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Fußball: Nachgefragt im Kreis Dillingen: Rollt bei den Amateuren der Rubel?

Fußball

Nachgefragt im Kreis Dillingen: Rollt bei den Amateuren der Rubel?

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    Wenn Fußballer um den Ball rangeln, fließt nicht nur bei den Profis Geld. Rund eine Milliarde Euro soll laut den Recherchen einer ARD-Dokumentation jährlich in den Taschen von Amateurfußballern landen. Etwa die Hälfte davon als Schwarzgeld.
    Wenn Fußballer um den Ball rangeln, fließt nicht nur bei den Profis Geld. Rund eine Milliarde Euro soll laut den Recherchen einer ARD-Dokumentation jährlich in den Taschen von Amateurfußballern landen. Etwa die Hälfte davon als Schwarzgeld. Foto: dpa (Symbolbild)

    Eine Steuer-Razzia durch das Finanzamt ist ein Horror-Szenario, das sich keine Firma, aber auch kein Sportverein wünscht. Einige negative Schlagzeilen in den vergangenen Jahren haben auch bei Verantwortlichen schwäbischer Klubs für Angstschweiß gesorgt. Nicht bezahlte Sozialabgaben – vor allem für Amateurfußballer, die Gelder erhalten haben – standen auf der „Anklageschrift“.

    Reschnauer
    Reschnauer Foto: Aumiller (Archiv)

    Die kürzlich in der ARD ausgestrahlte Dokumentation „Milliardenspiel Amateurfußball – wenn das Geld im Umschlag kommt“ hat für Aufsehen gesorgt. Basierend auf einer Online-Befragung unter mehr als 10.000 Amateurfußballern ermittelte ein Recherche-Team um den als Doping-Aufklärer bekannt gewordenen Hajo Seppelt, dass in Deutschland rund eine Milliarde Euro pro Saison in die Taschen von Amateurfußballern fließen. Bei etwa der Hälfte davon soll es sich um Schwarzgeld handeln.

    3000 Euro im Monat für Übungsleiter

    Dass Geld im Amateurfußball nicht erst seit gestern eine Rolle spielt, ist seit Jahren ein offenes Geheimnis. Und grundsätzlich ein äußerst heikles Thema. Redegewandte Funktionäre werden da plötzlich äußerst wortkarg. „Ein Thema, bei dem viel gelogen wird. Unter anderem, weil das Finanzamt ja immer mitliest“, sagt einer. Keinesfalls werden irgendwelche Summen genannt. „Wenn man etwas sagt, glaubt es ja eh keiner“, meint ein anderer. Gängige Praxis ist es durchaus, dass die steuerfreie Übungsleiterpauschale (250 Euro/Monat, maximal 3000 Euro/Jahr) in Anspruch genommen wird. Deshalb hat sich gerade auch in kleineren Vereinen in den letzten Jahren auch die Anzahl der kickenden Co-Trainer erhöht. So spricht man auch von „verkappten Spielergehältern“. Auch in der Region herrscht keine Fußball-Romantik. Es wird bezahlt, aber alles ordnungsgemäß, wie die Verantwortlichen beteuern.

    In Gundelfingen verdient sich keiner eine "goldene Nase"

    Der FC Gundelfingen als derzeitiger Bayernligist ist seit Jahren das Fußball-Aushängeschild im Landkreis Dillingen. Eine „goldene Nase“ kann man sich bei den Grün-Weißen als Amateurkicker allerdings nicht verdienen, wie Schriftführer und Pressewart Walter Brugger versichert: „Der gesamte Jahresetat der Fußball-Abteilung beläuft sich auf 120.000 Euro“, so der FCG-Funktionär. Davon müssen alle Übungsleiter – auch die beim Nachwuchs – entschädigt werden. Hinzu kommen sämtliche Schiedsrichter-Ausgaben und die Fahrtkosten mit dem Bus zu den Auswärtsspielen. Da derzeit insgesamt acht Spieler mit einem Amateurvertrag beim FC Gundelfingen ausgestattet sind, müsse eine bestimmte Summe an die Bundesknappschaft überwiesen werden. Pro Monat sind dies 75 Euro pro Spieler. Bargeld, so Brugger, gibt es natürlich keines. „Alle Zahlungen laufen über den Hauptverein, die Buchführung wurde einem Steuerbüro übertragen. Die restlichen Spieler, das verrät der sportliche Leiter der Gundelfinger, Stefan Kerle, erhalten eine kleine Aufwandsentschädigung für Training und Spieleinsätze. Über die Höhe möchte Kerle allerdings nichts sagen. Dass für die Spieler ein kleiner Fahrtkostenzuschuss zu den Trainingseinheiten und für die Anreise zu den Heimbegegnungen gewährt wird, das sei normal.

    Beim Bezirksligisten TSV Wertingen hat man sich laut Christoph Krebs ein anderes Modell für Aufwandsentschädigungen ausgedacht. „Bei uns gibt es eine Punkteprämie“, verrät der Abteilungsleiter Diese sei derzeit mit zehn Euro pro Zähler angesetzt und erhält jeder, der bei einem Bezirksligaspiel im Kader steht. Zwischendurch gebe es auch mal einen Zuschuss zum Kauf neuer Fußballschuhe. Die Trainingsklamotten, so Krebs, werden vom Verein gestellt. Zwischen 80.000 und 90.000 Euro beträgt die jährliche Summe, um den Spielbetrieb aufrecht erhalten zu können.

    Das meiste Geld komme vom Förderverein des TSV Wertingen. Davon werden beide Übungsleiter im Seniorenbereich sowie insgesamt sechs Trainer der Wertinger Fußball-Akademie entschädigt. Die meisten erhalten ihre „Kohle“ über eine Minijob-Regelung. Auch Roman Artes für seinen Job als Sportleiter. Derzeit fungiert Artes auch als Interimscoach der ersten Mannschaft. Abgaben für Spieler mit Amateurvertrag haben die Wertinger derzeit keine. Jeder Euro, der ausgegeben werde, so Krebs, werde über ein Steuerbüro dokumentiert. „Keiner kann es sich in der heutigen Zeit erlauben, irgendwelche Schwarzgelder zu bezahlen“, betont der 47-Jährige. Dies sei vor zwei Jahrzehnten, als er noch selbst aktiver Spieler war, nicht immer so gewesen.

    „Wenn ich jetzt sagen würde, die Spieler bekommen nichts, würde ich mich verdächtig machen“, lacht Torsten Vrazic, der Fußball-Boss des TSV Meitingen. Beim Bezirksligisten haben alle Spieler einen Vertrag mit dem Verein, in dem Aufwandsentschädigungen und Prämien festgehalten sind. „Im Rahmen eines Minijobs, aber nicht in dieser Höhe“, verrät Vrazic.

    Dazu kämen Fahrgeld zum Training und zum Spiel. Lediglich ein Spieler hat einen Amateurvertrag. Das habe man seinerzeit nur wegen der Ablösesystematik gemacht, erklärt Vrazic. Klar: Ansonsten kommen diese Art von Verträgen den Vereinen viel zu teuer, da in diesem Fall auch Beiträge zur Knappschaft und zur Berufsgenossenschaft entrichtet werden müssen. „Wir haben nichts zu verbergen. Beim TSV Meitingen läuft alles offiziell, damit für alle Beteiligten Sicherheit besteht“, versichert Torsten Vrazic: „Gerade nach den Vorfällen in Aindling, Gersthofen und sonst wo anders versuchen wir, alles richtig zu machen.“

    Nicht geht ohne Rechnung und Quittung

    „Gar nichts“ hält der Vorsitzende der SSV Dillingen, Christoph Nowak, vom Verantwortlichen der ARD-Reportage, Investigativjournalist Hajo Seppelt. Dieser sei wegen seiner oftmals tendenziösen Berichterstattung schon oft in der Kritik gestanden. Seine pauschalen Vorwürfe an den Amateurfußball hält Nowak für weitestgehend verfehlt: „Die Zeiten, wo ein Verein vom Bäcker Müller oder Schlosser Meier Schwarzgeld im Unschlag bekommen hat, um einen Spieler zu bezahlen, sind, bis auf wahrscheinlich ein paar Einzelfälle, längst vorbei. Wir bei der SSV bekommen und nehmen nicht einen Cent von unsere Sponsoren ohne entsprechende Rechnungsstellung oder Spendenquittung. Um überhaupt „schwarz“ bezahlen zu können, muss ja man erstmal das dafür notwendige Geld haben, woher soll es denn kommen?“

    Bei der SSV läuft der finanzielle Bereich komplett über eine professionelle Steuerberatung, für die vom Klub im abgelaufenen Jahr 2021 ein mittlerer vierstelliger Betrag aufgewendet wurde. Alle Sozialversicherungs-Betriebsprüfungen verliefen während Nowaks nun schon fast zehnjähriger Amtszeit vollkommen beanstandungsfrei. Seppelt habe dem Amateurfußball und dem immer schwieriger werdenden Ehrenamt einen Bärendienst erwiesen. Bei der SSV werden die Angehörigen des Trainerteams der „Ersten“ im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben vergütet.

    In Kicklingen gibt es nur "realen Spritkosten"

    Dies ist beim Stadtrivalen SV Kicklingen-Fristingen nicht anders, wie Sportleiter Peter Reschnauer erklärt. Der Hauptverein erstatte die Aufwandsentschädigungen für die drei Übungsleiter Florian Prießnitz (1. Mannschaft), Jonas Manier (Co-Trainer) und Tobias Fuchsluger („Zweite“). Außerdem werde an auswärtige Spieler ein kleines Fahrgeld bezahlt. Allerdings nicht die üblichen 30 Cent pro Kilometer, sondern lediglich die „realen Spritkosten“, so Reschnauer.

    Da kämen pro Jahr maximal 100 Euro für einen Akteur zusammen. Viele auswärtige Spieler habe man aber nicht. Punkte- oder Auflaufprämien könne man sich als kleiner Dorfverein nicht leisten. Einmal im Jahr gibt es aus der Vereinskasse für die Mannschaftskasse allerdings einen Zuschuss im mittleren dreistelligen Euro-Bereich. „Damit können die Jungs ein ‘Festle´ feiern oder einen Ausflug machen“, lacht der Sportleiter. Auch auf die Frage, ob er in seiner Zeit als aktiver Spieler nie Bares bekommen habe? „Vielleicht waren die Zeiten damals noch etwas anders“, sinniert der 53-Jährige.

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