Das Ehepaar Michael und Anna Frei durfte sich am 17. Juli 1869 über die Geburt eines Sohnes freuen. Schon in jungen Jahren zeigte der Bub gewisse Talente. Zunächst in der Volksschule Schabringen, erkannte sein Lehrer diese bald. Er empfahl den Eltern, ihren Sohn nach Dillingen zu schicken, da er in den verschiedenen Fächern besser gefördert werden konnte, als in der einklassigen Dorfschule. Eine Entscheidung, die dem Zöschlingsweiler noch guttun sollte.
In Dillingen gab es eine Tagesfortbildungsschule, in der unter anderem der Zeichenunterricht einen hohen Stellenwert besaß. Danach hat sich Emil Frei, damals 13 Jahre alt, bei dem Kirchenmaler Anton Lauter in Donauwörth um eine Lehrstelle beworben, um später nach München zu gehen. Dort studierte er an der Hochschule und lernte Malerei an der Akademie der Künste. Seine praktische Ausbildung machte Emil Frei bei dem renommierten Glasmacher F. X. Zettler in München. Sein Schwerpunkt war Glasmalerei und Design von Mosaiken.
Um dem Militärdienst zu entgehen, ging Emil Frei nach Amerika
Emil Frei hatte großen Ehrgeiz und Freude an seinem Beruf. Aber mit Erreichung der Volljährigkeit, damals mit 21 Jahren, also 1890, hätte er seine zweijährige Militärdienstpflicht ableisten müssen. Um sich dieser zu entziehen, gab es damals nur den Weg der Auswanderung. Niemand hat in dieser Zeit vermutet, dass Emil Frei in den USA ein hochgeschätzter Kirchenmaler werden würde. Bis zum heutigen Tag ist er in seiner Heimat Zöschlingsweiler unbekannt. Auch wenn erst kürzlich eine Straße nach ihm benannt wurde.
Er ging nach New York, lernte Emma Müller, geboren am 10. Januar 1873 in Heidelberg, kennen, die er 1894 heiratete. Dann zog das junge Paar nach San Francisco. Emil Frei arbeitete als Wandmaler und Freskant. Am 27. Januar 1895 wurde Sohn Emil geboren. Während Frei darüber nachdachte, in die Heimat zurückzukehren, wurde er im Jahre 1898 nach St. Louis eingeladen, um den Entwurf und die Ausführung von Glasmalereien für eine große neue Kirche zu übernehmen, die sich gerade im Bau befand. Das Projekt, die Buntglasfenster für die St.-Francis-Xavier-College-Kirche, erfolgte noch unter seinem Arbeitgeber. Die anspruchsvollen Aufträge an den verschiedensten, weit voneinander entfernten Städten, brachten ihm Anerkennung ein.
Anfang des 20. Jahrhunderts gab es viel Arbeit für Glasmaler
Emma Frei war nicht unvermögend, sodass ihr Mann im Jahre 1900 eine eigene Glasmalerei in St. Louis eröffnen konnte. Die Firma wurde eingetragen unter dem Namen „Emil Frei, Art Glass, Co.“. Das Atelier wurde für einige der hochwertigsten Buntglasfenster der Welt bekannt. Und Arbeit gab es reichlich: Um dem Ansturm neuer Einwanderer gerecht zu werden, wurden zahlreiche neue Kirchen gebaut. Der Stil, der sich durch seine ganz und gar lebensechten Heiligenporträts und biblischen Szenen auszeichnete, war der Höhepunkt der Glasmalerei. Die Fenster waren so detailliert, dass viele der Künstler im Atelier ihre ganze Karriere damit verbrachten, nichts als Gesichter und Hände zu malen.
Die Aufträge häuften sich, sodass Frei eine ganze Reihe fähiger Mitarbeiter einstellen musste. 1909 beschäftigte er in seinem Betrieb in St. Louis und in Münchner Ateliers fünfzehn Künstler und neun Glaswerker. Um allen Anforderungen gerecht zu werden, gründete Emil Frei 1914 eine Zweigniederlassung in München, die aber im Zweiten Weltkrieg zunächst beschlagnahmt, dann zerbombt wurde.
Noch heute gibt es das Unternehmen von Emil Frei
Die 1920er und 1930er waren für die Firma Emil Frei gute Jahre, denn eine Reihe von Gotteshäusern, sowohl protestantische als auch katholische, wollten die außergewöhnlichen Designs. Die Studios von Frei hielten eine feste Regel ein, die bis zum heutigen Tage gilt: Es wird niemals ein Katalog geführt, damit sich Entwürfe nicht wiederholen können. Das Wachstum und der Ruf des Unternehmens wurden durch den Einstieg in den Bereich der Mosaike weiter gesteigert. In den 1920er Jahren erhielt Emil Frei den Auftrag, das Mosaik für die neue Kathedrale am Lindell-Boulevard zu entwerfen, die erste Millionen-Dollar-Kirche Amerikas. Von der Planung bis zur Vollendung vergingen mehr als zehn Jahre.
Nach dem Tod von Emil Frei am 21. September 1942 übernahm sein Sohn Emil Frei jun. die Leitung des Studios. Während seiner Amtszeit erlebte das Ensemble einen bemerkenswerten Zuwachs an künstlerischem Umfang und Kreativität und wurde damit zu einem Pionier auf dem Gebiet der modernen liturgischen Kunst. Die Pluralität der Künstler sorgte dafür, dass das Studio nicht dem Vorwurf eines statischen Stils zum Opfer fiel, da jeder Einzelne einen ganz eigenen Fußabdruck hinterließ. Jede Kirche konnte ihre eigenen, einzigartigen Fenster für sich beanspruchen.
Noch heute wird das Unternehmen von Nachkommen Emil Freis geführt. Seit der Gründung im Jahr 1898 hat Emil Frei & Associates Tausende von Neuschöpfungen in den Vereinigten Staaten ausgeführt. Alles ausgehend von einem in Zöschlingsweiler geborenen, begnadeten Künstler.
Info: Wer mehr über Emil Frei und andere Geschichten aus Wittislingen erfahren will, kann im neuen Band der „Wittislinger Geschichten“ nachlesen. Das Werk von Gemeindearchivar Harald Lemmer erscheint Ende September und ist im Rathaus erhältlich.
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