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Villenbach: Vier Männer und ihre Wahnsinns-Wanderung

Villenbach

Vier Männer und ihre Wahnsinns-Wanderung

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    Gute Laune trotz Regen. Doch die Feuchtigkeit kriecht durch die Kleidung.
    Gute Laune trotz Regen. Doch die Feuchtigkeit kriecht durch die Kleidung.

    In der Nacht ist es am schlimmsten. Beim Marsch durch den dunklen Wald schmerzen die Muskeln. Der Regen hört nicht auf. Er hat die Wege gefährlich rutschig gemacht. Die Feuchtigkeit kriecht trotz Funktionskleidung bis auf die Haut. Die Wanderer mit ihren Stirnlampen auf dem Kopf stolpern und rutschen vorwärts. Jetzt nur nicht an Schlaf denken. Die vier Männer haben noch einen langen Weg vor sich.

    Die Etappe in der Nacht durch den Wald hat sich Stefan Geis besonders eingeprägt. Der 50-Jährige aus Villenbach ist einer von vier Männern, die am Samstag, 20. Juni, eine Wahnsinns-Wanderung unternommen haben. Gemeinsam mit Martin Baumeister (45) und Uli Moosmüller (50) aus Villenbach sowie Stefan Mayerböck (35) aus Hettlingen legten sie 100 Kilometer in 24 Stunden zurück. Sie wanderten dafür auf dem Fernwanderweg „Lueg ins Land“ von Türkheim bis nach Wertingen. Zum Vergleich: 100 Kilometer – so lang ist grob gerechnet die Strecke zwischen Wertingen und München. Extreme sportliche Herausforderungen sind weder für Geis noch für Baumeister oder Moosmüller etwas Neues. Geis nahm mit seinem Mountainbike beispielsweise schon an 24-Stunden-Rennen teil. Baumeister und Moosmüller sind neben Franz Hartl, der bei der Wanderung aber nicht dabei war, die Initiatoren von Skip& Crawl, einer Mischung aus Cross-, Hindernis und Matschlauf in Villenbach. Stefan Mayerböck ist dagegen für eine andere Leistung bekannt. Er ist im Organisationsteam der Vernichterparty in Hettlingen.

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    Aus einer Spaßidee wurde Ernst - 100 Kilometer wandern, an nur einem Tag

    Die ursprüngliche Idee für die 100-Kilometer-Wanderung stammt vom Mega-Marsch, der normalerweise von München nach Mittenwald führt. Dafür hatte sich ein Team von Skip&Crawl angemeldet. Doch die Villenbacher Kult-Veranstaltung fiel wegen Corona ins Wasser. So kamen Baumeister und Moosmüller auf die Idee, die Wanderung auf eine andere Art durchzuziehen. Ihren weiteren Mitstreiter Geis mussten sie nicht lange bitten. Dieser wiederum erzählte Mayerböck auf einer Faschingsparty davon, und so wurde aus einer Schnapsidee schließlich ernst. Ohne Vorbereitung ist so eine lange Wanderung nicht zu schaffen. Moosmüller schaute sich zuvor die Strecke an und radelte sie ab. Er notierte sich die wichtigsten Wegpunkte und organisierte die Tour. Außerdem liefen Moosmüller und Baumeister im Vorfeld Strecken bis zu 45 Kilometer. Geis hatte seine eigene Vorbereitung. Er stand beispielsweise um Mitternacht auf und wanderte die 32 Kilometer zu seiner Arbeitsstätte in Mertingen zu Fuß. Nur Mayerböck konnte sich nicht großartig vorbereiten. Das rächte sich. Geis berichtet: „Er hatte ab Kilometer 40 die ersten Blasen. Am Ende war ein Fußballen ganz offen. Als wir schließlich in Villenbach ankamen und die 100 Kilometer geschafft hatten, legte sich Mayerböck auf den Boden und ist nicht mehr aufgestanden. Wir mussten ihn dort abholen lassen.“ Geis zollt ihm Respekt: „Er war der größte Kämpfer von allen.“

    Die vier Wanderer hatten sich für ihren Marsch einen regnerischen Tag herausgesucht. Sie starteten um 8.25 Uhr in Türkheim. In Markt Wald legten sie eine Mittagspause ein. Geis orderte sogar noch einen Apfelstrudel als Nachspeise. Dies warfen ihm die Kameraden im Lauf der Wanderung noch scherzhaft vor, denn am Ende sollte das Quartett fast in Zeitnot geraten.

    Doch die Wanderung war nicht nur eine Strapaze. Ganz im Gegenteil. Das Quartett genoss die wunderschöne Gegend und so manche überraschende Gastfreundschaft. So hatten die Männer bei einem Regenguss Unterschlupf bei der Staudenbrauerei gesucht und erhielten dort gleich ein Bier.

    Am Ende mussten sie einen künstlichen Umweg laufen

    In Maria Vesperbild zündeten sie Kerzen an, ehe es in Richtung Dinkelscherben weiterging. Dort wartete am Bahnhof schon Verpflegung auf die hungrige Wandertruppe. Renate Moosmüller hatte mit ihrer Tochter Franziska Kartoffelsuppe mit Würstchen gekocht und diese den Wanderern gebracht. Mit im Gepäck hatten sie trockene Kleidung und Schuhe.

    Es folgte die schwierige Nachtetappe. Da der Untergrund im Wald zu rutschig war, wichen die Wanderer auf die alte Weldenbahntrasse aus. In der Nacht wurde es ruhiger, die Gespräche verstummten. Selbst Moosmüller erzählte keine Witze mehr. Das gemeinsame Gehen schweißte die Gruppe zusammen. Trotz alle Widrigkeiten, Schmerzen und Müdigkeit gab es keinen Streit. „Das hat mich am meisten gefreut. Wir haben als Gruppe einfach gut zusammengepasst und uns bei der Wanderung viel besser kennengelernt“, so Geis.

    Die vier Extrem-Wanderer Stefan Geis, Martin Baumeister, Uli Moosmüller und Stefan Mayerböck (von links) werden in Villenbach mit einem Transparent empfangen.
    Die vier Extrem-Wanderer Stefan Geis, Martin Baumeister, Uli Moosmüller und Stefan Mayerböck (von links) werden in Villenbach mit einem Transparent empfangen.

    Bei Adelsried wurde es langsam heller, den Sonnenaufgang sahen sie auf Höhe des Lerchenbergs, ehe es nach Rischgau ging. Die Männer hatten das Ziel quasi schon vor Augen. Doch sie mussten einen Umweg über Zusamaltheim machen. „Wir brauchten noch Kilometer“, berichtet Geis. Am Ortseingang von Villenbach auf Höhe des Sportheims hatten es die Sportler geschafft. Es war genau 7.48 Uhr. „Hinten hinaus wurde es noch einmal richtig eng“, meint Geis. Im Ort selbst wurden die vier von ihren Frauen begrüßt, die extra ein Plakat gemalt hatten. Auch Nachbarn kamen, um die tapferen Wanderer zu beglückwünschen. Geis kann sich vorstellen, die Wanderung im nächsten Jahr zu wiederholen. Seine Mitstreiter zögern noch. „Wir müssen das ja nicht gleich wieder machen“, sagen sie.

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