Berlin, München, Köln – insgesamt drei Millionenstädte sind mit Vereinen in der Fußball-Bundesliga vertreten. Dass unter den 18 Top-Klubs auch ein Dorfverein mitspielt, das wird oft vergessen. Bei Sebastian Schulz aus Wertingen ist dies keineswegs der Fall: Seit seinem 19. Lebensjahr ist der inzwischen 33-Jährige Anhänger der TSG Hoffenheim. „Hurra!!! Hurra!!! ... das ganze Dorf ist da!!!“ steht auf seinem blauen Fanschal, den der Handelsfachwirt immer dann aus dem Schrank holt, wenn der Dorfklub beim FC Augsburg gastiert. Dann macht Sebastian Schulz den Auftritt seines Lieblingsklubs in der WWK-Arena zu seinem ganz persönlichen Heimspiel. Bis 2012 war dies freilich noch ganz anders. Da lebte Schulz noch in Weiler im Landkreis Rhein-Neckar, sechs Kilometer entfernt von Sinsheim. Dort, wo die TSG Hoffenheim seit dem 9. Januar 2009 ihre Bundesliga-Heimspiele austrägt. Bei der Stadioneinweihung in der 36000 Einwohner zählenden Kleinstadt war Schulz mitten drin, statt nur dabei. Vom 3:0-Sieg gegen Energie Cottbus schwärmt der Wahl-Wertinger noch heute.
Ehe es für Hoffenheim in die knapp über 30.000 Zuschauer fassende Arena in Sinsheim ging, spielte die TSG im eigenen Dorf, im nach ihrem Hauptsponsor benannten Dietmar-Hopp-Stadion. Gerade einmal 6000 Zuschauer passten da rein. Immerhin fast doppelt so viele Fans, wie das kleine Hoffenheim Einwohner (3300) zählt. Am letzten Spieltag der Saison 2007/2008 empfing die TSG in der 2. Bundesliga die SpVgg Greuther Fürth. 5:0 gewann das Team von Trainer Ralf Rangnick – der Bundesliga-Aufstieg des Dorfvereins war perfekt. Sebastian Schulz war Augenzeuge an diesem denkwürdigen Nachmittag für das Team aus dem Kraichgau. Der junge Mann aus Weiler war so begeistert, dass er sich fünf Jahre lang eine Dauerkarte für die Heimspiele der TSG Hoffenheim kaufte. Als Neuling in der Bundesliga spielten die Badener eine herausragende Vorrunde, die mit dem Gewinn der inoffiziellen Herbstmeisterschaft endete.
Der Rest der Familie ist FCB-Fan
Am letzten Spieltag stand „Hoffe“ auf Rang sieben in der Tabelle. „Eine starke Platzierung“, schwärmt Schulz noch heute. Doch es sollte noch besser werden: Unter Trainer Julian Nagelsmann wurde Hoffenheim in der Saison 2017/18 Dritter, der Dorfklub zog erstmals in die Champions League ein.
Zu diesem Zeitpunkt lebte Schulz bereits sechs Jahre im Zusamtal. Zunächst gemeinsam mit seiner Freundin und späteren Frau Kathrin in Binswangen, seit 2018 im Eigenheim in Wertingen. Der Liebe wegen zog er nach Bayerisch-Schwaben. Sein Schwiegervater Helmut Gumpp war einst Torjäger und Kapitän beim TSV Wertingen, Schwager Daniel jagt seit vielen Jahren beim TSV Unterthürheim dem runden Leder hinterher. Schulz selbst steht meistens im Tor der Zweiten Mannschaft des TSV Binswangen, ab und zu darf er auch in der „Ersten“ bei den Gelb-Schwarzen ran.
Angesichts des Spiels gegen Freiburg ist er optimistisch
Klar, dass bei so viel Fußball-Kompetenz im Umfeld der Familien Schulz und Gumpp zwischendurch mal gestichelt wird. Zumal Ehefrau Kathrin, Schwiegervater Helmut und Schwager Daniel allesamt Anhänger des FC Bayern München sind. Beim letzten Aufeinandertreffen zwischen dem deutschen Rekordmeister und der TSG Hoffenheim konnte Sebastian Schulz genüsslich zurücksticheln. 4:1 gewann sein Lieblingsklub unter dem neuen Trainer Sebastian Hoeneß in der laufenden Bundesliga-Saison das Hinspiel und fügte dem aktuellen Champions League-Sieger die einzige Niederlage im Kalenderjahr 2020 zu. Siege gegen den großen FC Bayern München genießen Hoffenheimer Fans natürlich ausgiebig. Doch noch mehr freuen sich die TSG-Anhänger, wenn ihr Team gegen Borussia Dortmund gewinnt. Seit BVB-Anhänger Dietmar Hopp im Stadion verbal beleidigten und ihn mit seinem Konterfei auf einem Plakat sogar ins Fadenkreuz genommen haben, hat auch Sebastian Schulz nichts mehr übrig für die den Klub aus dem Ruhrgebiet.
Am Samstag empfängt die TSG Hoffenheim zu Hause den SC Freiburg. Sebastian Schulz ist optimistisch und glaubt, dass sein Lieblingsklub das württembergische Derby mit 3:1 gewinnen wird.
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