Das Jahr 2020 hat kaum begonnen, da passiert ein unfassbarer Verkehrsunfall: Eine fünfköpfige Familie, die im Rainer Stadtteil Wallerdorf wohnt, befindet sich gegen Ende der Weihnachtsferien auf dem Rückweg von einem Urlaub in der alten Heimat Polen. Auf der B 2 nahe Wernsbach (Landkreis Roth) kommt dem Auto ein Kleinbus entgegen, den ein 19-Jähriger steuerte. Der gerät auf die Gegenfahrbahn, die beiden Fahrzeuge stoßen mit enormer Wucht frontal zusammen. Die 35-Jährige aus Wallerdorf, die als Beifahrerin im Pkw sitzt, ist sofort tot. In verschiedenen Kliniken sterben anschließend alle drei Kinder: ein Zwölfjähriger, eine Neunjährige und eine Vierjährige. Der Vater wird lebensgefährlich verletzt. Er überlebt. Ob er wieder ganz gesund wird, ist jedoch ungewiss. Der Verursacher und seine Begleiterin, 17, erleiden schwere Verletzungen.
Die Bestürzung und die Trauer sind besonders im Lechgebiet groß. Die Familie lebte einige Jahre in Rain. Dort besuchten die Kinder die Schule und den Kindergarten. In den folgenden Wochen und Monaten versuchen Polizei und Staatsanwaltschaft, die Ursache für die Katastrophe zu klären. Es gelingt nicht. Bei einem Prozess im Juli, bei dem sich der 19-Jährige – er stammt aus dem Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen – wegen fahrlässiger Tötung in vier Fällen verantworten muss, bleibt offen, warum der junge Mann mit dem VW-Transporter über die Straßenmitte geriet.
Er könne sich an nichts erinnern, sagt der Angeklagte. Der wird nach dem Jugendstrafrecht zu einer Geldauflage in Höhe von 4000 Euro verurteilt. Der 19-Jährige sagt unter Tränen: „Ich wollte das nicht, es beschäftigt mich jeden Tag. Wenn ich könnte, würde ich es ungeschehen machen.“
Neun Menschen lassen 2020 ist Leben auf der Straße im Landkreis Donau-Ries
Im Donau-Ries-Kreis selbst sterben im Jahr 2020 bis zum Dezember neun Menschen durch Verkehrsunfälle. Die Umstände sind – so schildert die Polizei – teilweise an Tragik und unglücklichen Umständen kaum zu überbieten.
Ein Beispiel: Ein 60-Jähriger überholt mit seinem Auto im Februar morgens auf der Kreisstraße zwischen Bayerdilling und Pessenburgheim einen Traktor mit Anhänger. Weil der Mann glaubt, dass die Beleuchtung des Anhängers defekt sei, hält er an, stoppt den Landwirt und spricht diesen an. In diesem Moment kommt eine 19-Jährige mit ihrem Pkw aus der Gegenrichtung. Die junge Frau übersieht den 60-Jährigen, der neben dem Schlepper steht, in der Dunkelheit. Der Wagen erfasst den Mann. Der stirbt noch an der Unfallstelle.
Ein anderes Beispiel: Ein 17-Jähriger will im April mit einem Traktor samt Anhänger die Staatsstraße zwischen Wemding und Fessenheim überqueren. Am Schlepper stirbt jedoch der Motor ab und das Gespann bleibt quer zur Straße stehen. Ein Motorradfahrer, 69, der auf der Staatsstraße naht, kann nicht mehr rechtzeitig abbremsen, prallt gegen den Anhänger und wird getötet.
Eine Motorradtour durch das Ries endet tödlich
Im März stirbt ein 43-Jähriger aus Treuchtlingen auf der B 2 nahe Kaisheim auf dem Weg zur Arbeit nach Asbach-Bäumenheim. Der Mann überholt mit seinem Auto einen Lkw und gerät ins Schleudern. Ein entgegenkommender Pkw-Fahrer prallt dem Wagen in die Seite.
Ende April verliert eine Autofahrerin nahe der Wennenmühle (Gemeinde Alerheim) die Kontrole über ihr Auto. Dieses prallt gegen einen Baum und überschlägt sich. Die 46-Jährige kommt ums Leben.
Im Juni endet eine Motorradtour durch das Ries für einen Harburger tödlich. Bei Hürnheim kreuzt eine 18-Jährige mit ihrem Auto die Kreisstraße – und übersieht die Maschine mit dem 58-Jährigen. Der wird bei dem Unfall tödlich verletzt.
Auf der Straße zwischen Nördlingen und Reimlingen stoßen im Juli ein Transporter und ein Auto zusammen. Eine Mitfahrerin, 57, im Pkw stirbt.
In Donauwörth stürzt eine 79-Jährige in der Michael-Imhof-Straße. Eine Woche später stirbt die Seniorin in einer Klinik.
Ende Juli kommt ein Motorradfahrer aus dem Raum Monheim auf der Donautalstraße zwischen Lechsend und Marxheim ums Leben. Er überholt mit hoher Geschwindigkeit einen Pkw, verliert die Kontrolle über die Maschine und prallt gegen einen entgegenkommenden Wagen. Für den 25-Jährigen kommt jede Hilfe zu spät.
Nur zwei Tage später gerät eine 25-Jährige, die sich mit ihrem Kleinbus morgens auf dem Weg zur Arbeit befindet, auf der B 16 nahe der Lechbrücke bei Rain aus ungeklärter Ursache plötzlich nach links – und kracht frontal gegen einen Laster, der entgegenkommt. Die Frau ist sofort tot. (
Triebwagenführer fährt mit Zug nach Unfall weiter
Diese Unfallflucht dürfte ziemlich einmalig sein: Am Bahnübergang bei Staudheim fährt im April eine 77-Jährige mit ihrem Auto unter der geschlossenen Schranke hindurch – und wird von einem Agilis-Triebwagen erfasst. Der Fahrer des Zugs hält kurz an, setzt dann aber einfach die Fahrt bis Donauwörth fort. Der 42-Jährige muss sich wegen Unfallflucht und unterlassener Hilfeleistung verantworten.
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