Eltern aus dem Landkreis sind aufgebracht. Ihre Schulkinder müssen angesichts der drastisch steigenden Infektionszahlen im Landkreis während des gesamten Aufenthaltes in der Schule einen Mund-Nasen-Schutz tragen. Zudem gilt im Klassenraum auch ein Mindestabstand von 1,5 Metern. Schulen, die dafür nicht ausreichend Platz haben, gehen wieder dazu über, dass die Kinder abwechselnd zu Hause digital im Distanzunterricht oder im Schulgebäude unterrichtet werden.
„Warum geht man bei den Jüngsten am härtesten vor“, fragt eine Mutter aus dem Lechgebiet. Maske und Abstand, beides auf einmal gelte sonst nirgendwo. Sie könne nicht nachvollziehen, warum das Landratsamt sich für die Maskenpflicht in Grundschulen entschieden habe. Es sei unverhältnismäßig, wo doch von den Schulen kaum Infektionsgeschehen ausgehe.
Unterschiedliche Maßnahmen in den Landkreises befeuert die Diskussion
Gerade erst am Donnerstagabend hatte der ebenfalls auf der Corona-Ampel rote Nachbarlandkreis Neuburg-Schrobenhausen genau diese Regel gekippt und war damit anderen Landkreisen und Städten gefolgt. Der Entscheidungsspielraum der einzelnen Landkreise ist in einer Änderung des siebten bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung geregelt: „Die zuständige Kreisverwaltungsbehörde kann durch Allgemeinverfügung, Ausnahmen von Regelungen anordnen, wenn die Neuinfektionen auf ein klar eingrenzbares Ausbruchgeschehen zurückzuführen sind.“ Seit Freitag ist es zudem notwendig geworden, dass solche Ausnahmen zuvor bei der Regierung genehmigt werden müssen.
Die Ausnahmen haben in sozialen Netzwerken und in diversen Eltern-WhatsApp-Gruppen das heiß diskutierte Thema weiter befeuert. In Rain wollen am Wochenende Eltern eine Unterschriftenliste herumgehen lassen. Am Freitagnachmittag verschickten Eltern aus dem Ries einen offenen Brief an Landrat Stefan Rößle, der unserer Redaktion vorliegt. Sie schreiben: „Wir können als Eltern nicht die Rollen der Lehrer, Pädagogen, Schulkameraden und Freunde übernehmen. Wir sind Mutter und Vater, nicht weniger, aber eben auch nicht mehr.“ Auch kritisieren sie, dass der Sportbetrieb weiter bestehe, fragen, warum der Sport für das Wohlbefinden wichtiger sei als ein funktionierender Schulalltag. „Wir Eltern können das nicht mehr leisten. Wir sind längst an unseren Grenzen angekommen“, heißt es.
Eltern schreiben einen offenen Brief an Landrat Stefan Rößle
Zahlreiche Eltern haben sich direkt bei Landrat Stefan Rößle beschwert und fordern mehr Transparenz der Entscheidungen der Kreisbehörden. Rößle begründet das Vorgehen, das zusammen mit dem Schulamt und dem Gesundheitsamt gefallen sei, mit Infektionen, die bereits an Grundschulen aufgetreten seien. „Wir wollen unsere Grundschüler keinesfalls einem höheren Risiko aussetzen, als unbedingt nötig.“ Er bittet, die Maßnahmen hinzunehmen, bis die Infektionszahlen sich verbessern.
Der Donauwörther Kinderarzt Dr. Wolfgang Beck sieht aus medizinerscher Sicht keine Gründe, die gegen eine Maske bei Kindern sprechen. „Es gibt keine langfristigen Folgen und keine verminderte Sauerstoffzufuhr“, sagt er. In seiner Praxis werden daher keine Befreiungen von der Maskenpflicht ausgeschrieben. „Die Kinder werden durch die Maske wirksam geschützt und haben meiner Erfahrung nach auch keine Probleme damit. Im Gegenteil. Sie wollen unbedingt in die Schule und nehmen dafür die Maske gerne in Kauf.“
Anwalt aus Donauwörth klagt gegen Distanzunterricht
Während es den einen um die Maskenpflicht geht, stören sich andere an Distanzunterricht, der an vielen Schulen zusätzlich zu Maske und Abstand wurde. Für viele Familien sei dies sehr unvermittelt und ohne Chance, das eigene Familienleben darauf vorzubereiten, gekommen. In der ersten Welle hätten viele ihre Urlaubstage bereits aufgebraucht, jetzt stelle sich wieder die Frage nach der Betreuung.
Zudem sorgen sich viele Eltern, die sich an die Redaktion gewandt haben, um die Bildungschancen ihrer Kinder, die bereits im vergangenen Schuljahr erlebt haben, dass dauerhafte Beschulung im Kinderzimmer nur sehr mäßig funktioniert.
Ulrich Roßkopf aus Donauwörth, selbst Familienvater und Rechtsanwalt, ist nach am Freitag juristisch gegen die Allgemeinverfügung des Landkreises in Bezug auf Distanzunterricht vorgegangen. Er betont, dass er kein Corona-Leugner sei. Abstand und Maske seien für ihn nicht das Problem. Doch die Entscheidung für den Distanzunterricht den Schulleitern zu übertragen, die dann vorsorglich diesen Weg gehen, hält er für rechtlich bedenklich. Sowohl das Infektionsschutzgesetz als auch die Bayerische Schulordnung enthielten klare Regelungen, unter welchen Voraussetzungen dem Infektionsgeschehen begegnet werden könne. „Diese Voraussetzungen werden nicht beachtet“, so der Jurist.
Auch beim Donauwörther Landtagsabgeordneten Wolfgang Fackler sind Eltern bereits vorstellig geworden. Doch er verteidigt die in Bayern gewählte Strategie, dass die Kreisbehörden je nach Situation vor Ort die Maßnahmen vorgeben. Nur dort wisse man, wie das Infektionsgeschehen aktuell ablaufe. „Das ist viel Verantwortung, und es ist eine enorme Herausforderung, die Hintergründe für die verschiedenen Entscheidungen klar zu kommunizieren“, sagt Fackler und meint damit nicht nur das Thema Schule, sondern auch die Maskenpflicht auf öffentlichen Plätzen.
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