Liebe Leserinnen und Leser,
„Himmel, Herrgott, Sakrament, die gehen weg wie warme Semmel!“ Überrascht bin ich nicht. Schließlich sind die Eintrittskarten für den medienbekannten Pfarrer Rainer Maria Schießler gemeint, der im Oktober nach Dillingen kommt. Schießler schafft es stundenlang über Kirche mit Charme und Humor zu sprechen, in der von Langeweile keine Spur ist. Das ist umso bewundernswerter aufgrund der steigenden Anzahl der Menschen, für die Kirche kein Thema mehr ist.
Schießlers Persönlichkeit ist nicht kopierbar. Aber für alle Verantwortliche in der Kirche ist Schießler wie ein Polarstern, der eine klare Orientierung gibt, welchen Weg die Kirche in der Zukunft gehen muss. Vor allem zu Beginn des neuen kirchlichen Arbeitsjahres, in dem wieder Programme geschmiedet werden, ist es weise, einmal den Gründen nachzugehen, warum Pfarrer Schießler so anziehend wirkt. Schießler betont, dass er von Elmar Gruber geprägt sei. Gruber war geistlicher Begleiter, spiritueller Autor und Priester. Er vermittelte Schießler eine tiefe und froh machende Spiritualität. Schießler sieht sich nicht als Entertainer, der die Leute nur unterhalten will. Nein, er hofft auf mehr. Er will auf die unglaubliche Freude, die durch den Glauben ins Leben kommt, aufmerksam machen. Natürlich hofft Schießler, dass seine Worte nicht nur sternschnuppenartig kurz aufglühen, sondern wie Fixsterne nachhaltig wirken.
Aus einer erhofften Schmusewoche mit einem Mädchen wurde nichts
Auf den Spuren eines Akkus, der es ihm möglich macht, begeisternd vom Glauben zu erzählen, sind wir, wenn wir etwas aus seiner ersten Begegnung mit der spirituellen Gemeinschaft von Taizè in Frankreich erfahren. Schießler erzählt, wie er in seiner Jugendzeit zum ersten Mal nach Taizè kam. Er war zu dieser Zeit völlig verliebt in ein Mädchen, das sich dort angemeldet hatte. Schießler erzählt, dass aus seiner erhofften Schmusewoche nichts wurde. Es kam anders. Er fühlte sich in Taizè wie vom Blitz getroffen. Dort erfuhr eine neue Art des Betens und die Kraft der Stille, die ihn spüren ließ: „Du bist wertvoll“. Für Schießler gehört die Zeit der Stille und Gebets zum täglichen Brot, in der er sich bei Gott „anzapft“.
Für den Sozialwissenschaftler und Priester Tomáš Halík krankt die momentane Gestalt der Kirche. Wie Schießler sieht er, dass in der Kirche gewaltige neue Reformen notwendig sind. Strukturelle Änderungen allein werden nach Halík nicht genügen. Sondern es braucht dringend eine spirituelle Erneuerung. Die entscheidende Frage ist heute: Wie können wir Menschen in die Wahrnehmung der Gegenwart Gottes führen?
Ein Mainstream von Suchenden
Für Schießler muss die Freude des Evangeliums erfahrbar sein. Er erkennt eines der Zeichen der Zeit, auf die Halík hinweist. Halík spricht neben einer Vielzahl von Menschen, denen nichts fehlt, wenn Gott fehlt, von einem Mainstream von Suchenden, die Durst nach spirituellen Erfahrungen haben. Darauf muss die Kirche vorbereitet sein. Schießler kann hier aus dem Vollen nachschöpfen. Ein dauerhaftes „Anzapfen beim Schöpfer“ bringt das Herz zum „Überlaufen“.
Ihr
Alfred Hirsch, Gemeindereferent,
Pfarreiengemeinschaft Dillingen
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