Im Jahr 1962 erblickt Kornelia Strobel das Licht einer Welt, in der die Frauen im Laufsportwettkampf wenig zu melden haben. Ohnehin in vielen Disziplinen unterrepräsentiert oder gar nicht präsent, herrscht ein gesellschaftlicher Konsens vor, etwa beim Thema Marathon: Frauen seien, heißt es, physisch nicht in der Lage, da mitzuhalten. Mediziner und Sportfunktionäre fürchten bei einer Teilnahme am Langstreckenlauf sogar um die Gebärfähigkeit der Athletinnen. Dennoch wechselt wenige Jahre später die US-Amerikanerin Kathrine Switzer ihr Sportdress vom Weibs- zum Mannsbild und reiht sich heimlich beim Boston-Marathon ein. Nur ihr starker Freund, ein Hammerwerfer, verhindert mit einem Schubs, dass der Renndirektor der mutigen jungen Frau die Startnummer entreißen und sie aus dem Rennen holen kann.
Ergebnis einer gesunden Lebensweise
Über solche Situationen brauchte sich Kornelia Strobel keine Gedanken zu machen, als die gebürtige Augsburgerin sich in den 90er-Jahren aufmachte, um zum einen die rund 42 Kilometer zu laufen. Dann diese mit etwa 180 Kilometern auf dem Rad und über knapp vier Kilometer schwimmend zu kombinieren. Kurz: Einen Triathlon hinzulegen, der die drei besten und beliebtesten deutschen Ausdauersportarten seit 1974 zusammenfasst. Als das Fernsehen 1981 mit einer Sendung über den berühmtesten seiner Art, den „Ironman“ auf Hawaii berichtete, gab es bei den Zuschauern so schmeichelhafte Kommentare wie „Wahnsinn“ oder „Verrückte“ und „großes Abenteuer“. Die Teilnehmer – und seit 1979 Teilnehmerinnen – wurden wegen der vermuteten unmenschlichen Strapazen auf der Strecke bedauert. Dabei empfindet so ein früher noch als „Exot“ bezeichneter den Wettkampf keineswegs als Tortur, sondern vielmehr als eine Gelegenheit, seine Leistungsfähigkeit zu beweisen – letztlich das Ergebnis einer gesunden Lebensweise.
Nun, Kornelia Strobel gilt alles andere als durchgeknallt und hatte bei ihrem Einstieg in den immer attraktiver werdenden Mehrkampf klare Ziele. Allerdings zunächst auch eine Zeit des genussvollen Rauchens und sportlicher Zurückhaltung hinter sich. „Dann hat mich Günter angesteckt“, erzählt die heute 58-Jährige und meint damit den Mann, den sie 1992 nicht etwa beim Sport, sondern in einem Freibad im oberbayerischen Mammendorf kennengelernt hat. Dieser fiel ihr vor allem durch seine besondere Beweglichkeit auf, der zum Beispiel auch bei Wind und Wetter zum Polizeidienst radelte. Für einen begeisterten Triathleten, der er war, eine Selbstverständlichkeit. Schließlich kommt das Training dazu dem natürlichen Bewegungsbedürfnis entgegen. Experten zufolge werden dabei neben den konditionellen Begabungen wie Kraft- und Schnelligkeitsausdauer auch koordinative Fähigkeiten zur schnellen Anpassung und Umstellung beim Rennen verbessert.
Und trotzdem überließ der sympathische Ordnungshüter, statt das Siegertreppchen in der Königsdisziplin des Ausdauersports selbst anzusteuern, der talentierten Anfängerin und Ehefrau das Feld. „Er wollte mir quasi den Rücken freihalten“, erklärt die sechsfache Oma in diesen Tagen. Wirklich eine mehr als sportliche Geste. Und ein Schritt, von dem die trainingshungrige Kornelia profitieren sollte, die sich mit beinahe 30 Übungsstunden pro Woche zu Lande und zu Wasser in Bewegung setzte.
Dabei ging es mindestens drei mal es ins Wasser, täglich auf die Laufstrecke und mit dem schnittigen Drahtesel insgesamt rund 400 Kilometer weit. Mit beachtlichen Folgen: Erst gab es gute Positionen bei „kleineren“ Triathlons und Duathlons (Laufen – Radfahren – Laufen), dann folgten mit den Jahren 1998 und 1999 die beiden „ertragreichsten“ Phasen, was die Medaillen und Auszeichnungen angeht: Vordere Plätze bei bedeutenden Triathlon-Veranstaltungen in ganz Deutschland, Teilnahme bei den Duathlon-Weltmeisterschaften im schweizerischen Zofingen und schließlich am Qualifyer-Event in Klagenfurt mit 900 Teilnehmern und einem respektablen 15. Platz. Letzteren zu erwähnen, scheint angebracht, zumal die Ausnahmesportlerin dort ihr Eintrittsticket für den legendären „Ironman“ auf Hawaii abholte.
Eine erhabene Kombination
„Ich finde diese Kombination so erhaben und großartig, dass der Körper so etwas hinbringen kann“, beschreibt die heute in Eppisburg lebende Ex-Athletin vom Lauinger „Team Laura“ ihre Faszination für das große Rennen, das sie von Anfang an im Visier hatte. Mit Platz 25 im Mekka der Triathleten krönte die „Eiserne Lady“ aus Nordschwaben ihre kurze, aber äußerst ehrgeizige Sportlerlaufbahn.
Weitere Stationen mit Wettkämpfen im Inland schlossen sich an, etwa die Teilnahme bei den Cyclassics Hamburg über stolze 155 Kilometer. Das beispiellose Abstrampeln der 1,65 Meter großen Athletin wurde zudem mit der zweimaligen Wahl zur „Landkreis-Sportlerin des Jahres“ unserer Zeitung 1998 und 2003 belohnt. Diesmal hatte die ungewöhnliche „Eiserne Lady“ bei den Herzen der Leser abgeräumt.
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