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Fußball: „An den Herd und nicht auf den Fußballplatz“

Fußball

„An den Herd und nicht auf den Fußballplatz“

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    Zwei Vereine, bei denen es in den 1970er- und 1980er-Jahren Frauenfußballmannschaften gab, die sich dann später allerdings aufgelöst haben sind der FC Lauingen (Bild) und der SV Villenbach.
    Zwei Vereine, bei denen es in den 1970er- und 1980er-Jahren Frauenfußballmannschaften gab, die sich dann später allerdings aufgelöst haben sind der FC Lauingen (Bild) und der SV Villenbach. Foto: fcl

    Selbst Franz Beckenbauer konnte sich nicht den Mund verkneifen, als der Frauenfußball in Deutschland vor 50 Jahren offiziell vom DFB in seine Satzung aufgenommen wurde. „Frauen gehören nicht auf den Fußballplatz, die gehören an den Herd!“, scherzte der Weltmeister von 1974 und sprach damit einem großen Teil der Männerwelt aus dem Herzen. „Ja, solche Sprüche gab es immer wieder“, bestätigt Irmgard Demeter, geborene Mayershofer.

    "Grand Dame" Irmgard

    Die aus Steinheim stammende und seit 26 Jahren in Unterthürheim wohnende Ex-Spielerin des FC Lauingen gilt immer noch als „Grand Dame“ einer Sportart im Landkreis Dillingen und erinnert sich auch mit jetzt 60 Jahren noch an die vielen Vorurteile, mit denen der Frauenfußball einst zu kämpfen hatte. „Wir wurden ob unserer Spielweise auch ausgelacht“, blickt Irmgard Demeter aber ohne Zorn zurück. Dem Frauenfußball, so die Wahl-Unterhürheimerin, habe einfach die Ästhetik gefehlt. Und dennoch seien zu ihrer aktiven Zeit immer wieder viele Männer zum Zuschauen gekommen. „Die Jungs haben bei uns halt auf andere Dinge als die Ästhetik geachtet. Vor allem schauten sie darauf, was sich unter dem Trikot im Brustbereich bewegte“, zwinkert sie mit den Augen.

    Vergleicht Demeter den Damenfußball von damals mit dem von heute, dann habe sich nach ihrer Ansicht vieles zum Positiven geändert. Die Bewegungen der Spielerinnen in den unteren Klassen würden längst nicht mehr so unkoordiniert aussehen. Man merke, dass gezielter trainiert werde und die Akteurinnen schon ab dem achten, neunten Lebensjahr auf dem Platz stehen. Sie, Demeter, war bereits 15, als sie beim FCL ihre Karriere begann und mit den Gelb-Schwarzen bis in die damals höchste Spielklasse, die Verbandsliga aufgestiegen ist.

    Lauingen war Pionier und Hochburg

    Frauenfußball beim FC Lauingen – das war einmal. Nicht nur in der Mohrenstadt wurde im Laufe der Jahre der Spielbetrieb eingestellt. Auch andere Vereine wie der SC Tapfheim, der TSV Eppisburg oder der SV Donaualtheim meldeten ihre Mannschaften ab. Inzwischen stellt der SVD aber wieder ein Team in der Freizeitliga. Eines ist den Vereinsverantwortlichen, bei denen es ein Frauenteam gab oder gibt, klar: Sie tun sich leichter, wenn es bei Festivitäten darum geht, Personal zu finden, das mit anpackt: Es gibt fleißige Helferinnen in der Küche, im Bierzelt oder am Kuchenbuffet. „Gar manche von uns haben natürlich auch selbst Kuchen gebacken“, berichtet Irmgard Demeter von wichtigen Tätigkeiten neben dem Fußballplatz.

    Dies bestätigt Otmar Ohnheiser, einst Erster Vorsitzender beim SV Villenbach und langjähriger Schiedsrichter der Gruppe Donau. Immer wenn es beim SSV diverse Arbeiten zu verteilen gibt, sind die Frauen zu Stelle. Dies sei noch heute so. Aber als der Verein von 1979 bis 1983 vier Jahre lang eine Damenmannschaft auf die Beine stellte – sie bestritt allerdings nur Freundschaftsspiele – habe man noch mehr weibliche Unterstützung gehabt. Ohnheiser erinnert sich an Spielerinnen wie die Geschwister Brigitte und Ulli Christa. Weshalb es beim SV Villenbach relativ schnell mit dem Frauenfußball zu Ende gegangen ist, lag laut Ohnheiser vor allem daran, dass viele Spielerinnen in den frühen 1980er-Jahren gleichzeitig bei der SVV-Showgruppe „Sunnys“ tanzten und beide Hobbys plötzlich nicht mehr unter einen Hut brachten.

    800 Fans beim Spitzenspiel

    Als Schiedsrichter hat Otmar Ohnheiser relativ wenig Damenspiele gepfiffen. Aber an eines erinnert er sich noch ganz genau: Im Spitzenspiel der Verbandsliga trafen der TSV Bäumenheim und der FC Bayern München aufeinander. Als er die Partie anpfiff, waren 800 Zuschauer gekommen. Eine Kulisse, von welcher der heute 70-Jährige mehr als beeindruckt war. Dass der Frauenfußball plötzlich soviel Akzeptanz erfuhr, wunderte Ohnheiser damals sehr. Er selbst gehörte nämlich wie einst Franz Beckenbauer zu den Skeptikern, die meinten, dass Frauen nicht auf den Fußballplatz, sondern an den Herd gehörten.

    „Da habe ich mich aber getäuscht“, gibt er heute zu. Beim benachbarten TSV Zusamzell-Hegnenbach, der es wie der SV Villenbach ebenfalls kurz mit einem Damenteam versuchte, leitete er sogar ein Training, weil der eigentliche Coach verhindert war. Im Rückblick hätte es Ohnheiser lieber nicht gemacht: Als er nämlich von einer Spielerin beim Trainingsspiel am Knöchel getroffen wurde, sei dieser zwei Wochen lang grün und blau gewesen. Wer weiß, vielleicht war es ja die Strafe für seine Gedanken, dass Frauen in der Küche besser aufgehoben seien als auf dem Spielfeld ...

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