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Corona: Eine Grenze trennt das Liebespaar

Corona

Eine Grenze trennt das Liebespaar

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    Im Italienurlaub entstand dieses Foto von Marina Spielberger und Dominik Rub. Jetzt sind beide getrennt.
    Im Italienurlaub entstand dieses Foto von Marina Spielberger und Dominik Rub. Jetzt sind beide getrennt. Foto: Rub

    Zwischen der Schweizer Stadt Zug und dem Tapfheimer Ortsteil Oppertshofen liegen rund 340 Kilometer Fahrt mit dem Auto. Bei normaler Verkehrslage ist diese Strecke in knapp vier Stunden zu schaffen. Doch die Normalität ist momentan weitgehend außer Kraft gesetzt. In Corona-Zeiten scheint diese Distanz geradezu unüberwindlich. Denn in Tagen wie diesen dürfen höchstens Berufspendler und einige wenige mit Ausnahmegenehmigung die Staatsgrenze zwischen Deutschland und der Eidgenossenschaft überqueren. Ist Liebe eine solche Ausnahmesituation, die einen behördlich genehmigten Passierschein rechtfertigt?

    Das herauszufinden, ist gerade das größte Anliegen der Oppertshofenerin Marina Spielberger und des Schweizers Dominik Rub aus Zug. Mit großer Anstrengung versuchen sie, eine solche Legitimation zu erwirken. Die 25-Jährige und ihr ein Jahr jüngerer Freund sind seit bald zehn Wochen zwangsweise voneinander getrennt. „Diese Trennung ist für uns beide das Schlimmste, was uns passieren konnte“, sagt Marina. Weit schlimmer als ein „normaler“ Herzschmerz. Denn Marina ist krank und sehnt sich nach der Fürsorge und Hilfe ihres Partners. „Mir geht es körperlich wieder schlechter, seit er nicht kommen darf. Außerdem falle ich zurzeit immer tiefer in ein seelisches Loch.“

    Die Diagnose hat ihr den Boden unter den Füßen weggezogen

    Die junge Frau muss seit Anfang März mit einer Diagnose leben, die ihr erst einmal buchstäblich den Boden unter den Füßen weggezogen hat. „Am 4. März bin ich in der Arbeit einfach umgekippt“, erzählt sie. „Meine gesamte linke Körperseite war taub, sodass die Ärzte im Krankenhaus zunächst auf einen Schlaganfall getippt haben.“ Weitere Untersuchungen konnten den zwar ausschließen, haben allerdings eine chronische Entzündung ihres Nervensystems ergeben. In ihrer rechten Gehirnhälfte hat sich ein kleiner Entzündungsherd gefunden, dessen Ursache die Mediziner erst noch herausfinden müssen, wie Marina Spielberger erzählt.

    Zunächst wurde die Patientin mit hoch dosiertem Cortison behandelt, war aber dennoch zwei Wochen lang auf den Rollstuhl angewiesen. In dieser Zeit war ihr Freund eine große Stütze – körperlich im wörtlichen Sinne wie seelisch. „Dominik ist nach meinem Zusammenbruch sofort zu mir gekommen.“ Haben sich die beiden früher sonst wochenendweise mal in der Schweiz, mal in Deutschland getroffen, so nahm sich der 24-Jährige jetzt Urlaub, um für seine kranke Freundin da zu sein.

    Die Schließung - eine Hiobsbotschaft

    Dann aber kam der 15. März und mit ihm die Schließung der Grenzen – eine Hiobsbotschaft für das Paar. „Ich hab losgeheult wie ein Schlosshund“, erinnert sich Marina. „Wir haben zwar vermutet, dass es so weit kommt, waren dann aber trotzdem betroffen und sehr besorgt.“ Beim Abschied ging es der jungen Frau richtig schlecht. „Ich hab ja damit gerechnet, dass es länger dauert, bis wir uns wiedersehen.“

    Marina Spielberger lebt bei ihren Eltern, die sich viel um die Tochter kümmern, tagsüber aber beide berufstätig sind. Als Marina nach zehn Tagen Krankenhausaufenthalt wieder zu Hause war, musste sie sich mit Krücken und Rollator behelfen. Inzwischen geht es ihr etwas besser, „ich fühle mich aber immer noch ziemlich schwach“. Sie steht unter Schmerzmitteln und besucht regelmäßig verschiedene Ärzte, die herausfinden wollen, was genau mit Marina los ist. Kleine, liebevolle WhatsApp-Nachrichten von Dominik sind Lichtblicke im Alltag, die abendlichen Telefonate auch. Trotzdem fällt Marina immer wieder in ein seelisches Loch, wo sich dann alles um ihre Krankheit dreht, die ihr auch Angst macht. „Die Situation wird für mich psychisch immer schlimmer. Dominik würde am liebsten sofort kommen und mir beistehen, aber er darf ja nicht.“

    Dominik will an die Grenze fahren

    Jetzt setzt das Liebespaar alle Hoffnung auf einen Versuch. Auf Anraten eines Abgeordneten aus der Grenzstadt Konstanz hat Marina die Dokumente ihres Krankheitsbefunds sowie ihren Ausweis in Kopie an ihren Freund in die Schweiz geschickt. So ausgestattet mit aussagekräftigen Unterlagen will Dominik am heutigen Samstagvormittag von Zug aus Richtung Grenze fahren, dort den Grenzbeamten die ganz persönliche Lage des Paares schildern, um so möglicherweise eine Ausnahmegenehmigung zur Einreise nach Deutschland zu bekommen. „Der Abgeordnete hat uns ein wenig Hoffnung gemacht, dass sich dieser Versuch lohnen könnte,“ sagt Marina, die mit Bangen der Nachricht entgegenfiebert, die Dominik ihr dann irgendwann heute gegen Mittag von der Grenze aus schicken wird. Sollte es einmalig klappen, wäre es der nächste Schritt, an einer dauerhaften Sondergenehmigung zu arbeiten.

    Kennengelernt haben sich die beiden eingefleischten Autofans Marina und Dominik im Mai 2018 in einer WhatsApp-Gruppe. Da beide einen Audi RS4 fahren, sind sie schnell ins Gespräch gekommen. Binnen kürzester Zeit wurde aus den beiden gelernten Kfz-Mechadronikern ein Liebespaar, das feststellte, das es weit mehr Übereinstimmungen gibt, als ausschließlich diese technische Basis.

    Nichts würde Marina glücklicher machen, als wenn heute im Laufe des Tages irgendwann so etwas wie ein kleines Wunder passiert: Dass nämlich daheim in Oppertshofen ein silberfarbener Audi RS4 mit Schweizer Kennzeichen vorfährt ...

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