Immer wenn unter den Fußball-Fans im süddeutschen Raum von den „Löwen“ die Rede ist, dann ist damit der TSV 1860 München gemeint. Doch mit dem Traditionsverein aus der bayerischen Landeshauptstadt hat Christian Müller eher weniger am Hut. „Meine Löwen sind die Eintrachtler aus Braunschweig“, lacht der 70-Jährige. Der dreifache Vater und neunfache Opa ist seit seinem zwölften Lebensjahr Anhänger des Bundesliga-Gründungsmitglieds (1963) und wird dies auch immer bleiben. Selbst als der in Braunschweig aufgewachsene junge Bub mit 14 Jahren nach Siegsdorf in Oberbayern kam, änderte sich daran nichts. Müller spielte im Heimatort von Skispringer Markus Eisenbichler in der Jugend des TSV Siegsdorf und war dabei einmal sogar direkter Gegenspieler von Paul Breitner, der beim ESV Freilassing spielte.
Jener Breitner, der in der Saison 1977/78 von Real Madrid zu Eintracht Braunschweig wechselte und in dieser Zeit bei den Heimspielen der „Löwen“ von Christian Müller angefeuert wurde. Der ehemalige Fahrdienstleiter am Bahnhof in Höchstädt und jetzige Rentner fuhr damals früh am Morgen oft mit dem Zug von Donauwörth in die zweitgrößte Stadt nach Niedersachsen und nach dem Spiel auch gleich wieder zurück. Seit 1977 wohnt Müller im Eigenheim im Buttenwiesener Ortsteil Lauterbach. Einige Hunderte Zugfahrten sind seit dieser Zeit für ihn bis heute zusammengekommen. Wann er sich das nächste Mal mit der Bahn wieder in vier Stunden von Donauwörth über Göttingen nach Braunschweig bringen lässt, kann er aufgrund der Corona-Pandemie nicht einschätzen. Am liebsten würde Christian Müller die Eintracht noch in dieser Saison durch seine Anwesenheit im Stadion an der Hamburger Straße unterstützen, denn unter Trainer Daniel Meyer kämpft der Zweitliga-Aufsteiger voll gegen den Abstieg. Sollte es gar wieder in die dritte Liga runtergehen, für Müller wäre dies kein Grund, seiner geliebten Eintracht den Rücken zu kehren. „Ich habe schon einige Abstiege verdaut“, verweist er auf die lange Historie des 1895 gegründeten Klubs.
Müller: Ulsaß war ein Vater des Erfolgs
Blickt der Lauterbacher in die Geschichtsbücher der Braunschweiger, dann kommt er an der Saison 1966/67 nicht vorbei. Sensationell wurden die Niedersachsen als graue Maus aus dem Zonenrandgebiet in diesem Jahr Deutscher Meister. Vater des Erfolges, so Christian Müller, war Trainer Helmuth Johannsen, Führungsspieler war ein gewisser Lothar Ulsaß. Die größte Hürde auf dem Weg zum Titel nahmen die Braunschweiger Löwen beim 1:0-Heimsieg im Januar ‘67 gegen den amtierenden Deutschen Meister TSV 1860 München. Nicht nur die „Sechziger“ konnten die Gelb-Blauen in dieser Wahnsinnssaison schlagen, „gegen Bayern München gab es vor 38000 Zuschauern einen 5:2-Erfolg“, erinnert sich Müller. Als die Meisterschaft perfekt war, ging es in elf weißen Käfer Cabrios im Triumphzug durch die ganze Stadt. „Und ich war als 17-Jähriger damals mit dabei“, bekommt Christian Müller noch heute glänzende Augen, wenn er davon erzählt. Zehn Jahre später verpasste die Eintracht nur um einen einzigen Punkt die zweite Meisterschaft in der Bundesliga. Spieler wie Heinz Handschuh, Bernd Franke (Nationaltorhüter nach Sepp Maier), Danilo Popivoda, Wolfgang Frank und Bernd Gersdorff hatte Trainer Branko Zebec zu Höchstleistungen getrieben.
Begegnungen prägten den Lauterbacher
Geprägt haben Christian Müller, der von 1993 bis 200 Jugendtrainer beim TSV Lauterbach war, zahlreiche Begegnungen mit Trainern und Spielern. Zum ehemaligen Torhüter Uwe Hain, der immer Trikots und Eintrittskarten besorgte, hat er noch heute einen guten Kontakt. In seiner Freizeit geht der etwas andere Löwen-Fan unter anderem gerne zum Skifahren und Langlaufen, besucht Turnwettkämpfe des TSV Buttenwiesen in der 2. Bundesliga und schaut was, die Kleinkunstbühne Lauterbach zu bieten hat.
Fan-Tipp: Am Samstag kommt es zum Niedersachsen-Derby gegen das auswärtsschwache Team von Hannover 96. „Die Eintracht gewinnt 2:0“, setzt Christian Müller auf seine Braunschweiger Löwen.
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