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Donau-Ries: Donau-Ries: Wie ein Mann seine Versicherung um 350.000 Euro betrog

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Donau-Ries: Wie ein Mann seine Versicherung um 350.000 Euro betrog

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    Ein Mann aus dem Landkreis Donau-Ries prellte 
 seine Versicherungen um Zigtausende Euro.
    Ein Mann aus dem Landkreis Donau-Ries prellte seine Versicherungen um Zigtausende Euro. Foto: Alexander Kaya (Symbolbild)

    Wie kann es sein, dass sich ein Mann eine ganze Reihe von Autos anschafft, den Kfz-Versicherungen einen Schadensfall nach dem anderen meldet, auf diese Weise in zehn Jahren rund 350.000 Euro kassiert – und niemand Einhalt gebietet? Diese Frage stellen sich viele Menschen in der Region, nachdem das Amtsgericht Nördlingen einen 72-Jährigen aus dem Donau-Ries-Kreis wegen Betrugs verurteilt hat. Bei dem Prozess kamen – wie berichtet – haarsträubende Details zur Sprache. So waren mehrere der Wagen in angeblich drei bis vier Unfälle verwickelt. Insgesamt fünf Pkw erlitten Totalschaden durch Brände.

    Hat der 72-Jährige aus dem Kreis Donau-Ries seine Autos selbst angezündet?

    Dass hier etwas nicht stimmen kann, bemerkte offenbar keine der Versicherungen. Zumindest leitete niemand juristische Schritte ein. Erst die Polizei startete Ermittlungen. Nachdem ein Sportcoupe des 72-Jährigen gebrannt hatte, verhielt er sich verdächtig. Die Kripo schaute sich die Sache genauer an, überprüfte die Historie der Fahrzeuge und stieß auf über 30 Schadensfälle in nur zehn Jahren.

    Dass der Mann die fünf Autos selbst angezündet hatte, ließ sich nicht nachweisen. Allerdings gestand er 17 mutwillige Beschädigungen, die ihm über die Voll- und Teilkasko etwa 190.000 Euro einbrachten. Viele der insgesamt 30 Taten waren strafrechtlich bereits verjährt, andere stellte die Staatsanwaltschaft ein. Die Schadensserie dürfte nach den Ermittlungen der Polizei insgesamt noch weiter zurückreichen, allerdings liefen die Nachforschungen hier ins Leere: Die Versicherungen bewahren die Unterlagen nur zehn Jahre auf.

    Die Versicherungsgesellschaften wurden reihenweise übers Ohr gehauen

    Dass die Gesellschaften gleich reihenweise übers Ohr gehauen werden, das sei eigentlich nicht so leicht zu bewerkstelligen, erklärt ein Versicherungsfachmann aus dem Donau-Ries-Kreis auf Anfrage unserer Redaktion. So schicke bei jedem Voll- oder Teilkasko-Schaden die jeweilige Gesellschaft einen Gutachter. Der sei seit einigen Jahren verstärkt angehalten, die Plausibilität zu prüfen. Soll heißen: Er hat zu beurteilen, ob die Erklärung des Kfz-Halters, wie der Schaden entstanden ist, mit dem Schadensbild am Wagen in Einklang zu bringen ist. Dazu müsse man wissen, dass die Sachverständigen technisch gut ausgerüstet seien und damit so manchen fingierten Unfall erkennen könnten.

    Hat der Gutachter Zweifel, könne der Fahrzeugbesitzer rasch Ärger bekommen. Dass dies bei dem 72-Jährigen nicht geschah, kommentiert der Versicherungsexperte so: „Er muss unheimlich raffiniert und fit gewesen sein.“

    Haben gewisse Berufsgruppen einen Vertrauensbonus bei Versicherungen?

    Wie berichtet, hatte der Angeklagte in einer ganzen Reihe von Fällen angegeben, auf der Straße liegende Gegenstände überrollt zu haben und auf Gebirgsstraßen gegen Felswände geprallt zu sein. Allerdings ergaben die Ermittlungen der Kripo, dass hin und wieder trotz angeblicher Hindernisse auf der Fahrbahn weder der Stoßfänger noch der Unterboden demoliert war.

    Eine Verschleierungstaktik praktizierte der Betrüger wohl auch, indem er regelmäßig die Versicherung wechselte. Dabei sei nicht auszuschließen, dass sich der 72-Jährige mit seinem (ehemaligen) Beruf als Lehrer, also als Staatsbediensteter, eine Art Vertrauensbonus genoss. Schließlich wollen die Gesellschaften immer auch wissen, welchen Job der Kunde hat. Der Versicherungsfachmann hält es für durchaus möglich, dass beispielsweise bei einem Oberstudienrat „nicht so schnell Verdacht geschöpft wird“.

    Kasse machte der 72-Jährige anscheinend gezielt auch mit der Art der Schäden. Häufig seien diese „oberflächlich“ gewesen, erklärte ein Kripo-Beamter vor Gericht. Sprich: Nur der Lack sei in Mitleidenschaft gezogen worden. Eine Neulackierung sei relativ kostspielig. Der Mann ließ sich den Betrag auszahlen, reparierte aber nur provisorisch. Ersatzteile seien nach den Karambolagen selten nötig gewesen, aber von der Versicherung bezahlt worden.

    In einem Fall war es wohl wirklich zu einem Unfall gekommen

    In einem der von dem 72-Jährigen gemeldeten Schadensfälle sei es tatsächlich zu einem Zusammenstoß mit einem anderen Auto gekommen. Aber auch hier stießen die Ermittler auf Verdächtiges. Der abgerechnete Schaden sei deutlich größer gewesen als vom Unfallgegner geschildert. Die Vermutung der Kripo: Der Pkw-Besitzer demolierte das Auto nachträglich noch mehr.

    In der Gesamtschau sei es eindeutig gewesen, dass die ganzen Karambolagen „kein Zufall waren“, so das Fazit des Sachbearbeiters in der Verhandlung. Die Staatsanwältin erkannte in dem Vorgehen des Angeklagten ein „Geschäftsmodell“.

    Strafrechtlich belangt wurde der Pensionär freilich nur für vier Betrugsfälle mit einem Schaden von knapp 27.000 Euro. Diese Summe hat der Mann beglichen. Es war nicht die erste Verurteilung. Er war zuvor dreimal wegen Diebstahls belangt worden – in einem Fall zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten zur Bewährung – und einmal wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis. Die Geldstrafe dafür: 9000 Euro.

    Noch viel teuerer könnten dem 72-Jährigen auch die Versicherungsbetrügereien kommen. Zivilrechtlich verjähren diese nicht so schnell. Bei einer „ungerechtfertigten Bereicherung“ liegt die Frist bei 30 Jahren. Gut möglich, dass die Gesellschaften hier aktiv werden.

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