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Unterringingen: Sorge um älteren Mann: Postbotin zeigt, wie wichtig Hinschauen ist

Unterringingen

Sorge um älteren Mann: Postbotin zeigt, wie wichtig Hinschauen ist

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    Weil ein Mann sein Paket nicht wie üblich geholt hat, ist eine Postbotin in Unterriningen stutzig geworden.
    Weil ein Mann sein Paket nicht wie üblich geholt hat, ist eine Postbotin in Unterriningen stutzig geworden. Foto: Matthias Becker (Symbolbild)

    Viele Kontakte, die man im Alltag hat, müssen schnell gehen. An der Kasse müssen nach hektischem Piepen Kundinnen und Kunden eilig ihre Einkäufe in die Tasche stopfen, ein Schwätzchen mit dem Busfahrer bleibt bei vielen auf der Strecke und der Paketbote ist meist schon wieder halb aus der Haustür draußen, ehe man seine Unterschrift auf das Empfangsgerät gekrakelt hat. Dass es auch anders geht, zeigt eine Zustellerin aus dem Donau-Ries-Kreis. 

    Aufmerksam gemacht auf die Geschichte hat uns unser Leser Martin Wirth. Er schreibt uns: "Klagen über zunehmende 'Soziale Gleichgültigkeit' gegenüber Mitmenschen gehören fast schon zur Tagesordnung." Leider bestätigten viele Tagesmeldungen, egal ob im Fernsehen oder in der Zeitung, diese Entwicklung. Damit täusche der Eindruck vieler Pessimisten oftmals nicht. Zu wenig Menschen achten aufeinander, so Wirths Eindruck. "Doch es geht auch anders", schreibt er uns und berichtet von Tamara Winkler, die hingeschaut und auf ihr Bauchgefühl gehört habe. 

    Paket bleibt vor der Tür liegen: "Ich wurde sofort misstrauisch"

    Doch der Reihe nach. Tamara Winkler kommt aus Fessenheim im Kreis Donau-Ries. Seit gut acht Monaten liefert sie Pakete und Briefe aus. Ihr Gebiet reiche von Wemding bis ins Kesseltal hinein, berichtet die 31-Jährige im Gespräch mit unserer Redaktion. Ihre Tour führt sie auch nach Unterringingen, einem Gemeindeteil von Bissingen. Dort liefert sie auch immer wieder Briefe und Päckchen an einen älteren Herrn Anfang 70. Auch kurz vor Weihnachten wieder. Als sie klingelt, macht jedoch niemand auf. Winkler stellt das Paket also vor seine Haustür. 

    Einen Tag später stand das Paket jedoch noch unberührt da. „Ich wurde sofort misstrauisch", sagt Winkler. Das Verhalten sei sehr untypisch für den Herrn gewesen. "Er hat jeden Tag auf die Post gewartet und die Tür geöffnet." Winkler hat ein ungutes Gefühl und verständigt die Polizei. 

    Das Schwätzchen mit der Zustellerin ist ein Fixpunkt des Tages

    Die verschafft sich Zutritt zur Wohnung. Leider kam für den Mann jede Hilfe zu spät, er war in seiner Wohnung verstorben. "Das hat mich schon sehr getroffen", sagt Winkler. Sie habe, seit sie als Zustellerin arbeite, immer wieder kurze Gespräche mit dem alleinstehenden Herrn geführt. "Er war ein sehr freundlicher und hilfsbereiter Mensch, der immer gern reden wollte." Der Tod seiner Frau habe ihn und seinen Alltag tief erschüttert, so Winklers Eindruck. Er habe sich sehr in sich selbst zurückgezogen. Viele Kontakte habe der Mann im Dorf nicht gehabt. "Er hat hier keinen Anschluss gefunden", so Winkler. Das Schwätzchen mit der Postbotin wird da zum Fixpunkt im Tagesablauf. Und noch etwas habe den Mann aufgebaut: Das Vögelfüttern und seine zwei Katzen. Die seien ihm heilig gewesen. 

    Katzen werden vor Ort weiterversorgt

    Für die Zustellerin war deshalb nach der Todesnachricht vor allem wichtig, dass die Tiere versorgt sind. Winkler hat selbst Katzen und ist im Tierschutz aktiv. Da habe sie das Schicksal der beiden Katzen natürlich nicht kaltgelassen. Eine Lösung musste also her. Natürlich sei der erste Plan das Tierheim gewesen, doch schließlich habe man sich entschieden, die Tiere zunächst in ihrer gewohnten Umgebung zu lassen. Ehrenamtliche einer Tierschutzorganisation kämen regelmäßig vorbei, um sich um die Katzen zu kümmern. 

    So traurig ein solcher Fall auch ist, für die Behörden ist es zunächst ein Fall, der abgearbeitet werden muss. Mögliche Erben und Hinterbliebene müssen gesucht, die Bestattung geklärt werden. All das sei inzwischen passiert, berichtet Winkler. 

    Für Tamara Winkler gehört es dazu, aufmerksam auf ihre Umwelt zu achten, wie sie sagt. Etwa wenn eine ältere Dame drei Tage lang den Briefkasten nicht leert oder ein Nachbar seinen Rollladen mehrere Tage nicht aufzieht. "Ich rede eben mit den Leuten, man muss sich die Zeit dafür aber auch nehmen." Viele Kollegen versuchten, alles möglichst schnell abzuarbeiten. Denn wer alle Briefe und Pakete verteilt hat, hat Feierabend. 

    Unser Leser Martin Wirth ist beeindruckt von Winklers Engagement. Auch wenn man dem Mann nicht mehr habe helfen können, durch das umsichtige Handeln "konnten für den Verstorbenen die weiteren Schritte eingeleitet werden", schreibt Wirth und fügt hinzu: Die Geschichte sollte uns allen lehren: „Offene Augen, Bauchgefühl und Intuition“ gehören zur Tagesordnung. Für jeden. (mit wm) 

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