Das neue Gesetz zum Klimaschutz lässt aufhorchen – ehrgeizige Ziele und verschärfte Bestimmungen sind darin vorgesehen. Beschlossen wurde es von CDU/CSU und der SPD – Kritiker sagen, die Koalition seien damit in den Überbietungswettbewerb mit den Grünen eingetreten, zulasten der Wirtschaft und des Geldbeutels der Bürger. Wir befragten hierzu den Bundesabgeordneten aus dem Landkreis Donau-Ries, Ulrich Lange (CSU).
Wie bewerten Sie die neuen, verschärften Ziele persönlich?
Ulrich Lange: Der Schutz des Klimas ist eine der zentralen globalen Herausforderungen. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts und mit Blick auf das neue europäische Klimaziel 2030 hat die Bundesregierung nun ein Klimaschutzgesetz 2021 vorgelegt. Mit der Änderung des Klimaschutzgesetzes sollen die Klimaschutzvorgaben noch mal deutlich verschärft werden mit dem Ziel, die Treibhausgasneutralität bis 2045 zu erreichen. Begleitend zum Gesetzentwurf soll zusätzlich ein Sofortprogramm mit einem Förderumfang in Höhe von bis zu acht Milliarden Euro aufgelegt werden. Mit dem neuen Klimaschutzgesetz schaffen wir mehr Generationengerechtigkeit, mehr Planungssicherheit und berücksichtigen dabei auch, dass unsere Wirtschaft nicht abgehängt, sondern umgebaut und modernisiert wird. Deswegen begrüße ich die Anpassung der Klimaziele. Klar ist aber auch, dass die Bekämpfung der Folgen des derzeitigen Klimawandels eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist. Jeder muss seinen Beitrag dazu leisten. Wir als Bund setzen die Rahmenbedingungen.
CO2-Bepreisung als wichtiges Instrument
Besitzer von Einfamilienhäusern müssen schon heuer tiefer für Öl oder Gas in die Tasche greifen, etwa 120 Euro zusätzlich im Jahr – dieser Betrag wird weiter ansteigen, auf etwa 265 Euro im Jahr 2025. Wie ist das den Menschen zu vermitteln?
Lange: Für einen wirksamen Klimaschutz ist die bereits zum Jahresanfang eingeführte CO2-Bepreisung ein wichtiges Instrument. Mit den CO2-Preisen setzen wir Anreize, damit die Menschen in klimafreundliche Technologien investieren. Gleichzeitig achten wir darauf, dass insbesondere Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen nicht überlastet werden. Ziel ist es, dass durch die CO2-Bepreisung eine Lenkungswirkung für mehr Klimaschutz entsteht. Der CO2-Preis wird daher nur schrittweise erhöht. Dadurch stellen wir sicher, dass die Belastung von Beginn an nicht zu hoch ist und die Menschen die Möglichkeit zum Umstieg auf klimafreundliche Alternativen haben. Im vergangenen Jahr haben wir zudem bereits die Fördersätze der bestehenden Bundesförderprogramme, die über die KfW und das Bafa abgewickelt werden, für Effizienzverbesserung und Heizungserneuerung durchschnittlich um zehn Prozent erhöht. Im Rahmen des Bundesförderprogramms „Heizen mit Erneuerbaren Energien“ wird beispielsweise der Einbau von Solarkollektoranlagen mit bis zu 30 Prozent der Kosten gefördert, und die Umstellung der Heizungsanlagen auf eine effiziente Wärmepumpenanlage wird mit 35 Prozent der Kosten gefördert. Wird eine Ölheizung durch eine förderfähige Hybridheizung, Biomasseanlage oder Wärmepumpenanlage ersetzt, erhöht sich der gewährte Fördersatz sogar noch um zehn Prozentpunkte. Für Wärmepumpenanlagen ergibt sich dann ein Fördersatz von insgesamt 45 Prozent. Seit 2020 wurden zusätzlich einfach zugängliche steuerliche Förderungen energetischer Einzelmaßnahmen im selbst genutzten Wohneigentum mit einem einheitlichen Fördersatz von 20 Prozent geschaffen. Dadurch haben wir bereits jetzt Anreize geschaffen, um klimafreundliche Alternativen finanziell attraktiver zu machen.
Mehrkosten sollen ausgeglichen werden mit niedrigeren Stromkosten. Daran gibt es zwei Kritikpunkte: Zum einen sind die Stromkosten in der Regel bereits jetzt niedriger als die Heizkosten, zum anderen steigt Deutschland nicht nur bald aus der Atomkraft aus, sondern auch aus der Energiegewinnung aus Kohle und Gas. Woher also der (kostengünstigere) Strom?
Lange: Die Strompreise sollen abgesenkt werden, um die Mehrbelastung durch die Einführung der CO2-Preise abzufedern. Ein erster Schritt war daher, dass die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung von Beginn an anteilig zur Gegenfinanzierung der EEG-Umlage, die Teil des Strompreises ist, verwendet werden. Um wie viel der Strompreis genau abgesenkt wird, hängt also davon ab, wie hoch die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung künftig ausfallen werden. Zudem werden für 2021 und 2022 bis zu 11 Milliarden Euro aus dem Konjunkturpaket zur Stabilisierung der EEG-Umlage bereitgestellt. Die Bürgerinnen und Bürger werden insofern zunehmend von günstigeren Strompreisen profitieren. Zudem haben wir bereits heute die gewerbesteuerlichen Hürden bei der Lieferung von Strom aus erneuerbaren Energien an Mieter abgebaut.
Öl- und Gasheizungen bleiben erlaubt
Was soll mit bestehenden Öl- und Gasheizungen nach 2023 geschehen? Darf der Bestand erneuert werden (auf Gas und Öl mit neuen Anlagen im Falle eines Defekts)?
Lange: Im Klimaschutzprogramm 2030 ist verankert, dass ab 2026 in Gebäuden, in denen eine klimafreundlichere Wärmeerzeugung möglich ist, der Einbau von Ölheizungen nicht mehr erlaubt ist. Grundsätzlich gilt aber für bereits installierte Anlagen, dass sie Bestandsschutz genießen. In Kombination mit erneuerbaren Energien sind Öl-Hybridheizungen aber auch nach 2026 noch erlaubt. Auch Gasheizungen bleiben weiterhin erlaubt. Allerdings gibt es keine Fördergelder mehr für reine Öl- und Gasheizungen. Dafür schaffen wir Anreize, um auf klimafreundliche Alternativen umzusteigen. Insbesondere mit dem bereits genannten Bundesförderprogramm „Heizen mit Erneuerbaren Energien“ haben wir bereits jetzt zahlreiche Möglichkeiten geschaffen, um erneuerbare Energien zu nutzen. Allein in unserem Landkreis Donau-Ries wurden im Jahr 2020 im Rahmen der Energieeffizienz und erneuerbaren Energien 1780 Zuschüsse von Privatpersonen mit einem Gesamtvolumen von 76,7 Millionen Euro über die KfW bewilligt. Bei den Unternehmen waren es 44 Zuschüsse mit einem Gesamtvolumen von 33 Millionen Euro.
Der Kreis Donau-Ries beheimatet viele Industriebetriebe. Wie argumentieren Sie bei diesen Betrieben für die verschärften Ziele mitsamt den höheren Kosten für die Betriebe in den kommenden Jahren?
Lange: Die CO2-Bepreisung ist Teil einer notwendigen Transformation der Wirtschaft. Wir werden daher beim Umstieg auf klimafreundliche Technologien unterstützen und der Wirtschaft die nötigen Mittel bereitstellen, damit die Transformation gelingt. Unser vorrangiges Ziel muss es sein, dass die bereitgestellten Mittel auch kurzfristig investiert werden. Die Bundesregierung wird darüber hinaus im weiteren Haushaltsaufstellungsverfahren für 2022 und den Folgejahren bis zu acht Milliarden Euro zur Finanzierung weiterer Maßnahmen unter Einbeziehung der aus den Vorjahren erwirtschafteten Rücklagen des Energie- und Klimafonds zur Verfügung stellen. Zudem wollen wir steuerbelastende Maßnahmen im Stromsektor zurückfahren und steuerrechtliche Hürden für klimaschonendes Verhalten abbauen. Bei Unternehmen, die mit ihren Produkten in besonderen Maße im internationalen Wettbewerb stehen, könnte die Gefahr bestehen, dass die zusätzlichen Kosten nicht über Produktpreise abgefangen werden können, wenn ausländische Wettbewerber keiner vergleichbar hohen CO2-Bepreisung unterliegen. In diesen Fällen könnte es dazu kommen, dass die Produktion möglicherweise ins Ausland abwandert. Hier gilt es für uns als Union, Unternehmen, die von der CO2-Bepreisung betroffen sind, zu schützen. Denn Deutschland muss weiterhin ein attraktiver Wirtschaftsstandort für alle Bereiche bleiben. Deshalb haben wir bereits im September 2020 Eckpunkte zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen beschlossen, die jetzt in der sogenannten Carbon-Leakage-Verordnung niedergeschrieben werden sollen. Im Rahmen dieser Verordnung sollen Unternehmen einen finanziellen Ausgleich erhalten, wenn sie durch die CO2-Bepreisung im internationalen Vergleich benachteiligt werden. Als Gegenleistung werden diese Unternehmen verpflichtet, ihre Energieeffizienz zu verbessern und ihre CO2-Emissionen zu verringern, indem sie ein klimafreundliches Energiemanagementsystem und Maßnahmen umsetzen.
Kein Exklusivrecht beim Thema Klimaschutz
Kritiker meinen, die Union wolle die Grünen nun durch eine verschärfte ökologische Gesetzgebung hinsichtlich der Wahlen einholen oder aufschließen. Haben Sie nicht die Befürchtung, dass die Wähler dann aber eher das „Original“ wählen und die eigene Klientel hingegen abgeschreckt wird?
Lange: Der nachhaltige Schutz unserer Umwelt, der Arten und des Klimas gehören zum Gencode der CSU. Das weltweit erste Umweltministerium wurde in Bayern geschaffen, und es war die Union, die die CO2-Bepreisung ins Klimaschutzgesetz eingebracht und so die Marktwirtschaft um eine ökologische Dimension erweitert hat. Es gibt kein Exklusivrecht beim Thema Klimaschutz, sondern vielmehr unterschiedliche Konzepte. Andere Parteien versuchen vermeintliche Gegensätze zwischen Klimaschutz und Wirtschaft zu formulieren. Wir wollen gerade Ökologie und Ökonomie zusammenbringen. Die Wählerinnen und Wähler werden am Ende die Parteien wählen, die für Klimaschutz begeistern und Anreize schaffen, und das ist die Union; und nicht die Parteien, die beim Klimaschutz Ängste schüren und verbieten. Die Eigenheimdebatte oder die jüngste Diskussion um die Kurzstreckenflüge, insbesondere Urlaubsflüge innerhalb der EU, sind nur zwei Beispiele, wie solch eine Verbotspolitik aussehen könnte. Wir als Union wollen mit Innovationen und wettbewerbsfähigen Modellen Menschen begeistern, belohnen und anreizen. Denn: Überzeugung ist besser als Zwang.
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