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Bäumenheim: Vom Leben und Schwimmen in Deutschland

Bäumenheim

Vom Leben und Schwimmen in Deutschland

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    Junge Flüchtlinge tasten sich langsam an das Gefühl des Schwimmens heran. Die Wasserwacht hilft ihnen dabei.
    Junge Flüchtlinge tasten sich langsam an das Gefühl des Schwimmens heran. Die Wasserwacht hilft ihnen dabei. Foto: Haller

    Im Hallenbad platscht und spritzt es. Es ist gerade Schwimmkurs für Erwachsene, die sich fit für die neue Badesaison machen wollen. Ende Mai beginnt sie. Bei gutem Wetter gehen viele in Freibäder und an Badeseen. Dass man Schwimmen kann, ist in unserer Kultur normal. Das ist aber nicht überall so. In großen Teilen Afrikas und im Nahen Osten besteht einfach keine Möglichkeit, schwimmen zu lernen. Nicht schwimmen zu können, vergrößert noch die Gefahren auf der Flucht. Denn ein oft gewählter Weg nach Europa ist der übers Mittelmeer – per Boot.

    Tag für Tag nehmen Menschen das hohe Risiko einer solchen Fahrt ins Ungewisse auf sich. Sie liefern sich den – zum Teil maroden – Booten aus, ohne schwimmen zu können. Viele dieser Boote sinken und nur ein Teil der Menschen kann von Hilfsorganisationen gerettet werden.

    Einer von denen, die eine solche gefährliche Überfahrt geschafft haben, ist Sameal (Name von der Redaktion geändert) aus Eritrea. Der junge Mann ist 18 Jahre alt und lebt zusammen mit anderen Jugendlichen in einer Gemeinschaftsunterkunft im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen. Für insgesamt 24 Menschen ist dieses Haus ausgerichtet. Zwei Bäder und eine Küche gibt es dort. Im kleinen Aufenthaltsraum ist ein Fernseher für alle. Sauberkeit und Ordnung scheinen allen am Herzen zu liegen. Kochen, putzen, einkaufen, die Freizeit verbringen – all das ist Gemeinschaftssache.

    Zwei Fliegen mit einer Klappe

    Sameal ist in seiner Freizeit gerne im Wasser. Mithilfe eines Kurses bei der Wasserwacht Bäumenheim lernt er das überlebenswichtige Schwimmen und integriert sich. Er schlägt dabei sozusagen zwei Fliegen mit einer Klappe.

    Eritrea, so sagt Sameal, sei politisch sehr unsicher und gefährlich. Es gelte für die jungen Männer ein lebenslanger Militärdienst, aus dem nur schwer zu entfliehen sei. Immer wieder aufkommende Konflikte mit dem Nachbarland Äthiopien seien ein zusätzlicher Unsicherheitsfaktor. Die Möglichkeit, sein eigenes Leben zu leben, sah Sameal in Eritrea nicht und entschloss sich zu fliehen. Er erzählt von der beschwerlichen Flucht aus seiner Heimat: „Neun Monate war ich unterwegs. Zuerst musste ich vier Tage lang durch Eritrea zu Fuß bis nach Äthiopien laufen. Dann ging es durch den Sudan und Libyen. Zum Teil sind wir mit Autos transportiert worden, dann wieder mussten wir zu Fuß Wachposten umgehen, um endlich bis zum Meer zu kommen. Wir haben nichts zu essen bekommen, manchmal gab es etwas Wasser zu trinken.“

    Nach all den Strapazen gelangte er zum Boot nach Europa. Die Überfahrt war traumatisch. „Ich saß mit 350 Menschen im vorderen Boot, das hatte einen Motor. Das hintere Boot haben wir gezogen. Da waren 400 Menschen drin. Irgendwann lief Wasser in das hintere Boot. Immer mehr Wasser. Ein Kind hatte ein Messer dabei, mit dem haben wir das Seil durchgeschnitten, mit der das Boot an unserem Boot hing. Ich glaube, die 400 Menschen sind ertrunken. Aber sonst wären wir auch mit untergegangen. In unserem Boot ist auch ein Mädchen gestorben. Es wurde von dem Seil getötet, als es abgeschnitten wurde“, erinnert er sich.

    Über Italien und die Schweiz kam er dann nach Deutschland und in den Landkreis Donau-Ries. Neun Monate ist das jetzt her. Sameal ist jetzt besonders froh, hier in Sicherheit zu sein. Seither geht er zur Schule – er lernt Mathematik und intensiv Deutsch und macht auch Schulausflüge wie zum Beispiel zum Deutschen Museum nach München. Er will hierbleiben und nach der

    Beitrag zur Integration

    Integration funktioniert über Sprache und gemeinsame Aktivität. Das weiß auch Sameal und nimmt deshalb an einem Schwimmkurs der Wasserwacht speziell für Erwachse teil. „Die Teilnehmer sind vor dem ersten Schwimmkurs immer sehr gespannt, was auf sie zukommt. Viele sind auch ängstlich. Gerade in einem etwas fortgeschrittenen Alter kostet es oftmals große Überwindung, sich auf das Element Wasser und einen Schwimmkurs einzulassen“, berichtet der Ortsgruppenleiter der Wasserwacht Bäumenheim, Michael Haller. Von Tag zu Tag steigere sich das Selbstvertrauen der Schwimmschüler. Es sei auch schon vorgekommen, dass die Wasserwachtler während der Stunde übermütige Schwimmschüler aus dem Becken zeihen mussten. „Ziel unserer Schwimmkurse ist, dass der Teilnehmer drei saubere Brustschwimmzüge ausführen kann. Die Bewältigung längerer Schwimmstrecken ist dann reine Übungssache“, so

    Sameal ist von sich schon sehr überzeugt. Stolz zeigt er während des Gesprächs die Brustzug-Bewegung und lacht. Am Baggersee in Hamlar oder in Riedlingen wird man die jungen Asylsuchenden aber nicht antreffen. Sameals Betreuer Xaver (Name von der Redaktion geändert) erklärt, warum: „Ich erinnere mich an jenen Sommer, in dem es so viele tödliche Badeunfälle gab. Wir gehen mit unseren Jungs aus Sicherheitsgründen nur ins Freibad. Auch die besseren Schwimmer dürfen nicht zum See. Auch sie sollen ins Freibad gehen.“

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