In dem beim SCM Verlag erschienenen Büchlein „Das Wichtigste an Weihnachten“ (2022) erzählt Johannes Hildebrandt von einer Unterhaltung der Tiere über dieses Thema:
Für den Fuchs war der Gänsebraten überaus verlockend. Der Eisbär schwärmte von weißen Weihnachten. Das Reh wollte unbedingt einen Tannenbaum, um den es springen konnte. Dieser aber, so warf die Eule ein, durfte nicht so viele Kerzen haben – wegen der Stimmung. Der Pfau bestand darauf, dass man zumindest sein neues Kleid gut sehen konnte. Für die Elster war Schmuck besonders wichtig: ein Ring, ein Armband, eine Brosche oder eine Kette. „Aber bitte den Stollen nicht vergessen”, brummte der Bär. Dem Dachs wiederum lag das Ausschlafen besonders am Herzen. „Und saufen“, ergänzte der Ochse, „mal richtig einen saufen und dann pennen.”
Mancher von uns, liebe Leserinnen und Leser, wird sich vielleicht in dieser tierischen (und doch ganz menschlichen) Diskussion wiederfinden: ein festtägliches Essen, weiße Weihnachten, Schmuck für die Damen, neue Kleidung für einen glänzenden Auftritt, endlich mal wieder Zeit, um ausspannen zu können – das ist vielen besonders wichtig an Weihnachten.
Die Unterhaltung der Tiere ist noch nicht zu Ende:
Plötzlich versetzte der Esel dem Ochsen einen gewaltigen Tritt: „Du Ochse, denkst du denn nicht an das Kind?“ Da senkte der Ochse beschämt den Kopf und sagte: „Das Kind, ja das Kind, das Kind ist die Hauptsache.“ „Übrigens“, fragte der Esel, „wissen das eigentlich auch die Menschen??“
Natürlich wissen wir, dass an Weihnachten die Geburt Jesu gefeiert wird. Aber hat dieser Geburtstag irgendetwas etwas mit unserem Leben zu tun? Oder kommen in unserem Alltag doch nur diese „tierisch wichtigen“ Dinge vor, über die die Tiere sich ausgetauscht haben?
„Wissen das auch die Menschen?“ Ein Wissen im Sinne von „das habe ich schon mal gehört…“ genügt nicht – es geht um ein tiefergehendes Erkennen. Das Kind in der Krippe möchte nicht für eine rein äußerliche „Stimmung“ sorgen, sondern uns auf eine andere, trotz allen menschlichen Wissens unfassbare innere Wirklichkeit der Welt hinweisen: auf das Geheimnis dessen, den wir so ganz alltäglich „Gott“ nennen und mit dem das Kind uns während seines späteren Lebens als Erwachsener unaufhörlich vertraut machen will.
Dass wir uns an Weihnachten nicht in Banalitäten verlieren und uns am Schluss die Frage gefallen lassen müssen: „Du Ochse, denkst du denn gar nicht an das Kind?“ wünscht Ihnen und auch sich selbst
Ihr Raffaele De Blasi,
Pfarrer der katholischen Pfarrgemeinde St. Martin in Lauingen.
Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden