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Konzert: Schlossfestival bietet „Un-er-hörtes“ im Rittersaal

Konzert

Schlossfestival bietet „Un-er-hörtes“ im Rittersaal

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    Die „Bayerische Kammerphilharmonie“ präsentierte sich als eingespieltes Streichorchester mit Cembalo oder Klavier.
    Die „Bayerische Kammerphilharmonie“ präsentierte sich als eingespieltes Streichorchester mit Cembalo oder Klavier. Foto: Fotos: Walter

    Höchstädt Die abendliche Kühle am vergangenen Freitag ließ eine Serenade im Schlosshof nicht zu. So wurde die erste Veranstaltung des 2. Schlossfestivals in den Rittersaal verlegt, was der Hörqualität zugutekam. Die animierten Besucher genossen die vortreffliche Akustik, die Nähe zu den Solisten und zum Streichorchester und ließen sich vom ersten Takt an gefangen nehmen von der elementaren Kraft der aufgeführten Werke.

    Das waren die vier Jahreszeiten („Le quattro stagioni“) von Antonio Vivaldi und „Las quatro estaciones portenas“ (die vier Jahreszeiten in Buenos Aires) von Astor Piazzolla in einem Arrangement für Klavier und Streichorchester von José Bragato. Stadtpfarrer Roland Bise resümierte zu Recht: „Es war ein nuancenreiches Konzert mit so unterschiedlichen Komponisten zum gleichen Thema, virtuos und unnachahmlich beeindruckend dargeboten.“

    Die von Bezirkstagspräsident Jürgen Reichert als Botschafter Schwabens apostrophierte „Bayerische Kammerphilharmonie“ stellte sich in der Tat als ausgezeichnet eingespieltes Streichorchester mit obligatem Cembalo bei Vivaldi und als temperamentvolles Ensemble mit dominierendem Klavier bei Piazzolla vor.

    Es ereignete sich etwas „Un-er-hörtes“: eine Kombination zweier Jahreszeitenzyklen nicht als geschlossene Einheit nacheinander, sondern in direkter Abfolge. Wegen der unterschiedlichen Hemisphären war z.B. nach dem Vivaldi-Frühling aus Venedig Piazzollas Herbst in Buenos Aires zu hören. Die Antwort des Winters Argentiniens auf den zeitlich entsprechenden europäischen Sommer eröffnete neue Perspektiven. Die vier Violinkonzerte Vivaldis boten festliche Heiterkeit, pompöse Feierlichkeit, dramatische Spannung in den strahlenden Allegros und Melodiensüße in den Mittelsätzen. Den Wandel der Natur im Laufe des Jahres wollte Vivaldi illustrieren. Liebenswerte Sonette stimmten die Zuhörer ein; Karla Andrä rezitierte sie mit elegantem stimmlichen Ausdruck und feiner Sprachmelodie. Die Programm-Musik legte die Kammerphilharmonie adäquat dar. Vogelgezwitscher, Insektenschwärme, Blitz und Donner, tanzende Bauern, gehetztes Wild auf der Jagd, Bewegung der Eisläufer wurden exemplarisch vorgeführt. Die Souveränität im Orchesterfurioso oder der Zauber durch die Serenadenpizzikati ging vom 1. Konzertmeister Gabriel Adorján aus. Der Violinsolist imponierte mit stupender Technik und hinreißender Musikalität. Dank seiner überzeugenden Persönlichkeit zeichneten seine 14 Mitstreiter ein bewundernswertes Tableau, das die barocke Sichtweise großartig einfing.

    Rhythmische Delikatesse

    In Piazzollas „Estaciones“ wuchsen die Musiker über sich hinaus. Sie brannten ein Feuerwerk an rhythmischer Delikatesse, expressiver Tonschönheit, flirrendem Harmonisieren ab, das buchstäblich elektrisierte. Ciro Vigilante am Kontrabass mit vorbildlich gezupften oder gestrichenen „walking lines“, Arvo Lang mit unvergleichlichen Cello-Kantilenen, Valentin Holub mit Bratschen-Noblesse, Jana Andraschke als impulsive Partnerin zu Gabriel Adorján, der hier mit Schwerelosigkeit, rhythmischer Verve, tonlicher Eleganz und speziellen Spieltechniken (rhythmisches „Kratzen“ hinter dem Steg) auftrumpfte: sie alle huldigten der facettenreichen Tonsprache des argentinischen „Tango Nuevo“ Piazzollas. Im Rittersaal überreichte Mathilde Wehrle zu Recht neben Adorján auch Blumen an Marcelo Amaral.

    Der Pianist imitierte am Steinway-Flügel die Bandoneon-Herrlichkeit, die rhythmische Impulsivität einer E-Gitarre, ließ impressionistische Klangfarbe aufblitzen, gab dem Tango einen Bluesschimmer – und das alles mit austarierter Selbstverständlichkeit. Ein Beifallsorkan entlud sich über die Musiker als Dank für bestechend dargebotene acht Jahreszeiten.

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