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Brutkolonie: Bäumenheim: Die Krähen lassen sich nicht verjagen

Brutkolonie

Bäumenheim: Die Krähen lassen sich nicht verjagen

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    Im März 2017 versuchte die Feuerwehr, die Vögel zu vergrämen.
    Im März 2017 versuchte die Feuerwehr, die Vögel zu vergrämen.

    Was der Biologe Hermann Stickroth nach wochenlangen Recherchen empfiehlt, wird den Anliegern am Schmutterwäldchen in Bäumenheim nicht gefallen: „Nur mit Geduld wird man die Saatkrähen aus ihrem derzeitigen siedlungsnahen Standort zurückdrängen können“, ist der Experte des Büros für Natur und Ökologie aus Augsburg überzeugt. Stickroth war von der Gemeinde

    Anwohnerin: "Manchmal ist es wie in einem Hitchcock-Film"

    Im Moment hört man nicht viel mehr als das Rauschen des Windes in den Baumkronen, aber schon bald, im zeitigen Frühjahr, ist der Geräuschpegel in der Wohnsiedlung am Schutterwald ein ganz anderer.

    „Manchmal geht es hier zu wie in einem Hitchcock-Film. Man klatscht in die Hände, und unzählige Vögel fliegen hoch“, berichtet die Bewohnerin einer Villa. Ihre Terrasse kann sie in der Brutzeit der Vögel nicht nutzen, denn sie ist von den Hinterlassenschaften der Tiere derart verschmutzt, dass dies unmöglich erscheint.

    Die Ausgangssituation ist die: Ende des 19. Jahrhunderts gab es in Bayern mehr als 10000 Saatkrähen-Brutpaare. In nur etwa 50 Jahren wurde der Bestand durch die Verfolgung der Tiere massiv dezimiert.

    1955 gab es 600 Brutpaare - aktuell sind es 14000 in Bayern

    1955 gab es nach Angaben des Bayerischen Landesamtes für Umwelt im Freistaat nur noch 600 Brutpaare. Aber der Bestand erhöhte sich: 2011 wurden wieder etwas mehr als 7000 Brutpaare gezählt. Mittlerweile gibt es knapp 14000 Brutpaare in Bayern, wie Hermann Stickroth im Gemeinderat ausführte. Die Kolonie in Bäumenheim sei mit rund 800 Brutpaaren die zweitgrößte in Schwaben und die viertgrößte in Bayern.

    Der Biologe versuchte den Gemeinderäten, wie zuvor auch schon bei einer Erkundung den wütenden Anliegern, zu verdeutlichen, „dass wir es mit einer seltenen, geschützten Vogelart zu tun haben, die nicht bejagt werden darf“.

    Die Tiere seien laut dem Fachmann nicht nur schlau, sondern „Genies“. Stickroths Erkenntnis: „Eine Vergrämung ist wirkungslos und verschlimmert die Lage.“ Das hätten Beobachtungen beispielsweise in Meitingen oder Gersthofen gezeigt. Eine

    „Die bisherige Praxis der Vergrämung ist ein Teil des Problems“, so Stickroth. Die Kolonie in Bäumenheim lasse sich nicht auflösen oder verkleinern. „Das hätte massive, negative Auswirkungen im Umland.“ Er jedenfalls könne eine Vergrämung nicht empfehlen, sagte der Biologe. Die Vögel seien so intelligent, dass sie sich auch von Schüssen aus Schreckschusspistolen oder von Lichtterror, wie unlängst ins Gespräch gebracht, nicht beeinträchtigen lassen.

    Nester der Tiere wurden beseitigt

    Eine Chance sieht der Biologe allerdings. Man müsse eine Strategie entwickeln, um die Tiere von den Bäumen direkt an der Siedlung im Schmutterwald wegzubringen. Das Areal sei so groß, dass schon geholfen wäre, wenn die Saatkrähen im hinteren Teil des Waldes und nicht siedlungsnah brüten würden.

    Ein Anfang ist bereits gemacht: Vorhandene und erreichbare Saatkrähennester wurden beseitigt, zugleich Gabelungen am Geäst entfernt, sodass diese Bäume nun vorerst nicht mehr zum Nestbau geeignet sind.

    Bis Ende des Monats (nur bis dahin gibt es eine Genehmigung der Regierung von Schwaben) soll eine örtliche Baumpflege-Firma mit dieser Strategie fortfahren. „Mit den Jahren“, so Stickroth, „werden sich die Tiere zurückziehen.“ Er empfahl allerdings, die Maßnahmen künftig immer im Herbst durchzuführen, „damit die Vögel es nicht merken“. So würden sie sich keine Gegenmaßnahmen einfallen lassen. Der Biologe brachte auch künstliche Nester ins Gespräch, die im rückwärtigen Bereich des Schmutterwäldchens angelegt werden könnten, um die Vögel dorthin zu locken.

    "Man darf sich keine falschen Hoffnungen machen"

    „Man darf sich aber keine falschen Hoffnungen machen“, dämpfte Stickroth die Erwartungen. „Dies wird ein langer Prozess.“ Mindestens drei, wahrscheinlich fünf Jahre (also eine Generationsperiode der Saatkrähen) müsste man warten, um zu sehen, ob die Aktionen erfolgreich gewesen seien. Bei Erweiterungen von Biogasanlagen im Umfeld sei es notwendig, mit Überdachungen den Anflug der Vögel zu attraktiven Fressplätzen zu verhindern.

    Die Ausführungen des Experten fanden bei einigen Bäumenheimer Gemeinderäten kein Wohlgefallen. „Wir müssen die Vögel woanders hinjagen. Hauptsache, bei uns sind sie weg“, gab Andreas Waldyra zu Protokoll. Er fasste damit zusammen, was auch andere Gremiumsmitglieder, allerdings moderater, äußerten.

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