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Sport-Interview: „Ist die Hemmschwelle durchbrochen, wird es heftig“

Sport-Interview

„Ist die Hemmschwelle durchbrochen, wird es heftig“

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    „Ist die Hemmschwelle durchbrochen, wird es heftig“
    „Ist die Hemmschwelle durchbrochen, wird es heftig“

    Hallo Frau Hüttmann, wie wollen Sie eigentlich offiziell angesprochen werden: Obmännin, Obmann oder Obfrau?

    Ganz klar als Obmann. Ich vergleiche diesen Titel immer mit einem Dienstgrad bei der Bundeswehr. Dort ist und bleibt ein Hauptmann ein Hauptmann, egal ob Mann oder Frau.

    Wie fühlt man sich als Frau in der Männer-Domäne Fußball-Schiedsrichter?

    Die Männer gehen wirklich gut mit mir um. Als ich mit 15 Jahren zu pfeifen angefangen habe, war ich aber froh, dass mit Irmgard Demeter aus Unterthürheim bereits eine zweite Schiedsrichterin zur Gruppe gehörte. Sie war all die Jahre eine wichtige Mitstreiterin für mich. Jetzt fühle ich mich unter den männlichen Kollegen bestens aufgehoben.

    Damals wart ihr zu zweit, wie viele Schiedsrichterinnen gehören jetzt zur Gruppe Donau?

    Insgesamt haben wir derzeit 80 Schiedsrichter. Sieben davon sind weiblich, fünf von ihnen allerdings nur im Einsatz. Das sind dann, um Ihre Frage zu beantworten, zwischen sechs und sieben Prozent.

    Ärgern sich Schiedsrichter wie Sie über Schiedsrichter, wenn diesen im Fernsehen durch die dritte oder vierte Zeitlupe Fehler nachgewiesen werden? Zuletzt gerieten ja Christian Dingert, der einen Handtreffer des Möchengladbachers Lars Stindl in Ingolstadt anerkannte, und Deniz Aytekin, der Barcelona beim 6:1 gegen Paris in der Champions League einen wohlwollenden Elfmeter in der Nachspielzeit zusprach, gehörig in die Schusslinie.

    Ich glaube, dass Hobby-Schiedsrichter bei solchen kritischen Entscheidungen zunächst mehr Grundverständnis aufbringen als viele normale Fans, wenn solche Dinge geschehen. Ich persönlich versuche zunächst, die Situation ganz nüchtern zu analysieren und dann aufzuarbeiten. Natürlich diskutieren wir im Schiedsrichterkreis über solche Beispiele wie in Ingolstadt oder Barcelona, das macht ja den Fußball so interessant.

    In den unteren Amateurligen kommt es bisweilen auch zu Entscheidungen, die für Aufregung sorgen. Beschweren sich Vereine bei Ihnen als Obmann über Kollegen, wenn ja, wie gehen Sie dann damit um?

    Klar machen Schiedsrichter Fehler und es kommt vor, dass ich von Vereinsvertretern über die eine oder andere Leistung eines Schiedsrichters angesprochen werde. Ich versuche dann zu erklären, dass es vielleicht besser ist, erst einen Tag nach einem Spiel ins Detail zu gehen. Am Tag des Geschehens sind doch die Emotionen oft sehr hoch, sodass es nicht viel Sinn machen würde, zu diskutieren. In der laufenden Saison ist aber so ein Fall noch nicht eingetreten.

    Gibt es Vereine, die bestimmte Schiedsrichter ablehnen, weil sie schlechte Erfahrungen gemacht haben?

    Auch das gibt es. Wenn ein Verein an mich mit dem Wunsch herantritt, einen bestimmten Kollegen nicht mehr zu schicken, dann mache ich mir darüber schon Gedanken. Meine Aufgabe als Einteilerin und als Obmann ist es, Schiedsrichter auch zu schützen. Wenn zwischen einem Verein und einem bestimmten Schiri die Chemie nicht stimmt, dann macht es meines Erachtens wenig Sinn, sie aufeinander loszulassen.

    Wie ist das so auf dem Platz: Werden Frauen ob ihres Geschlechts weniger kritisiert oder beleidigt als männliche Schiedsrichter?

    Ich glaube schon, dass Spieler bei Frauen eine etwas größere Hemmschwelle haben, diesen mal anständig ihre Meinung zu sagen. Ist diese Hemmschwelle aber durchbrochen, wird es oft heftig. Da gibt es Beleidigungen, die nicht druckreif sind. Leider ist mir so etwas bei der diesjährigen Hallen-Landkreismeisterschaft widerfahren. Da muss ich dann natürlich reagieren und den Vorgang dem Sportgericht melden.

    Manche Schiedsrichter lassen mit sich nach einem Spiel nicht diskutieren. Sie wenden sich vor Fragestellen ab und gehen schnurstraks in die Kabine. Wäre es nicht besser, bei Nachfrage eine Erklärung abzugeben und notfalls auch eigene Fehler einzugestehen?

    Für mich kommt es immer auf den Ton an, wie man miteinander umgeht. Unmittelbar nach dem Abpfiff zu diskutieren, halte ich nicht für gut. Die Spieler und Funktionäre können uns doch auch fragen, wenn wir aus der Dusche gekommen sind. 15 bis 20 Minuten nach dem Abpfiff haben wir manche Szene besser reflektiert und können dann auch konkreter antworten.

    In der Schiedsrichter-Gruppe Augsburg können in der Rückrunde Spiele von ersten Mannschaften in der B-Klasse nicht mehr mit Schiedsrichtern besetzt werden. Droht ein gleiches Szenario in der Gruppe Donau?

    Eines vorab: Wir brauchen unbedingt Nachwuchs, um weiter alle Spiele besetzen zu können. Erste Mannschaften brauchen sich aber zumindest diese Saison noch keine Gedanken machen, dass wir keinen Schiri schicken können. Wenn es eng wird, fangen wir bei den Reservegruppen an zu streichen. Am meisten bereitet mir der Ostersamstag Sorgen. Da stehen so viele Spiele auf dem Programm, dass es mit der Einteilung sehr eng wird. Hoffentlich werden keine Kollegen krank.

    Letzte Frage und Hand aufs Herz: Für welche Vereine schlägt Ihr persönliches Herz?

    Ich bin seit vielen Jahren HSV-Fan und habe mit dieser Mannschaft zuletzt viel gelitten. Mich freut es auch, dass es in Augsburg Bundesliga-Fußball quasi vor der Haustüre gibt. Was die Sympathien für Amateurvereine anbelangt, bin ich aufgrund meiner Schiedsrichter-Tätigkeit neutral. Ich freue mich aber, wenn aus dem Kreis Donau Mannschaften aufsteigen, die dann auf Bezirksebene und darüber hinaus vertreten sind.

    Das Gespräch führte

    Sabrina Hüttmann, ledig, stammt aus Villenbach und wohnt seit einigen Jahren in Welden. Die 32-jährige Fachinformatikerin begann mit 15 Jahren ihre Schiedsrichter-Laufbahn und wurde im Februar 2014 zum Obmann der Gruppe Donau gewählt. Gleichzeitig fungiert sie als Einteilerin für die Spiele. Selbst pfeift Sabrina Hüttmann für einen Verein der Schiedsrichtergruppe Augsburg, nämlich den TSV Welden.

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