Viele Menschen in der Region und weit darüber hinaus reagieren erbost und entrüstet auf die Nachricht, dass sich Lokalpolitiker aus dem Landkreis Donau-Ries vorzeitig gegen Corona haben impfen lassen. Einer aber kann es nicht fassen, was er am Dienstag in der Zeitung gelesen hat: Helmut K., Pfleger in einem gKU-Seniorenheim im Landkreis. Denn am 4. Januar – jenem Tag, an dem für Landrat Stefan Rößle eine Impfdosis übrig gewesen sein soll – hätte auch der Altenpfleger geimpft werden sollen – und wurde nach eigenen Angaben mangels Impfstoff wieder nach Hause geschickt.
Helmut K., der nicht mit seinem echten Namen in der Zeitung stehen will, habe an jenem ersten Montag im Januar zusammen mit seinen Kollegen des Seniorenheimes einen Impftermin im Donauwörther Krankenhaus gehabt. Er habe nicht gezögert, als sein Arbeitgeber nachgefragt hatte, ob er sich impfen lassen will, und seinen Namen auf die Liste geschrieben. Vor allem, weil er täglich in seinen Schichten sehe und erlebe, was Corona bedeute. „Bei uns im Heim ist die Lage seit Wochen sehr schwierig und viele Bewohner sind gestorben“, sagt die Pflegekraft.
Corona-Impfung im Donau-Ries: Verprellter Altenpfleger erkrankte an Corona
Er sei am Vormittag ins Krankenhaus nach Donauwörth gefahren, um den ersehnten Picks zu bekommen. „Als wir dann anstanden und die ersten von uns schon durch waren, haben sie mich und drei meiner Kollegen wieder nach Hause geschickt.“ Als Grund sei ihm Folgendes genannt worden: „Sie sagten, es sei kein Impfstoff mehr da.“
Die Enttäuschung sei damals groß gewesen. Doch das öffentliche Eingeständnis von Landrat Stefan Rößle und seiner Stellvertreterin Claudia Marb habe ihn mehr als geärgert. Dass Impfstoff übrig gewesen sein soll, könne er schlicht nicht glauben. Er frage sich bis heute, warum er nicht wieder kontaktiert worden sei. „Wütend bin ich nicht auf Landrat Rößle, ich bin wütend auf die Organisation im gKU. Die wussten doch, dass Mitarbeiter aus den Heimen auf die Impfung warten.“
Für Helmut K. hatte sich schon kurz darauf herausgestellt, dass er für eine Impfung erst einmal nicht mehr in Frage kommt. Am selben Tag seines Impftermins, musste er als Kontaktperson 1 eines infizierten Bewohners ins Testzentrum nach Möttingen, um einen Corona-Test zu machen. Das Ergebnis war eindeutig: positiv.
80 Impffläschen gingen am 4. Januar an die Donau-Ries Krankenhäuser: Wer die Impfung erhalten hat
Wie gKU-Vorstand Jürgen Busse auf Nachfrage erklärt, seien seines Wissens alle medizinischen Mitarbeiter der gKU-Häuser, die es wollten, am 4. Januar geimpft worden. Bei einigen habe man vermutet, sie könnten sich mit dem Coronavirus infiziert haben und habe sie deshalb aus der geplanten Impfung genommen.
Busse berichtet den Ablauf am 4. Januar folgendermaßen: Am 31. Januar und kurzfristig am 2. Januar habe der Landkreis Impfdosen erhalten. Am 3. Januar habe Dr. Alexander Wild, der die Impfaktion in Donauwörth geleitet habe, auf Station 9 des Krankenhauses alles vorbereitet. In Nördlingen habe diese Aufgabe Dr. Bernhard Kuch übernommen. Am Montagmorgen seien dann 80 der Biontech-Fläschchen angeliefert worden und zu gleichen Teilen auf die beiden Häuser verteilt worden.
Da in Donauwörth bereits die sehr dünnen Ein-Milliliter-Spritzen verwendet wurden, habe man teilweise aus den Impf-Fläschchen sechs Einzeldosen gewonnen. Am Ende habe man 227 Impfungen gesetzt. Die Spritzen gingen an 84 Pflegekräfte und 26 Ärzte, die eindeutig der Gruppe mit der höchsten Priorisierung 1 zuzuordnen sind.
Über 100 Mitarbeiter, die nicht zum medizinischen Personal gehören, wurden geimpft
Dann habe man laut Aufstellung, die Busse schriftlich übermitteln ließ, 55 weitere Mitarbeiter mit unmittelbarem Patientenkontakt und etwa 60 weitere Mitarbeiter geimpft – also 115 nicht medizinische Kräfte. Darunter auch die gKU-Vorstände Jürgen Busse und Roland Buchheit, Laborangestellte, die Pflegedirektorin und Betriebstechniker. Busse rechtfertigt das so: „Angesichts verschiedener Ausbrüche in den Krankenhäusern und Heimen gehe es darum, sämtliche Mitarbeiter der Häuser vor weiteren Infektionen zu schützen.“
Als dann noch zwei Impfdosen übrig waren, habe die Beratung zwischen Chefärzten, Vorständen und der Pflegedirektion ergeben, dass diese an den Landrat und seine Stellvertreterin gegeben werden könnten, so erklärt es Vorstand Jürgen Busse.
Jürgen Busse ist ebenfalls geimpft - und seine Vorstandskollegen auch
Patienten zu impfen, sei nicht möglich gewesen, da diese über das Impfzentrum registriert werden müssten. Sowohl Claudia Marb als auch Landrat Stefan Rößle seien entsprechend namentlich und in ihrer Funktion als geimpft gemeldet worden. Busse räumt ein, es sei im nachhinein „ein politischer Fehler“ gewesen, dem Landrat und seiner Stellvertreterin ein Impf-Angebot zu machen.
In Zukunft wird es keine weiteren gKU-internen Impfaktionen mehr geben. Die bisher nicht geimpften 1132 Mitarbeiter der Krankenhäuser und Seniorenheime werden in den Impfzentren ihre Spritze erhalten und können sich auf einer Nachrückerliste vermerken lassen, wenn sie kurzfristig für eine Impfung zur Verfügung stehen. Seit 1. Februar obliegt die Organisation dort dem BRK Nordschwaben. Die dort eingesetzten Ärzte stellt weiterhin das gKU.
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