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Donau-Ries: Hausärztin aus Donauwörth zum Impfen: "Wir sind am Limit"

Donau-Ries

Hausärztin aus Donauwörth zum Impfen: "Wir sind am Limit"

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    „Die Impfung bringt die Praxen ans Limit“, sagt Dr. Birgitt Mertin, Hausärztin in Donauwörth. Während im Impfzentrum deutlich weniger des begehrten Vakzins ankommt, können sich die Hausärzte vor Terminwünschen kaum retten.
    „Die Impfung bringt die Praxen ans Limit“, sagt Dr. Birgitt Mertin, Hausärztin in Donauwörth. Während im Impfzentrum deutlich weniger des begehrten Vakzins ankommt, können sich die Hausärzte vor Terminwünschen kaum retten. Foto: Sziliva Iszo

    Eigentlich klang es nach einer guten Nachricht, als Bundesgesundheitsminister Jens Spahn am Anfang dieser Woche sagte: „Wir sind übereingekommen, am 7. Juni, in drei Wochen, die Priorisierung aufzuheben.“ Das gelte für Arztpraxen, Betriebsärzte und Impfzentren gleichermaßen. Bei den Hausärzten in Bayern gilt schon jetzt keine Priorisierung mehr. Doch es gibt im Freistaat und im Landkreis ein Problem: Es ist viel zu wenig Impfstoff da.

    Chaos beim Impfen im Landkreis Donau-Ries: "Es ist befremdlich", sagt Landrat Rößle.

    Die derzeit gelieferten Vakzine für die Impfzentren reichen nur für die anstehenden Zweitimpfungen aus. Eine kleine Ausnahme gibt es laut Landratsamt: den Impfstoff von Moderna. Doch das ist nur ein kleiner Teil, insgesamt zehn Prozent der Impfungen im Kreis gab es bisher mit diesem Impfstoff. In einer Pressemitteilung zeigen sich Landrat Stefan Rößle und Arthur Lettenbauer, Geschäftsführer des BRK Nordschwaben, über die Situation gleichermaßen enttäuscht: „Dass nun sehr viele Zweitimpfungen durchgeführt werden, ist die logische Folge der vermehrten Impfungen im April und absolut positiv zu werten. So kommen viele Bürger in den Genuss des vollständigen Impfschutzes. Die insgesamt rückläufige Impfstofflieferung aber ist mehr als enttäuschend. Ankündigungen, die Priorisierung aufgrund des vielen Impfstoffes aufzuheben, wirken im Moment aber äußerst befremdlich auf uns“, heißt es in der Mitteilung.

    Im Gespräch mit unserer Redaktion schildert Lettenbauer, wie eine Aufhebung der Priorisierung in den Impfzentren ablaufen könnte, doch Vorgaben gebe es noch nicht. „Wir werden genauso weiterverfahren wie bisher“, schildert Lettenbauer. Man werde nach dem BayIMCO-System Einladungen zuerst an die Prio-Gruppen eins, zwei und drei verschicken. Doch nun müsse man nicht, wenn ein Bürger ein Schreiben vom Hausarzt vorlegt, den Arzt anrufen, weil gewisse Paragrafen im Schreiben nicht angeben seien. Solcher Verwaltungsaufwand könne dann wegfallen und so schneller geimpft werden – wenn der Impfstoff vorhanden wäre. Doch das ist eben nicht der Fall. In Nördlingen könnten derzeit keine Erstimpfungen durchgeführt werden, nur wenige in Donauwörth mit Moderna. Man dürfe dieses Vakzin selbst nicht transportieren und arbeite daran, dass in Nördlingen dieser Impfstoff bald direkt ankomme, so Lettenbauer. Doch auch in den kommenden Wochen werde es kaum erste Impfungen geben. Bürger würden sich per Mail oder Telefon ans Impfzentrum wenden, doch man könne ihnen keinen Termin anbieten. Lettenbauer bittet, von solchen Anfragen abzusehen.

    Hausärzte haben die Nase voll - manche hören auf, zu impfen

    Bei den Hausärzten ist die Lage wohl sehr unterschiedlich. Dr. Michaela Scheible aus Alerheim berichtet, dass sie angekündigte Impfstofflieferungen nicht erhalten habe. Dabei betreue sie einen Krebs-Patienten, der kurz vor einer Chemotherapie stehe und die Impfung dringend bräuchte. Nun habe sie ihn wieder vertrösten müssen.

    Anders ist die Lage bei den Atriumdocs in Donauwörth. „Wir impfen jede Woche zwischen 100 und 150 Patienten. Derzeit haben wir viel AstraZeneca und Johnson&Johnson zur Verfügung“, sagt Dr. Birgitt Mertin. Für Termine mit diesem Impfstoff bietet die Praxis sogar eine eigene Terminbuchung per Internet an. „Erstimpfungen mit Biontech sind das Nadelöhr“, sagt Mertin.

    Dennoch: ihre Praxis sei schlicht „am Limit“. Denn die Warteliste sei lang, die Terminvergabe und die Koordination der Zweitimpfungen seien extrem aufwendig. Auch die Aufbereitung der Impfdosen koste das Team viel Zeit. Jetzt komme hinzu, dass die Ansprüche der Patienten immer mehr steigen. Jeder setze Ellenbogen ein, um möglichst zügig zur vollständigen Impfung zu kommen. „Die Ankündigungen der Politik zur Verkürzung der Zweitimpfung oder dem Wegfall der Priorisierung erhöhen den Druck auf uns nur immer weiter“, sagt Dr. Mertin. 16 Stunden-Tage seien die Regel. „Und dann wollen die Patienten ihre Termine verschieben, weil es gerade zum Friseurtermin oder zum gebuchten Urlaub passt – da habe ich kein Verständnis mehr“, so die Hausärztin. Es ärgert sie, dass auch Impfwillige über 60 Jahre darauf pochen, dass sie Biontech-Impfstoff erhalten. „Ich finde das ist unsolidarisch gegenüber den Jüngeren, die zum Schutz der Älteren im Lockdown leben.“ Sie schätzt, dass allein in ihrer Praxis, die sie mit ihrem Mann führt, bisher an die 3000 Bürger geimpft wurden.

    Für eine Ärztin in Wallerstein war das Maß bereits vor zwei Wochen voll, „übervoll“, wie Dr. Bettina Kehrle gegenüber dieser Redaktion sagt. Zu diesem Zeitpunkt hat sie beschlossen, keine Corona-Impfungen mehr durchzuführen, von den Zweitimpfungen abgesehen. „Ich will unterstützen, aber wir werden beschimpft, beleidigt, anonym bedroht. Schimpfwörter wie ’blöde Kuh’ waren noch nett. Es gibt keinen Respekt, auch nicht mir gegenüber als Ärztin“, schildert Kehrle und meint: „Wir sind nur noch der Buhmann.“ Sie sei gerne bereit, wieder zu impfen, doch dafür brauche es Respekt ihrer Arbeit gegenüber. Sie erwarte keinen roten Teppich, als Ärztin wolle sie helfen. Aber: „Das geht so nicht weiter, wenn ich Angst um mich und meine Belegschaft haben muss.“

    "Wir kommen nicht mehr hinterher", sagt eine Hausärztin aus Donauwörth

    In der Gemeinschaftspraxis in Donauwörth, in der auch Dr. Stefanie Musaeus praktiziert, hat man extra eine neue Telefonschaltung für Impftermine eingerichtet. „Da ist permanent Betrieb. Wir kommen schlicht nicht hinterher“, schildert die Hausärztin. Die Warteliste der Impfwilligen sei mehrere Seiten lang. „Die Impfpriorisierung jetzt schon bei uns aufzuheben – das war nicht gut“, macht sie ihre Meinung klar. „Das Einzige wofür es sorgt ist mehr Ärger.“ Dass jetzt auch noch weniger Impfstoff zur Verfügung steht, mache das Chaos komplett. Konstanz wäre in den Vorgaben wichtig. Und die Aussichten sind nicht besonders rosig, wenn man Arthur Lettenbauer vom BRK zuhört. „Die nächsten Wochen könnten hart werden“, sagt der Kreis-Geschäftsführer. Nach seinen Informationen könne es bis Mitte Juni dauern, bis wieder mit höheren Impfstoffmengen für Erstimpfungen im großen Stil zu rechnen sei.

    Im Landkreis Donau-Ries wurden bisher (Stand 16. Mai) insgesamt 57.547 Impfungen verabreicht. Von diesen entfallen 42.635 auf die Impfzentren und 14.912 auf Arztpraxen. Eine Erstimpfung haben bislang 46.327 Bürger erhalten, dies entspricht 34,62 Prozent der Landkreisbevölkerung. 11.227 Personen haben die Zweitimpfungen erhalten, eine Quote im Kreis von 8,39 Prozent. Weitere 22.009 Personen sind im Landkreis über die Bayerische Impfsoftware BayIMCO registriert.

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