für das Insektensterben verantwortlich. Das entspricht so einfach nicht der Wahrheit“, sagt Götz. Dabei wäre die Politik gefragt, sich mit den Bauern an einen Tisch zu setzen und endlich einmal – das betont der BBV-Mann – „ergebnisoffen“ Lösungen zu erarbeiten; doch oft scheine es so, als stünde, wie beim Runden Tisch zum angesprochenen Volksbegehren, der exakte Weg schon fest. Dann könne man sich die Aussprachen auch gleich sparen.

    70 Höfe pro Jahr sterben im Landkreis Donau-Ries

    Die Situation der Bauern in der Region lasse sich auch an einer Zahl aufzeigen: Durchschnittlich 70 Höfe stellten pro Jahr im Kreis Donau-Ries ihren Betrieb ein. Zum einen auch, weil die Landwirtschaft manch potenziellem Nachfolger nicht mehr attraktiv erscheine und sie zu stark unter bürokratischem Auflagendruck stehe. Zum anderen, weil die globale Öffnung die traditionellen mittleren und kleinen Betriebe in den Regionen durch Billigware massiv unter Druck setze.

    Als Lösungen sieht Götz neben einer Sensibilisierung der Öffentlichkeit auch direkte politische Maßnahmen als notwendig an: Unkomplizierte Fonds als Ausgleich für neue Auflagen wären denkbar (zum Beispiel bei der Anlage von Blüh- und Gewässerschutzstreifen). Doch ein weiteres Draufsatteln an Auflagen oder staatliche Steuerung ohne wirtschaftlich faire Entschädigungen würden das Höfesterben, zumindest jenes bei den traditionellen Mittelständlern, befeuern.

    Der jüngste Agrar-Gipfel wird kritisch beäugt

    Was den jüngsten Agrargipfel in Berlin angeht, zeigt sich Götz eher skeptisch. Dort versprach Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner sogenannte Dialogforen. Götz bleibt dabei: Es müsse auf Augenhöhe gearbeitet werden – ohne dass das Ergebnis schon vorher feststeht.

    Zum Mahnfeuer am kommenden Samstag, 7. Dezember, um 19.30 Uhr nahe der Hofstelle von Familie Döbler (Schöttle-Hof bei Donauwörth, B2 in Richtung Kaisheim) sind alle interessierten Bürger eingeladen. Auch in Mittelstetten an der B16 ist zur gleichen Zeit ein Mahnfeuer geplant.

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