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Landkreis: Doch kein Kreisheimatmuseum für Lauterbach?

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Doch kein Kreisheimatmuseum für Lauterbach?

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    Zwei Lauterbacher, die sich seit 45 Jahren kennen und schätzen. Die Frage, was mit Alois Sailers Nachlass einmal passieren soll, führt zu Gesprächsstillstand.
    Zwei Lauterbacher, die sich seit 45 Jahren kennen und schätzen. Die Frage, was mit Alois Sailers Nachlass einmal passieren soll, führt zu Gesprächsstillstand. Foto: Hertha Stauch

    Mit einem Hoffest, schwäbischen Schmankerln und Wirtshausmusikanten hätte das Lauterbacher „Martha und Alois Sailer-Kreisheimatmuseum Lauterbach“ im September 2021 eröffnet werden sollen. Das hat sich jetzt – unabhängig von jeglichen Hygienevorkehrungen – erledigt. Mitten in den Vorbereitungen für eine Stiftung hat sich Kreisheimatpfleger Alois Sailer umentschieden. Der 85-Jährige setzt auf direkten menschlichen Kontakt und adoptiert einen Sohn.

    Die Entscheidung fiel im Herbst 2020. „Ich brauche einen Erben, der kunstverständig ist“, begründet Alois Sailer seine Entscheidung. Dem Lauterbacher, der selbst keine Kinder hat, liegt eigenen Worten zufolge sehr viel daran, das Erbe seiner Frau und seinen eigenen Nachlass jemandem zu übergeben, der sie bewahrt und der Öffentlichkeit zugänglich macht.

    Die Idee für das Kreisheimatmuseum gibt es schon lange

    Konkret handelt es sich dabei um das denkmalgeschützte kleine schwäbische Bauernhaus in Lauterbachs Ortsmitte, in dem Alois Sailer lebt. Samt Scheune und geräumigem Gartenwohnhaus, in denen verschiedene Kunst- und Volkskundesammlungen beheimatet sind.

    Die Idee, diese auch über seine Zeit hinaus zu bewahren, trägt der Kreisheimatpfleger des Landkreises Dillingen schon länger in sich. So entstand bei einem Gespräch Sailers mit dem ehemaligen Bezirksheimatpfleger Hans Frei im Herbst 2018 der Gedanke, eine Stiftung ins Leben zu rufen. Mit der Einbindung des Lauterbachers Helmut Sauter nahm das Vorhaben schon bald konkrete Formen an.

    Helmut Sauter hatte sich auf Wunsch Sailers intensiv für die Einrichtung einer Stiftung eingesetzt. Doch der hat sich jetzt umentschieden.
    Helmut Sauter hatte sich auf Wunsch Sailers intensiv für die Einrichtung einer Stiftung eingesetzt. Doch der hat sich jetzt umentschieden. Foto: Hertha Stauch

    Sauter und Sailer kennen und schätzen sich seit 45 Jahren. Die beiden verbindet unter anderem die Liebe zur Heimat, deren Brauchtum und Kunst. Da störte es auch nicht, dass Helmut Sauter kein „echter“ Lauterbacher, sondern ein „angeheirateter“ ist. In der Zeit, als Helmut Sauter in der Dillinger Akademie für Lehrerfortbildung wirkte, führte er traditionell alljährlich die künftigen Pädagogen nach Lauterbach. Mit bis zu 25 Leuten saßen Sauter und Sailer dann in dessen romantischer Gartenbibliothek und erforschten das bayerisch-schwäbische kulturhistorische Brauchtum. Von daher nahm Sauter, der seit vielen Jahren die Lauterbacher Kleinkunstbühne mit Leben erfüllt, den Faden Sailers gerne auf. Der 78-jährige Wahllauterbacher erforschte, was es braucht, um eine Stiftung ins Leben zu rufen: Geld und ehrenamtliche Rückendeckung – das war schnell klar. So gründete Sauter einen Förderkreis mit zunächst 35 Mitgliedern.

    Dass die Stiftung in Bankhände übergehen sollte, widerstrebt Sailer

    Im Austausch mit dem auf Stiftungen spezialisierten Münchener Justiziar Peter Lex entstand eine Stiftungssatzung, die der Regierung von Schwaben zur Genehmigung vorliegt. Mittlerweile hatten Bezirkstagspräsident Martin Sailer, Landrat Leo Schrell und Bürgermeister Hans Kaltner zugesagt, die Aktivitäten eines „Martha und Alois Sailer-Heimathauses“ finanziell zu unterstützen.

    Gleichzeitig kam auch die Raiffeisen-Volksbank Donauwörth ins Spiel. Unter dem Dach einer großen Bürgerstiftung, die mehrere, teils große Stiftungen vereint, erklärte sich die Bank bereit, die „Martha und Alois Sailer-Stiftung“ aufzunehmen. „Unter dem Dach einer großen Stiftung gibt es die Möglichkeit, eine treuhänderische Stiftung zu gründen“, freute sich Sauter über die Möglichkeit, die sich damit auftat. Eine rechtliche Sicherung sei dabei eingebaut und eine Ausgliederung jederzeit wieder möglich. Damit war für Helmut Sauter der wesentliche Schritt gelungen. Er sah so die Möglichkeit, das Haus allmählich zu sanieren und ein „Martha und Alois Sailer-Kreisheimathaus Lauterbach“ endgültig zum Leben zu erwecken.

    Doch genau in diesem Punkt setzten bei Alois Sailer massive Zweifel ein. „Ich bin ein sehr konservativer Mensch“, gibt der 85-jährige Kreisheimatpfleger offen zu. Daher setze er sehr auf Sicherheit. Dass die Stiftung in Bankhände übergegangen wäre, widerstrebte ihm. „Mir liegt daran, dass alles an Ort und Stelle in Lauerbach bleibt.“ Da konnte auch der Hinweis auf das mehrseitige Konzept – von Sauter und Frei im Oktober 2020 niedergeschrieben – keine Kehrtwende bewirken. Dieses sah neben literarischen, musikalischen und volkskundlichen Veranstaltungen ebenso kunsthandwerkliche Kurse und Exkursionen ins heimische Donauried vor.

    Seinen Adoptivsohn kennt Sailer seit mehreren Jahrzehnten

    Die Zeiten des gesellschaftlichen Rückzugs scheinen bei Alois Sailer auch persönliches inneres Reflektieren ausgelöst zu haben. „Angst vor Corona habe ich nicht“, sagt der 85-Jährige, „doch ich sehe mit Schrecken, dass die 1936er Jahrgänge reihenweise sterben.“ Das, erklärt er im Gespräch mit unserer Zeitung, habe ihm auch die eigene Sterblichkeit erneut vor Augen geführt – „eine ganz natürliche Sache“. Mit Blick auf Helmut Sauter sagt er: „Danke für die vielen Vorbereitungen.“ Er selbst müsse aber seinem Gefühl folgen, und das lenkt ihn in eine andere Richtung.

    Seit mehreren Jahrzehnten kennt er den jungen, 47 Jahre jüngeren Mann aus dem Landkreis Dillingen, der sein Adoptivsohn werden soll. Sailer sah ihn auf- und heranwachsen, teilt mit ihm seine Vorliebe für heimische Kunst, Kultur und Literatur. In ihm sieht er einen Menschen, der ihm im Alter zur Seite steht und gewissenhaft mit seinem Erbe umgehen wird, es vielleicht irgendwann in eine Stiftung überführen wird – in aller Ruhe. Das Adoptionsverfahren läuft.

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