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Wittislingen: Mit Wärmepumpe und Hackschnitzeln in Richtung Energiewende

Wittislingen

Mit Wärmepumpe und Hackschnitzeln in Richtung Energiewende

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    Sebastian Weingarten von GP Joule (v.l.), Projektleiterin Anja Klein, Wittislinger Bürgermeister Thomas Reicherzer, Benjamin Holzinger von der Sparkasse Dillingen und Sebastian Harreiner von GP Joule eröffnen gemeinsam das neue Heizkraftwerk in Wittislingen.
    Sebastian Weingarten von GP Joule (v.l.), Projektleiterin Anja Klein, Wittislinger Bürgermeister Thomas Reicherzer, Benjamin Holzinger von der Sparkasse Dillingen und Sebastian Harreiner von GP Joule eröffnen gemeinsam das neue Heizkraftwerk in Wittislingen. Foto: Michael Stelzl

    4,5 Jahre sind seit den ersten Planungen vergangen. Nun aber ist es so weit: Am Mittwoch wurde am Wittislinger Stadtrand die neue Heizzentrale eingeweiht. Bürgermeister Thomas Reicherzer ist zufrieden mit dem Großprojekt: „Wir gehen voran, was klimafreundliche, nachhaltige und günstige Energieversorgung betrifft.“ Künftig soll durch das Kraftwerk ein Teil der Gemeinde mit Fernwärme beliefert werden. „Das ist der Pioniergeist von Wittislingen“, sagt Sebastian Herreiner von GP Joule. Die Firma hat sich auf nachhaltige Energieversorgung spezialisiert und betreibt unter anderem einen größeren Standort in Buttenwiesen. „Das Projekt startete lange, bevor es die kommunale Wärmeplanung gab“, führt er fort. Bis 2030 müssen laut gesetzlicher Vorgabe 30 Prozent aller bestehenden Wärmenetze mit erneuerbaren Energien betrieben werden, bis 2040 sind es 80 Prozent.

    In Wittislingen wurde ein 84 Kubikmeter großer Wärmespeicher gebaut

    Betrieben wird das Wärmekraftwerk von den Renergiewerken Wittislingen, die wiederum zur GP Joule Unternehmensgruppe gehören. Die Heizzentrale am Schützenweg 1 in Wittislingen besteht aus drei Komponenten. Die Hauptarbeit wird in Zukunft eine Wärmepumpe verrichten, die allerdings erst in etwa einem Jahr in Betrieb gehen wird. Eine Hackschnitzelanlage steht bereits, beliefert wird sie durch die ortsansässige Firma Gebrüder Mayerle. Für Spitzenauslastungen oder, falls eine der anderen Komponenten ausfallen würde, wurde zudem ein Flüssiggaskessel verbaut, um die Wärmeversorgung zu gewährleisten.

    Neben dem 84 Kubikmeter großen Wärmespeicher wirkt das restliche Heizkraftwerk beinahe unscheinbar.
    Neben dem 84 Kubikmeter großen Wärmespeicher wirkt das restliche Heizkraftwerk beinahe unscheinbar. Foto: Michael Stelzl

    Produziert die Anlage mehr Energie, als bei den Endabnehmern benötigt wird, geht der Überschuss jedoch nicht verloren. Neben den Heizelementen wurde ein 84 Kubikmeter großer Wärmespeicher verbaut, in welchem Wärme in Form von Warmwasser gespeichert und bei Bedarf an das Netz abgegeben werden kann. Ein zweiter, genauso großer Speicher wird im kommenden Jahr auf dem Gelände am Wittislinger Stadtrand gebaut.

    Etwa die Hälfte des gesamten Energieverbrauchs in Deutschland entfällt auf das Heizen

    Im ersten Abschnitt des Projekts wird der Süden der Gemeinde mit Wärme beliefert; bereits 50 Anschlüsse wurden verbaut. „In zwei bis drei Wochen wird die erste Wärme in den Häusern sein“, sagt Projektleiterin Anja Klein. 1,4 Kilometer Rohre wurden hierfür verlegt. In der kommenden Woche soll am Lehmgraben der letzte Teil dieses Bauabschnitts fertiggestellt werden. Danach wird GP Joule die Wärmeversorgung Richtung Stadtmitte ausweiten: „Wir wollen noch dieses Jahr bis zur Egau kommen“, verkündet Klein. Perspektivisch ist auch ein weiterer Ausbau Richtung Ortswesten geplant.

    In roter Farbe ist die bereits abgeschlossene Rohrverlegung eingezeichnet. Die grüne Trasse ist die geplante Trasse Richtung Ortsmitte, die gelben Linien die perspektivischen Planungen gen Westen, die sich jedoch noch ändern können.
    In roter Farbe ist die bereits abgeschlossene Rohrverlegung eingezeichnet. Die grüne Trasse ist die geplante Trasse Richtung Ortsmitte, die gelben Linien die perspektivischen Planungen gen Westen, die sich jedoch noch ändern können. Foto: GP Joule GmbH

    Das Wasser im Fernwärmesystem wird auf 75° Celsius erhitzt und dann zum Endverbraucher geleitet

    Aktuell wird in Deutschland etwa die Hälfte des gesamten Energieendaufwands für Wärmeerzeugung verbraucht. Lediglich 18 bis 20 Prozent davon seien nachhaltig, erklärt Herreiner. Um dies zu ändern, sei regionale Erzeugung und Verbrauch wichtig. „Energiewende heißt Wärmewende.“ Die Anwohner konnten in Wittislingen zwischen einem Voll-, einem Netz- und einem Teilanschluss entscheiden. Während bei einem Teilanschluss nur eine Abzweigung von etwa 1,5 Metern auf das Grundstück für einen künftigen Anschluss verlegt ist, werden bei den anderen Möglichkeiten eine Wärmeleitung bis in das Haus gelegt. Bewohner, die sich für einen Vollanschluss entschieden haben, werden ab Inbetriebnahme mit Fernwärme heizen.

    Das Wasser im in sich geschlossenen Fernwärmesystem – die Rohre wurden über zwei Tage hinweg durch Unterstützung der Feuerwehr befüllt – wird im Heizkraftwerk auf 75° bis 80° Celsius erhitzt und zu den Verbrauchern geleitet. Die Rücklauftemperatur liegt etwa 20° tiefer. „Je niedriger die Rücklauftemperatur ist, desto besser ist es, weil dadurch mehr beim Abnehmer verbleibt“, sagt Thomas Riedmaier, Anlagenplaner bei GP Joule.

    Auf dem Gelände der ehemaligen Mülldeponie wird eine Photovoltaik-Anlage entstehen

    Ausgangspunkt des Projekts war die vom Landratsamt geforderte Rekultivierung der 2009 geschlossenen Mülldeponie. Dies ist notwendig, um der Verunreinigung des Grundwassers durch Schwermetalle oder andere Schadstoffe vorzubeugen. Daraufhin kam laut Bürgermeister Reicherzer die Idee auf, eine Photovoltaik-Anlage auf dem Gelände zu errichten. „Wenn wir schon diese teure Rekultivierung machen, wollen wir auch etwas davon haben“, sagt Reicherzer. Neben der Deponiefläche von etwa einem Hektar wurden von der Gemeinde dafür weitere Flächen hinzugekauft. Mittelfristig soll die Wärmepumpe des Heizkraftwerks mit dem Strom aus der Anlage laufen.

    Noch steht das Heizkraftwerk in einem Meer aus Kies. Neben den weiteren Bauabschnitten steht aus diesem Grund auch die Begrünung der Flächen bis hin zum Friedhof an, eine Auflage des Landratsamt Dillingen. Insgesamt beschreibt Reicherzer den Genehmigungsprozess als sehr konstruktiv, etwa bei kleineren Änderungen der Flächennutzung. „Dass wir hier stehen, heißt, dass man alle Probleme gelöst hat, und darauf können alle Beteiligten stolz sein“, sagt der Wittislinger Bürgermeister.

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