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Syrgenstein/Berlin: Syrgensteins Bürgermeisterin kämpft in Berlin für „Mitmach-Seniorenheime“

Syrgenstein/Berlin

Syrgensteins Bürgermeisterin kämpft in Berlin für „Mitmach-Seniorenheime“

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    Projekte für Mitmach-Seniorenheime sollen im Landkreis auch in Syrgenstein, Bachhagel und Buttenwiesen umgesetzt werden. Dafür fehlt allerdings noch die gesetzliche Grundlage.
    Projekte für Mitmach-Seniorenheime sollen im Landkreis auch in Syrgenstein, Bachhagel und Buttenwiesen umgesetzt werden. Dafür fehlt allerdings noch die gesetzliche Grundlage. Foto: Sina Schuldt, dpa (Symbolbild)

    Dieser Termin war für Bürgermeisterin Mirjam Steiner außergewöhnlich. Die Syrgensteiner Rathauschefin absolvierte in diesen Tagen erstmals eine Dienstreise nach Berlin. „Eigentlich hätte ich auch einen anderen wichtigen Termin wahrnehmen sollen“, sagt die 45-Jährige. Aber Steiner entschied sich, an einem Parlamentarischen Frühstück mit mehreren Abgeordneten und Bürgermeistern in der Bundeshauptstadt teilzunehmen. Dort ging es um die Einrichtung weiterer „stambulanter“ Einrichtungen für Senioren und Seniorinnen. „Dies wäre wirklich notwendig und sinnvoll“, betont die SPD-Politikerin.

    Steiner schwärmt vom Stambulant-Modell in höchsten Tönen. „Dies wäre ein Gewinn für alle Beteiligten – die Senioren, die Angehörigen und die Pflegenden“, sagt die Bürgermeisterin. Stambulant ist ein Versorgungsmodell der Benevit-Gruppe, die im Landkreis zwei Seniorenheime betreibt. Das Modell wird seit acht Jahren in einem Seniorenheim in Baden-Württemberg erprobt. Dabei werden Elemente von stationärer und ambulanter Altenpflege kombiniert.

    Die Bewohner leben nach Angaben der Benevit-Gruppe in einer Hausgemeinschaft, die zwar nach stationären Vorgaben ausgestattet ist, aber nicht wie ein klassisches Pflegeheim funktioniert. „Stambulant ist ein Mitmach-Pflegeheim: Nicht nur die Bewohner werden hier aktiv in die Alltagsgestaltung einbezogen, auch die Angehörigen können Aufgaben übernehmen wie die Zimmerreinigung. Sie können für ihre Angehörigen da sein, Zeit mit ihnen verbringen und gleichzeitig damit den Eigenbeitrag um bis zu 1000 Euro im Monat senken“, heißt es in einer Pressemitteilung der Gruppe. Dies wiederum entlaste die Fachkräfte und ermögliche Kostensenkungen für Kassen, Kommunen und Bewohner. Allerdings fehlt die Finanzierung aus der Pflegekasse, also die Aufnahme dieser Mischwohnform für Senioren als gesetzliche Leistung.

    Syrgensteins Bürgermeisterin Mirjam Steiner reiste zu einem Parlamentarischen Frühstück nach Berlin.
    Syrgensteins Bürgermeisterin Mirjam Steiner reiste zu einem Parlamentarischen Frühstück nach Berlin. Foto: M. Steiner

    Zu einem Parlamentarischen Frühstück zu diesem Thema hatten nun die Bundestagsabgeordneten Johannes Fechner (SPD) und Yannick Bury (CDU) geladen. Neben Experten, unter anderem des Bundesgesundheitsministeriums, und Politikern war auch der Inhaber der Benevit-Gruppe, Kaspar Pfister, vor Ort. Alle Beteiligten seien sich laut Pressemitteilung parteiübergreifend einig gewesen, dass die stambulante Versorgung „ein überzeugendes Modell“ sei, „das einen wichtigen Beitrag zur Lösung der aktuellen Krise in der Altenpflege leistet“. Es soll im Rahmen des Pflegekompetenzgesetzes als Regelleistung der Pflegekassen in das Sozialgesetzbuch aufgenommen werden. Nach dem Aus der Ampel gibt es allerdings Zweifel, dass das Gesetz noch in dieser Legislaturperiode kommt. Spitzenverbände aus der Altenpflege wollen das Modellprojekt zudem nach Informationen unserer Redaktion erneut prüfen lassen. Für eine gesetzliche Verankerung des Stambulant-Modells müsse noch nachgebessert werden, meinte auch Unionspolitiker Bury.

    Beim Parlamentarischen Frühstück in Berlin: (von links) Annika Lange (Bundesgesundheitsministerium), Bundestagsabgeordneter Christoph Schmid,  Bürgermeisterin Mirjam Steiner, die Abgeordneten Johannes Fechner (SPD) und  Kordula Schulz-Asche (Grüne) sowie Benevit-Geschäftsführer Kaspar Pfister.
    Beim Parlamentarischen Frühstück in Berlin: (von links) Annika Lange (Bundesgesundheitsministerium), Bundestagsabgeordneter Christoph Schmid, Bürgermeisterin Mirjam Steiner, die Abgeordneten Johannes Fechner (SPD) und Kordula Schulz-Asche (Grüne) sowie Benevit-Geschäftsführer Kaspar Pfister. Foto: Büro Fechner/Weber

    Der nordschwäbische Bundestagsabgeordnete Christoph Schmid nahm ebenfalls an dem Treffen teil. Er wisse von den Gesundheitsexperten der SPD-Bundestagsfraktion, „dass sich wohl sämtliche leistungserbringenden Verbände und Kostenträger gegen diesen Weg aussprechen, da unter anderem unklare Abrechnungsstrukturen befürchtet werden“. Es müsse ein Spagat gelingen zwischen der Flexibilität für Bewohner, pflegende Angehörige und Pflegepersonal einerseits und der Wahrung gewisser Mindeststandards und der Absicherung für das Pflegepersonal andererseits, erläutert Schmid auf Anfrage. Der SPD-Politiker warnt von einer „überbordenden Bürokratie“, die an der Schnittstelle von privater und professioneller Versorgung entstehen könnte. Deshalb müsse die Sache noch abgewogen werden.

    Unternehmer Pfister: „Wenn nichts geschieht, dann muss ich die Reißleine ziehen“

    Familienunternehmer Pfister dankte für den konstruktiven Austausch und den Zuspruch für das Modell. „Aber das wird nicht reichen, um das Mitmach-Pflegeheim zu retten. Wenn nichts geschieht, dann muss ich die Reißleine ziehen“, kündigte Pfister an. Stambulant habe sich in den vergangenen acht Jahren bewährt, betont der Unternehmer. „Wenn wir bewährte Innovationen zu Tode prüfen und verschleppen, dann werden wir die Krise der Altenpflege nicht bewältigen“, glaubt Pfister.

    Das Aus würde im Landkreis Dillingen auch die Kommunen Buttenwiesen, Bachhagel und Syrgenstein treffen, die mit der Benevit-Gruppe ein neues Angebot für Senioren und Angehörige schaffen wollen. In Syrgenstein, so Mirjam Steiner, betreibt Benevit seit 2017 ein Seniorenheim. Für die stambulante Versorgung sollen neue Wohnungen gebaut werden. Das Grundstück dafür stehe zur Verfügung. Allein in Syrgenstein würden dabei mehrere Millionen Euro investiert, erläutert die 45-Jährige.

    Bei Benevit lägen gegenwärtig Projekte mit einer Investitionssumme von etwa 100 Millionen Euro auf Eis. 27 Bürgermeister kämpfen Steiners Worten zufolge darum, dass die stambulante Versorgung gesetzlich als Regelleistung etabliert wird. Das Bundesgesundheitsministerium soll nun auf Bitten der Politiker einen Weg aufzeigen, wie das Projekt umgesetzt werden kann.

    In Buttenwiesen ist ein Seniorenhaus für 60 Menschen geplant

    Darauf hofft auch Buttenwiesens Bürgermeister Hans Kaltner. Der CSU-Politiker war mit Kaspar Pfister vor einem Monat in Hannover und hat dort einen Vortrag gehalten, wie Kommunen die stambulante Versorgung umsetzen wollen. Die Benevit-Gruppe hat in Buttenwiesen ein Grundstück gekauft. Dort soll ein Seniorenhaus mit vier Wohngruppen für maximal 60 Menschen entstehen. „Das ist wirklich ein toller Ansatz“, sagt Kaltner. Dem Rathauschef gefällt besonders, dass sich hier Angehörige bei der Versorgung der Senioren einbringen können – etwa beim Reichen von Essen, dem Spaziergehen oder Duschen. Wie Steiner hofft auch Kaltner auf einen Durchbruch bei der gesetzlichen Verankerung der stambulanten Versorgung. Der Buttenwiesener Rathauschef sagt: „Es ist ärgerlich, dass die Politik so lange braucht, um dies umzusetzen.“

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