Startseite
Icon Pfeil nach unten
Donauwörth
Icon Pfeil nach unten

Donau-Ries-Kreis: Nahe Wemding soll Schwabens erster Erinnerungswald wachsen

Donau-Ries-Kreis

Nahe Wemding soll Schwabens erster Erinnerungswald wachsen

    • |
    Für jedes verstorbene Kind steht im Erinnerungswald bei Wemding ein Obstbaum. Es soll ein Ort der Trauer sein, an dem die betroffenen Eltern Kraft schöpfen können.
    Für jedes verstorbene Kind steht im Erinnerungswald bei Wemding ein Obstbaum. Es soll ein Ort der Trauer sein, an dem die betroffenen Eltern Kraft schöpfen können. Foto: Julian Leitenstorfer Photographie

    Anna-Maria Böswald hat kurz nach der Geburt ihre beiden Buben verloren. Die Zwillinge sind Sternenkinder. Kinder, die den Himmel erreicht haben, noch bevor sie ein Leben führen durften. Für Böswald, ihren Mann Bernd und ihren heute bereits neun Jahre alten Sohn aber sind die beiden Kinder nicht vergessen. Im Gegenteil. Wenn sie heute von ihnen spricht - fast fünf Jahre nach dem traurigen Ereignis - muss sie gegen die Tränen ankämpfen.

    Damals hat die Tapfheimerin am eigenen Leib gespürt, was der Verlust eines Kindes mit einem macht. "Nicht nur die Trauer um das verlorene Leben erschüttert einen", sagt die 35-Jährige. "Das Umfeld kann auch sehr schlecht mit dem Tod eines Kindes umgehen. Das macht zusätzlich noch ziemlich einsam."

    Der erste Verein in Schwaben, der sich den Sternenkindern und ihren Eltern annimmt

    Deshalb will Anna-Maria Böswald etwas tun. Für die Mütter, Väter und Familien der verstorbenen Kinder. Für ihre Chance den Schicksalsschlag zu verarbeiten und mit der Trauer und der Traurigkeit darüber umzugehen. Sie hat zusammen mit weiteren Betroffenen und Ehrenamtlichen deshalb den Verein Sterneneltern Schwaben gegründet. Anders als die bereits bestehenden, klassischen Gesprächskreise für betroffene Eltern, bietet der Verein vor allem eines sogenannte Akutbegleitung. Dafür hat die gelernte Erzieherin und Ergotherapeutin extra eine Ausbildung als Sternenkindbegleiterin absolviert.

    Wenn klar ist, dass ein Baby es nicht schaffen wird, zu leben, dann helfen die Ehrenamtlichen durch die ersten, schlimmsten Stunden. Sie bieten seelische Unterstützung Zuhause oder im Krankenhaus. Sie sorgen für Kleidung für die Babys, die oft so klein sind, dass es auf klassischen Wegen keine passende Kleidung oder Einschlagdecken zu kaufen gibt. "Für mich und meinen Mann ist es noch immer eine Belastung zu wissen, dass unsere Buben nackt beerdigt wurden. Das wollen wir den anderen Eltern ersparen" , sagt Böswald.

    Sterneneltern Schwaben vermittelt Fotografen für Erinnerungsfotos

    Der Verein vermittelt auf Wunsch einen Fotografen, der liebevolle Bilder des Kindes macht, und fertigt auf Wunsch einen 3-D-Fußabdruck - ein Stück, das man auch später noch in der Hand halten kann, wenn das Baby längst beerdigt ist. "Es geht darum haltbare Erinnerungen zu schaffen. Denn das Optische verblasst. Der Schmerz aber nicht", erklärt Böswald.

    Der Verein Sterneneltern Schwaben ist noch jung. Wenige Monate ist er aktiv. Böswald knüpft aktuell Netzwerke zu Krankenhäusern, Hospizvereinen und Hebammen. "Es soll öffentlich bekannt werden, dass Eltern bei so einem Verlust Unterstützung brauchen. Der Tod eines Kindes darf kein Tabuthema mehr sein", sagt die engagierte Frau. Sie hat einen prominenten Unterstützer an ihrer Seite. Landrat Stefan Rößle ist vierfacher Vater aber auch selbst Betroffener. Deshalb ist ihm die Geschichte der Eheleute Böswald , die sie vergangenes Jahr in der Donauwörther Zeitung erzählt haben, sehr nahe gegangen. Ihr Anliegen, für mehr Verständnis für trauernde Eltern zu werben, ist auch ihm ein Herzensbedürfnis. "Ich kann nachfühlen, was der Tod eines Neugeborenen mit den Eltern macht", sagt Rößle.

    Anna-Maria Böswald und ihr Mann Bernd aus Tapfheim haben den Verein Sterneneltern Schwaben gegründet. Sie wollen Eltern, die während der Schwangerschaft oder direkt nach der Geburt ihr Kind verlieren, in der akuten Situation helfen. Landrat Stefan Rößle (links) unterstützt den Verein.
    Anna-Maria Böswald und ihr Mann Bernd aus Tapfheim haben den Verein Sterneneltern Schwaben gegründet. Sie wollen Eltern, die während der Schwangerschaft oder direkt nach der Geburt ihr Kind verlieren, in der akuten Situation helfen. Landrat Stefan Rößle (links) unterstützt den Verein. Foto: Barbara Wild

    Deshalb hat er bei der Vereinsgründung unterstützt, aber vor allem ein anderes Großprojekt auf den Weg gebracht: einen Erinnerungswald. Das Grundstück, auf dem er entstehen soll, gehört dem Landkreis Donau-Ries. Auf der noch offenen Wiese zwischen Wemding und Rudelstetten nahe am Waldrand und nahe des kreiseigenen Lehrgartens können betroffene Eltern für ihr verstorbenes Kind einen Obstbaum pflanzen lassen. Bewusst habe man eine Fläche gewählt, so Rößle, die nicht irgendwo versteckt liegt, sondern die Menschen, die vorbeifahren, hinschauen lassen. Der

    Der erste Erinnerungswald dieser Art in Schwaben

    Es ist der erste Erinnerungswald dieser Art in Schwaben und steht Eltern aus dem ganzen Bezirk offen. Ihnen soll einen Ort geschenkt werden, an dem ihre Trauer Platz hat und an dem sie zugleich Mut schöpfen können. Bis vor wenigen Jahren wurden die verstorbenen Neugeborenen schlicht im Krankenhaus entsorgt. Oft hatten die Eltern nicht einmal erfahren, ob es ein Bub oder ein Mädchen war. Ein persönlicher Abschied war nicht vorgesehen. In den vergangenen Jahren hat man da mehr Sensibilität entwickelt, doch die Eltern und auch Mitarbeiter im Krankenhaus seien mit der Situation oft überfordert, so Böswald. Sie wolle den Eltern helfen, einen Weg für ihre Trauer zu finden.

    "Es ist uns verwehrt, unsere Kinder wachsen zu sehen. Aber wir können trotzdem etwas Bleibendes schaffen", erklärt Anna-Maria Böswald das Konzept. Der Baum sei eine Verbindung zwischen Erde und Himmel - eine Verbindung zum Kind, das nicht bei seinen Eltern sein kann. Bereits 14 Anmeldungen seien bei ihr eingetroffen. Insgesamt sind 143 Bäume auf dem rund zwei Hektar großen Areal möglich. Noch diesen Herbst werden die ersten Apfel- und Birnbäume gesetzt. Um in den HImmel zu wachsen, zu blühen und den Eltern ein STück Heilung zu geben.

    • Wer Interesse oder Bedarf an einer Beratung oder einem Sternchenbaum im Erinnerungswald hat, kann sich unter sterneneltern-schwaben informieren und mit dem Verein Kontakt aufnehmen.

    Lesen Sie auch:

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden