Sie wurden jetzt mit 97 Prozent für Ihre fünfte Kandidatur für den Bundestag nominiert. Wer sind denn Ihre Kritiker?
ULRICH LANGE: Da gebe ich mir wirklich keine Mühe, das zu erforschen. In der Regel ist es ja so, dass mit jeder Kandidatur die Zahl der Kritiker größer wird. Man kann es nicht jedem recht machen. Deshalb bin ich glücklich und stolz über dieses sensationelle Ergebnis bei der Nominierung. Für mich ist das ein echter Motivationsschub. Und ich werde alles daran setzen, dieses Vertrauen zu rechtfertigen. Mein Ziel ist es natürlich, dass wir von der Union ab 2025 wieder regieren.
Dazu brauchen Sie aber einen Koalitionspartner. Welchen hätten Sie gerne?
LANGE: Für die Grünen fehlt mir die Fantasie. Sie sind mir zu ideologisch. Und die FDP ist für uns derzeit ebenfalls kein Koalitionspartner mehr. Es geht nun darum, dass wir als Union so stark werden, dass wir die Agenda der künftigen Koalition bestimmen. Es darf jedenfalls nicht so sein, dass der Schwanz mit dem Hund wackelt.
Können Sie die „Brandmauer“ gegen die AfD beibehalten oder werden Sie doch eines Tages mit der in Teilen rechtsextremistischen Partei zusammenarbeiten?
LANGE : Die Brandmauer gegen die AfD steht. Wer raus aus der EU und der Nato will und bei der russischen Botschaft Unter den Linden in Berlin ein und aus geht, mit dem werden wir nicht zusammenarbeiten. Wir hatten jetzt eine bemerkenswerte Veranstaltung zum 20. Juli in Bissingen. Wer diese Erinnerung an die Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus ernst nimmt, der weiß, dass er niemals AfD wählen darf.
Bei der Wahlrechtsreform mussten Sie ja befürchten, dass die CSU vielleicht gar nicht mehr in den Bundestag einzieht. Nun kommt es anders. Wie bewerten Sie das Urteil des Bundesverfassungsgerichts von dieser Woche?
LANGE: Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist eine große Niederlage für die Ampel, was die geplante Abschaffung der Grundmandatsklausel angeht. Allerdings heilt das Urteil das Ampel-Wahlrecht nur teilweise. Denn die grundsätzliche Problematik der Missachtung des Direktmandats und damit des Wählerwillens bleibt erhalten: Nach wie vor ziehen Wahlkreissieger nicht automatisch in den Bundestag ein. Das ist den Wählern nicht vermittelbar und macht das Wahlrecht nicht verständlicher. Vielmehr ist der Nichteinzug eines direkt gewählten Abgeordneten für die Wähler ein Frustrationserlebnis sondergleichen und wirkt als Brandbeschleuniger für die Politikverdrossenheit.
In Höchstädt wurde jetzt der barrierefreie Bahnhof eingeweiht. In Dillingen, Lauingen und Gundelfingen ist immer noch nichts passiert.
LANGE: Nach der Panne mit dem Planungsbüro ist in Dillingen jetzt Ende 2024/Anfang 2025 Baubeginn. Bei diesen Projekten ist festzuhalten: Für den barrierefreien Ausbau kommen der Bund und die Bahn auf. Den Durchstich zur Park-and-Ride-Anlage bei der BSH Hausgeräte bezahlen der Freistaat Bayern und die Kommune. Das Land übernimmt hier den Löwenanteil. Der Baustart an den Bahnhöfen in Lauingen und Gundelfingen ist ebenfalls in Sicht. Hier soll es in den Jahren 2028/2029 losgehen.
Der Lückenschluss in Höchstädt ist eröffnet. Jetzt gab es einen ersten Leserbrief, dass das Flickschusterei sei und die B16 Nord immer noch fehle.
LANGE : Das kommentiere ich nicht. So wie die Verkehrssituation zuletzt am Höchstädter Marktplatz war, konnte es nicht weitergehen. Objektiv gesehen bringt die neue Ost-West-Verbindung eine Verbesserung. Der komplette Lückenschluss wird eine Verkehrsentlastung für die Innenstadt bewirken. Mehr will ich dazu aber nicht sagen, ich möchte mich in die Höchstädter Kommunalpolitik nicht einmischen.
Haben Sie die B16 Nord eigentlich noch auf der Agenda?
LANGE: Ja, der Bau der neuen B16 ist ein schlüssiges Konzept. Die Straße ist nach wie vor im vordringlichen Bedarf des Bundes. Wir brauchen eine überregionale Verkehrsader zwischen Günzburg und Ingolstadt.
Vor fünf Jahren hatten Sie noch gesagt, dass Sie nicht erst als Alterspräsident des Bundestags zur Eröffnung der neuen B16 in Höchstädt kommen wollen. Jetzt sind Sie 55, ein bisschen Zeit ist also noch, aber wenn es so weitergeht, wird es eng. Möchten Sie nicht eine Prognose abgeben, wann diese Straße eröffnet wird?
LANGE: Da werde ich keine Prognose mehr abgeben. Das Straßenbauamt arbeitet daran, dort kann man Zeitachsen besser einschätzen. Wir waren bei dieser Planung in der Tat schon einmal weiter. Aber ich habe die B16 Nord nicht aufgegeben. Der Ausbau dieser Verkehrsachse ist für die Region wichtig, die neue Bundesstraße wird kommen.
Wegen des Straßenbaus wird das Höchstädter Wasserschutzgebiet neu ausgewiesen. Die Nachbarkommune Finningen hat eine Klage dagegen angekündigt. Ist das die feine englische Art unter Nachbarn?
LANGE: Ich bin Jurist und mische mich nicht in laufende Verfahren ein. Jede Kommune hat das Recht, bei solchen Verfahren zu klagen. Bei diesen Prozessen im Vorfeld den Zeigefinger zu heben, hat vor Gericht eine kontraproduktive Wirkung.
Welchen Schwerpunkt wollen Sie im kommenden Jahr im Landkreis Dillingen setzen?
LANGE: Zuletzt hat mich die Fusion der Sparkassen Dillingen-Nördlingen und Donauwörth sehr gefordert. Und in den kommenden Jahren sehe ich in der Region ein Schwerpunkt-Thema: die Rettung der Kreiskrankenhäuser Dillingen-Wertingen und die Sicherung der medizinischen Grundversorgung. Dass wir um eine Reform der Krankenhäuser nicht herumkommen, ist für alle offensichtlich. Es geht dabei nicht nur um die Defizite, sondern auch um die Fachkräfte-Sicherung. Wir brauchen eine gute medizinische Krankenhausversorgung in Nordschwaben.
Der Kreis Dillingen denkt derzeit über einen Klinikenverbund mit Günzburg nach. Wäre nicht eine Kooperation mit dem Donau-Ries-Kreis die näherliegende Option?
LANGE : Ich bin direkt gewählter Abgeordneter in den Landkreisen Dillingen und Donau-Ries sowie Teilen von Aichach-Friedberg. Da liegt mein Fokus natürlich auf diesem Raum. Die beiden Landkreise Dillingen und Donau-Ries arbeiten ja bereits bei der Müllentsorgung und den Sparkassen zusammen. Dies könnte im nordschwäbischen Raum auch bei den Kliniken funktionieren. Am Ende ist dies aber keine bundespolitische Entscheidung, sondern die kommunalen Gremien und die Träger der Krankenhäuser entscheiden. Ich werde versuchen, einen positiven Beitrag zu leisten.
Zur Person
Ulrich Lange (CSU) ist seit 2009 Mitglied des Deutschen Bundestags. Der heute 55-Jährige wurde in Meran (Südtirol) geboren und wuchs in Nördlingen auf. Seinen Wehrdienst leistete er in der Dillinger Luitpoldkaserne ab. Lange, der verheiratet und Vater zweier Kinder ist, studierte Rechtswissenschaft. Er ist stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für die Bereiche Verkehr, Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen.
Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden