Schon am frühen Morgen – deutscher Zeit – jubelt Donald Trump, feiert sich als Wahlsieger. Und es kommt so: Seine Konkurrentin Kamala Harris zieht sich zurück, will erst am Tag nach der Wahl eine Stellungnahme abgeben. Amerika hat gewählt und sich erneut für den Republikaner Trump entschieden. So Stand Mittwoch. Für den Höchstädter Gerhard Polifka „ein Schock in der Früh“. Fast drei Jahrzehnte ist der frühere Stadtrat gemeinsam mit seiner Frau Inge und den beiden Söhnen regelmäßig nach Amerika geflogen, sie haben dort Verwandte und Freunde. Damit ist jetzt Schluss.
„Es war leider auch dieses Mal abzusehen, dass es in die falsche Richtung geht. Wir werden auf keinen Fall mehr rüberfliegen, leider“, sagt Polifka, und weiter: „Da rennen mittlerweile zu viele Verrückte rum, die Bewaffnung wird immer mehr und ja auch geduldet.“ Und mit Trump als Präsident werde es vermutlich nicht besser.
Die Höchstädter Familie will nicht mehr nach Amerika reisen
Warum die Menschen in den USA erneut auf den radikalen Republikaner gesetzt haben? Gerhard Polifka beschreibt die Amerikaner als „unglaublich gläubig“ – in allen Richtungen. Einmal überzeugt, ist es passiert. 2018 war der Höchstädter gemeinsam mit seiner Familie zuletzt in Amerika. Sie sind tagelang mit dem Auto im Westen die Küste rauf und runter gefahren. „Da war es nur schön. Der Ablauf von Wald, Gebirge und Nationalpark ist einmalig, die Abwechslung ist genial. Auch die Menschen sind sehr hilfsbereit“, erzählt er.
Aber mit Abstand betrachtet, hat Polifka schon damals etwas Auffälliges wahrgenommen: An jeder Straßenkreuzung standen Amerikaner an Ampeln und haben mit „T-Fahnen“ gewinkt. „Jetzt im Nachhinein ist klar, dass nicht die Tea-Party gemeint war, sondern Werbung für Trump gemacht wurde“, sagt er. Ein wenig Wehmut hört man ihm an, wenn er davon spricht, dass er nicht mehr über den großen Teich fliegen will. Bestimmt 20 Mal waren die Polifkas in den USA und haben immer eine tolle Zeit erlebt. „Wir kennen das alte Kalifornien von früher, gutmütig und freundlich. Nicht so radikalisiert. Aber selbst der Freundeskreis hat sich verändert. Man darf am Tisch auf keinen Fall über Kirche und Politik sprechen.“
Eine Frau aus Wertingen hat bei der USA-Wahl mitgewählt
Auch Ilona Scheuerlein aus dem Wertinger Stadtteil Gottmannshofen kann das vorläufige Wahlergebnis kaum glauben. „Da ist alles schiefgegangen, da kann man dann auch nicht mehr helfen“, sagt sie und betont sofort: „An meiner Stimme hat es aber sicherlich nicht gelegen.“ Denn die 78-Jährige durfte bei der USA-Präsidentenwahl ihre Stimme abgeben. Ihr Vater war Amerikaner, Ilona Scheuerlein hat die amerikanische Staatsbürgerschaft. „Aber noch nicht so lange, deshalb durfte ich heuer das erste Mal wählen“, erzählt sie.
Kurzer Rückblick: Die Gottmannshoferin hat erst nach fünf Jahrzehnten ihren Vater Sylvester, der 2004 verstorben ist, gefunden. Er war ein amerikanischer Soldat. Nach dem Tod ihrer Mutter suchte Ilona Scheuerlein nach ihrem Vater und fand ihn schließlich 1998 – inklusive großer Verwandtschaft und mehrerer Halbgeschwister. „Mit meiner amerikanischen Familie bin ich auch in Kontakt, ich hatte erst kürzlich Besuch“, erzählt sie und ergänzt: „Natürlich weiß man es nie genau von allen, aber von den Menschen, mit denen ich in Kontakt stehe, weiß ich, dass keiner Trump gewählt hat. Ich kann es einfach nicht verstehen, warum ihn doch so eine deutliche Mehrheit gewählt hat. Da müssen wir jetzt die nächsten vier Jahre durch.“
Knoll (CSU) und Mehring (FW) und ihre Befürchtungen
So ähnlich formuliert es auch der Höchstädter Landtagsabgeordnete Manuel Knoll. Er hat bis Mitternacht die Wahlnacht mit Kollegen aus dem Bayerischen Landtag im Amerikahaus in München verfolgt. Am frühen Mittwochmorgen ist seine erste Reaktion auf den möglichen Trump-Sieg: „Das vorläufige Ergebnis verheißt für uns wenig Gutes. Die USA sind einer der wichtigsten Handelspartner Bayerns. Strafzölle, wie von ihm gefordert, würden die ohnehin bereits angespannte wirtschaftliche Lage hierzulande empfindlich treffen. Auch mit Blick auf seine Aussagen zur Ukraine kann man dann nur hoffen, dass es nicht so schlimm kommt, wie befürchtet.“
Fabian Mehring, FW-Landtagsabgeordneter und Digitalminister, sagt, dass es zur Demokratie dazugehöre, Wahlergebnisse auch dann zu akzeptieren, „wenn sie nicht den eigenen Vorstellungen entsprechen“. Weiter: „Die Rückkehr von Trump in das Weiße Haus macht die Lage für unser Land aber nicht einfacher. Deutschland steckt in einer tiefen Wirtschaftskrise, in der Ukraine tobt Krieg und der Nahe Osten ist ein instabiles Pulverfass. Angesichts der wirtschafts- und sicherheitspolitischen Vorstellungen von Trump dürfen wir nicht davon ausgehen, dass unsere transatlantischen Partner diese Herausforderungen für uns lösen werden. Vielmehr gilt jenseits des Atlantiks jetzt wieder das Motto: America First.“
Seiner Meinung nach könne eine Reaktion auf Trumps Wiederwahl nur darin bestehen, voll auf Europa zu setzen und die gewaltigen Herausforderungen der Zeit selbst anzupacken. „Nicht zuletzt in der von mir verantworteten Digitalwirtschaft und bei Zukunftstechnologien wie Künstlicher Intelligenz sind wir aktuell so sehr von Amerika und Asien abhängig wie zuletzt von billigem Gas aus Russland. Wenn wir nicht wollen, dass Wohlstand und Sicherheit hierzulande in Zukunft von Persönlichkeiten wie Trump oder Xi Jinping abhängen, muss Europa näher zusammenrücken“, so Digitalminister Mehring.
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