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Bluttat in Donauwörth: Mordprozess: Rätsel um ein Geschenk

Bluttat in Donauwörth

Mordprozess: Rätsel um ein Geschenk

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    Der Tatort in der Bahnhofstraße nach der Messerattacke.
    Der Tatort in der Bahnhofstraße nach der Messerattacke.

    War ein abgewiesenes Geschenk der letzte Auslöser für die Donauwörther Bluttat vom März 2019? Mehrere Zeugen erzählten jetzt im Verfahren vor dem Augsburger Landgericht, dass die Familie des getöteten 49-jährigen indischstämmigen Ingenieurs einen Tisch nicht angenommen habe, den ihr der beschuldigte 35-jährige Nachbar aus Guinea überlassen habe wollen.

    Nur wenige Tage später überfiel der Nachbar morgens im Hof des Anwesens in der Donauwörther Bahnhofstraße den 49-Jährigen und verletzte den Familienvater durch zahlreiche Messerstiche so schwer, dass er später im Krankenhaus starb. Auch die 43-jährige Ehefrau, die ihrem Mann zur Hilfe gekommen war, wurde schwer verletzt, weswegen der 35-Jährige sich jetzt wegen Mordes und schwerer Körperverletzung vor Gericht verantworten muss.

    Bub habe unablässig um Hilfe gerufen

    Die Sache mit dem Tisch stammt vor allem aus Aussagen der beiden Kinder des Ehepaares, die nach der Tat vom Kriseninterventionsteam in ein Jugendhaus gebracht worden waren. Noch am Tatort und anschließend haben er und eine Kollegin, so ein 50-jähriger Rot-Kreuz-Mitarbeiter und Zeuge vor Gericht, zunächst die Betreuung des siebenjährigen Sohnes der schwer verletzten Eltern übernommen. Der Bub habe ungefragt von der Tat erzählt und dass er unablässig um Hilfe gerufen habe. Die 16-jährige Tochter, die man von der Schule abgeholt hatte, habe von einem insgesamt recht guten Verhältnis zwischen ihrer Familie und dem Nachbarn berichtet. Dieses habe sich einige Zeit vor der Tat verschlechtert, sie habe gemeint, das hätte mit dem geschenkten Tisch zusammenhängen können.

    Ebenfalls an die Reden von einem Tisch erinnern konnte sich eine 25-jährige Erzieherin, die in dem Jugendhaus Dienst hatte, wo die beiden Kinder kurzzeitig untergebracht worden waren. Sie habe gehört, wie der siebenjährige Bruder seiner großen Schwester berichtet habe, was passiert sei. Die Tochter habe gemeint, dass der Nachbar vielleicht deswegen sauer gewesen sein könnte, weil die Familie den geschenkten Tisch nicht hatte annehmen wollen. Im Jugendhaus hatten die Kinder die Nachricht vom Tod des Vaters im Krankenhaus überbracht bekommen – und die Kunde, dass ihre Mutter überleben werde.

    Freund der Familie nahm die Kinder bei sich auf

    Ein 37-jähriger Arbeitskollege des Ingenieurs und Freund, beschrieb die Familie als ruhig, nett, religiös. Er hatte in Rücksprache mit der im Krankenhaus liegenden Mutter und dem Jugendamt die beiden Kinder für die nächsten zwei Wochen bei sich aufgenommen. Über die Tat habe man praktisch nichts geredet, er habe nicht fragen wollen, so der Zeuge zu der Kammer unter Vorsitz von Richterin Susanne Riedel-Mitterwieser.

    Bis heute gebe es Kontakt zu den beiden Kindern und deren Mutter. Diese könne bis heute nicht verstehen, was ihrer Familie zugestoßen ist. Sie hätten das nicht verdient, sie seien immer anständig gewesen, laute ihre Klage.

    Mutter ist schwer traumatisiert

    Anwältin Mandana Mauss berichtete als Nebenklagevertreterin der geschädigten Mutter von den Auswirkungen der Tat auf die Familie. Bald danach sei klar geworden, dass die Familie nicht in der Wohnung, nicht in der Region habe bleiben können. Sie sei inzwischen nach Nordrhein-Westfalen verzogen. Vor allem die 43-jährige Mutter sei seit dem Überfall schwer traumatisiert. Selbst die Wäsche könne sie nicht alleine waschen, weil sie dazu in den Keller müsse und wegen ihrer Angst eine Begleitung brauche.

    Die Frau leide stark unter der Angst, dass der Beschuldigte je wieder aus dem Gefängnis entlassen werden könnte. Die 16-jährige Tochter habe ein Schuljahr am Gymnasium wiederholen müssen. Sie werde wohl nicht an die Uni zum angestrebten Zahnmedizinstudium gehen können, weil sie sich umfassend um die Mutter kümmere. Auch der Sohn zeige noch heute Angstsymptome, beispielsweise wenn ihm auf der Straße dunkelhäutige Menschen begegneten.

    Der Beschuldigte hat eine lange polizeiliche Vorgeschichte

    Der 43-jährige sachbearbeitende Beamte der Dillinger Kriminalpolizei wiederholte das Einsatzgeschehen aus seiner Warte. Wegen der Aussage eines Zeugen, der 35-Jährigen habe während der Tat etwas wie „Allahu Akbar“ gerufen, sei auch wegen eines staatsschutzrechtlichen, terroristischen Hintergrunds ermittelt worden. Sämtliche derartige Ermittlungen seien aber ins Leere gelaufen. Der Beschuldigte habe eine längere polizeiliche Vorgeschichte. So habe er bereits 2002 als 17-Jähriger in Nordrhein-Westfalen eine 49-jährige Frau vergewaltigt. Zudem wisse man aus seiner Zeit in diesem Bundesland von Körperverletzungsdelikten und Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz.

    Einzige Delikte in Donauwörth, wo er seit 2009 lebe, seien ein Vorkommnis bei der Ausländerbehörde im Donauwörther Landratsamt gewesen sowie der Entzug des Führerscheins wegen Fahrens unter Drogeneinfluss. Bei der Vernehmung der verletzten 43-Jährigen im Krankenhaus habe diese den Vorfall mit dem geschenkten und abgelehnten Tisch erwähnt, so der Kripo-Sachbearbeiter.

    Beschuldigter hatte keinen Alkohol im Blut

    Mit dem Blut des Beschuldigten beschäftigt hat sich als Gutachter Prof. Dr. Frank Mußhoff aus München. 0,00, so lautete das Ergebnis beim Blutalkohol, so Mußhoff. Funde gab es hingegen bei Abbauprodukten von Cannabis im Blut. Die Cannabinode seien allerdings in sehr geringer Konzentration nachweisbar gewesen, der Messwert hätte nicht einmal für eine Ordnungswidrigkeit im Straßenverkehr gereicht.

    Der Rechtsmediziner Peter Hofer aus der Rechtsmedizin in München berichtete von der Sektion des Getöteten und der Untersuchung der Verletzungen von seiner Ehefrau. Beim 49-Jährigen seien zahlreiche Verletzungen durch Stiche und Schläge mit dem Messer sowie Würgemale mit einem Seil feststellbar gewesen, die schnell dazu geführt hätten, dass das Opfer sich nicht mehr habe wehren können. Die Verletzungen seien so erheblich gewesen, dass bereits bei der Erstversorgung mit demTod des Mannes Tod des Mannes zu rechnen gewesen sei.

    Das Verfahren wird am Mittwoch fortgesetzt, unter anderem soll dann der psychiatrische Gutachter über den Beschuldigten berichten. Auch die Plädoyers könnten bereits gehalten werden, sodass am Freitag das Urteil verkündet werden könnte.

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