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Lauingen/Ansbach: Sneaker-Label „MyTurns“ nimmt die erste Hürde

Lauingen/Ansbach

Sneaker-Label „MyTurns“ nimmt die erste Hürde

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    Katja Wagner, in Lauingen aufgewachsen, hat vor knapp zwei Jahren ihre eigene Schuhmarke in Ansbach gegründet. Das erste Modell von „MyTurns“ gibt es inzwischen zu haben. Das Label hat die Crowdfunding-Hürde erfolgreich genommen.
    Katja Wagner, in Lauingen aufgewachsen, hat vor knapp zwei Jahren ihre eigene Schuhmarke in Ansbach gegründet. Das erste Modell von „MyTurns“ gibt es inzwischen zu haben. Das Label hat die Crowdfunding-Hürde erfolgreich genommen. Foto: Sebastian Frost

    Laptop aufklappen, die Website aufrufen und immer wieder aktualisieren. Ungefähr so darf man sich das wohl vorstellen, wenn man eine eigene Crowdfunding-Kampagne startet und auf die finanzielle Unterstützung von außen angewiesen ist. Bei Katja Wagner war es jedenfalls so. Als ihre Schuhmarke „MyTurns“ Anfang des Monats in die alles entscheidende Phase geht, sitzt sie tagelang vor dem Laptop und beobachtet den grünen Balken, der anzeigt, wie viel Geld die Unterstützer bereits gegeben haben – und der darüber entscheidet, ob ihr Traum in Erfüllung geht. Dass gleich am ersten Tag so viel Geld zusammenkommt, hat sie überrascht.

    Doch von Anfang an: Vor gut zwei Jahren gründet die geborene Lauingerin, die heute in Ansbach lebt, mit zwei Bekannten ihr eigenes Sneaker-Label (wir berichteten). Ihr gemeinsames Ziel: Schuhe auf den Markt bringen, die nicht nur ökologisch vertretbar produziert sind, sondern auch unter fairen Arbeitsbedingungen hergestellt werden. Statt wie viele Großkonzerne in China, Bangladesch oder Indien kommen die Schuhe von „MyTurns“ aus Portugal, wo Sicherheitsstandards, Mindestlohn und Lieferwege eher dem entsprechen, was man fair und nachhaltig nennen kann. Das Design zu den Sneakern kommt aus Ansbach, von Wagner und ihren Mitstreitern.

    Mehr als 15.000 Euro hat die Lauingerin eingenommen

    Um das Projekt und damit auch die Produktion der ersten eigenen Schuhe zu finanzieren, entschieden sie sich für eine Crowdfunding-Kampagne. Dabei suchen sich Jungunternehmer Unterstützer im Internet. Statt einem großen, gibt es viele kleine Investoren, die Geld geben. Ab einem bestimmten Betrag erhält man dafür eine Gegenleistung. Bei „MyTurns“ sind das etwa Socken mit der Aufschrift „Ehrlich. Lässig.“ Oder ab höheren Beträgen die Schuhe mit den bunten Schnürsenkelenden.

    Das erste Ziel von 12.000 Euro hat Wagner erreicht. Und nicht nur das: Inzwischen – sieben Tage vor Ablauf der Frist – sind es sogar bereits über 15.000 Euro. Wagner sagt über ihren Erfolg: „Mir ist wirklich ein Stein vom Herzen gefallen.“ Allein am ersten Tag hat „MyTurns“ mehr als 5000 Euro gesammelt. Besonders überrascht hat die Gründerin: „Wir haben andere Altersgruppen erreicht, als wir dachten. Das geht von 20 bis 50.“ Die Kernzielgruppe, so die 30-Jährige, war ursprünglich zwischen 20 und 30 Jahre alt. Und auch das habe sie beeindruckt: Viele der Unterstützer stammen nicht aus ihrem Bekanntenkreis, sondern sind durch andere Wege auf das Projekt aufmerksam geworden. „Ich weiß gar nicht, woher die ganzen Menschen kamen“, sagt sie und lacht. Auch kleine, unabhängige Geschäfte hätten bereits angefragt, ob die Schuhe auch in den Einzelhandel kommen. „Das müssen wir aber erst noch entscheiden“, erklärt Wagner.

    200 Paar Schuhe von "MyTurns" sind jetzt in Produktion

    Der Gründerin ist die Erleichterung nach der erfolgreichen Kampagne deutlich anzuhören. Wäre nicht genug Geld zusammengekommen, wäre ihr Projekt gescheitert. Doch jetzt sind bereits 200 Paar Schuhe in Produktion, Mitte Juni sollen die Unterstützer ihre Sneaker bekommen. Jeder Schuh bekommt auch einen QR-Code, mit dem die komplette Wertschöpfungskette nachverfolgt werden kann, erklärt die Gründerin. Zumindest in Ansbach wollen Wagner und ihre Kollegen die Schuhe sogar persönlich mit dem Lastenfahrrad ausliefern. „Ich denke, das ist eine schöne Sache, wenn man sein Produkt persönlich übergeben und die Kunden kennenlernen kann“, sagt sie. „Vorausgesetzt das geht dann trotz Corona.“

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    „MyTurns“ steht erst am Anfang. Für September ist bereits ein zweites Modell aus Wolle in Planung. Die Lieferanten sucht Wagner in Deutschland. Auch an einer Handtasche arbeitet sie mit ihren Kollegen. Die soll die erste auf dem Markt werden, die komplett recycelbar sein wird, also ohne Reißverschlüsse aus Metall oder Knöpfe aus Plastik auskommt.

    Aber Moment: Geht es bei „MyTurns“ nicht um Schuhe? Doch, sagt Wagner. „Damit es nur mit Schuhen klappt, bräuchten wir aber sehr viele Modelle, die unsere Kunden dann auch kaufen müssten.“ Mit Accessoires wie der Handtasche wolle sie das Angebot vielfältiger machen und den Kundenstamm erweitern.

    Was die "Fashion Revolution Week" mit "MyTurns" zu tun hat

    Längerfristig will Wagner ihre Marke weiter auf dem Markt etablieren. Ab nächstem Jahr soll es eine komplette Kollektion geben. Langsames, dafür nachhaltiges Wachstum sei das Ziel. Die 30-Jährige ist zuversichtlich: „Mode ändert sich schnell und es ist ein umkämpfter Markt. Das bleibt also ein Lottospiel. Aber wir schaffen das.“ Vorerst bleibt „MyTurns“ ein Nebenjob. Um eine Person in Vollzeit anstellen zu können, müsste das Label 10.000 Paar Schuhe im Jahr verkaufen, rechnet Wagner vor. Immerhin gehen 50 Prozent des Erlöses an die Produzenten.

    Wagner betont deutlich, wie wichtig es sei, dass die Menschen mehr darauf achten, unter welchen Umständen ihre Kleidung produziert wird – gerade vor dem Hintergrund der „Fashion Revolution Week“. Sie erinnert an die Rana-Plaza-Katastrophe vom 24. April 2013, als ein Fabrikgebäude in Bangladesch einstürzte und über 3000 Arbeiter und Arbeiterinnen – überwiegend aus der Textilindustrie – unter sich begrub. 1135 Menschen verloren damals ihr Leben. Viele Modelabels kündigten daraufhin ihren Rückzug aus Bangladesch an. Viel mehr, findet Wagner, sei aber nicht passiert. „Die meisten Menschen wissen auch heute nicht, dass jede Naht an einer Hose von Hand gemacht wird und, dass Kleidung oft unter unmenschlichen Bedingungen hergestellt wird.“ Mit „MyTurns“ wolle sie dazu beitragen, dass sich das ändert.

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