Wie ein Wald in Kaisheim fit für den Klimawandel gemacht wird
Hitze und Wassermangel setzen auch den Wäldern im Kreis Donau-Ries zu. Doch die Bayerischen Staatsforsten in Kaisheim warnen vor Katastrophenszenarien.
Während andere im dichten Grün den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehen, kann Helmut Weixler hier draußen im Kaisheimer Forst zu fast jedem Baum so einiges berichten. Der Betriebsleiter der Bayerischen Staatsforsten in Kaisheim wacht mit 50 Mitarbeitern über ein Gebiet von 18.000 Hektar Staatswald, das bunt verteilt über ein riesiges Gebiet im Dreieck Treuchtlingen, Dillingen und Schrobenhausen. Der Wald verändere sich, stellt Weixler fest. Dennoch will er keine Katastrophenszenarien an die Wand malen. Der Wald sei oftmals resistenter, als man annehmen mag. Und trotzdem: Auf die leichte Schulter könne der Wandel keineswegs genommen werden. Er kostet immense Mühen.
Während rundherum, auf den oft schon abgeerneten Feldern die Sonne herunterbrennt und die Luft über dem Aspahlt flirrt, ist es im Dickicht des Waldes angenehm kühl. Ein Spaziergang an einem heißen Sommertag im Kaisheimer Forst zeigt eindrucksvoll, wie wertvoll jeder einzelne Baum sein kann, gerade jetzt, in Zeiten längerer Hitzeperioden. Weixler und sein Stellvertreter, Leonhard Huber, sind oft hier draußen, prüfen, notieren, schauen, wie sich der ganze Forst entwickelt, wo sie ihm auch helfen können - oder etwas Neues ausprobiert werden sollte, beziehungsweise oft auch ganz Altbewährtes. Denn zweifelsohne gibt es Veränderungen, bedingt durch seit Jahren fast konstant gestiegene Wärme- und Hitzephasen sowie oftmals auch durch Wassermangel. Aber hierbei gibt auch Ausnahmen - 2021 war ein solches Jahr zum Durchschnaufen: genug Kühle, genug Wasser. "Aber leider nicht genug, um das gesunkene Grundwasserreservoir komplett wieder aufzufüllen", wie Huber erklärt.
Klar ist auch in Kaisheim: Ohne Wasser geht auch beim Wald "gar nichts"
Und ohne Wasser "geht eben gar nichts", so Weixler. Weder im Wald noch auf den Feldern. Keine Frage sei indes: Der Wald ist, wie die beiden Forstbetriebsleiter betonen, widerstandsfähiger, als weithin angenommen. Er werde jedoch sein Gesicht verändern. Doch allzu nostalgisch sollte einen dies nicht machen. Die Fichte werde zwar abnehmen, aber sie sei andererseits hier auch nie ein so richtig heimischer Baum gewesen. "Es ist ein Gebirgsbaum", sagt Huber. Als man im Zuge der Industrialisierung und besonders nach den Weltkriegen vieles aufbauen oder als Reparationen exportieren musste, sei diese schnell wachsende Art attraktiv gewesen. Früher allerdings sah der Wald ganz anders aus in Nordschwaben: wesentlich mehr Eichen, Buchen, dazwischen Tannen. Jetzt sei die Fichte "der große Klimaverlierer" in der Region, sagt Weixler. Und nicht nur sie. Er zeigt auf die Spitze einer mächtigen Kiefer, die im Sonnenlicht bei angenehmem Wind sanft hin- und her- gewogen wird. Was ein Laie gar nicht so leicht erkennen mag, ist für Weixler sofort ersichtlich. Bräunliche Nadeln in zehn Metern Höhe. Hitzeschäden.
Die Klimaveränderung, davon geht man bei den Staatsforsten aus, werde dazu führen, dass sich die Jahresdurchschnittstemperatur in Bayern um bis zu vier Grad erhöhen wird. Dazu: weniger Sommerniederschläge, längere Trockenperioden sowie Stürme.
Weixler und Huber marschieren gut hundert Meter weiter auf dem geschotterten Waldweg hin zu einer Lichtung, umgeben von einem Zaun. Der soll das schützen, was die Forstwirte des Staatswaldes hier behutsam großziehen. Ein kleines Eichenwäldchen. Aber halt, nein, dazwischen findet sich genug anderes Grün. Der Wald der Zukunft könnte so aussehen. Im Staatswald sowie bereits in zahlreichen kommunalen und privaten Wäldern setze man auf das "Vier-Baumarten-Prinzip": Mindestens vier Baumarten sollten in den Wäldern gemischt stehen, damit der Forst stabil ist. Hier ist er es wohl, Gott sei Dank. Auf 50 Metern rechts und links entlang des Waldweges in diesem kleinen Bereich des Kaisheimer Forsts stehen allein 15 Sorten. Und immer wieder sieht man jene drei Arten: Eiche, Tanne, Douglasie. Auf sie baut man im Forstbetrieb Kaisheim. Dem natürlichen Wachsen des Waldes hilft man mit diesen Baumarten über gezielte "Anreicherungen" nach, also mit Pflanzungen hin zu klassischen Mischwäldern.
Forstexperten: Mischwald ist die Zukunft
Eigentlich ist es ein "Zurück zu den Wurzeln" im wahrsten Sinne des Wortes, was Forstexperten mittlerweile als am zukunftsrächtigsten ansehen: eben Mischwälder, keine Monokulturen, sensible Eingriffe. Ist das wirtschaftlich? "Ja", lautet die knappe, aber eindeutige Antwort der beiden Kaisheimer Betriebsleiter. Weixler konkretisiert: 114.000 Festmeter werden pro Jahr "genutzt", also ausgebracht und als Bau- oder Brennholz vermarktet. Man bleibe damit deutlich unter dem jährlichen Zuwachs von 145.000 Festmetern. Es koste zwar mehr Mühe, in einem Mischwald zu ernten, aber dies sei nun einmal die Zukunft. Anstrengender, aber letztlich gesünder für alle.
Den Wald werde es immer geben, sagt Huber. Er klingt überzeugt. Er werde jedoch anders aussehen. Aber Veränderungen seien nichts Neues, sie habe es auch früher schon gegeben. Kein Alarmismus also. Und trotzdem: Die Sorge um die Schöpfung, die Achtung, das richtige Reagieren und, wenn es sein muss, auch das Umkehren, all das gehöre dazu. Unbedingt. Um auch künftigen Generationen "stabile, zukunftsfähige, aber auch ertragreich nutzbare Wälder zu hinterlassen", wie Weixler zusammenfasst.
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