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Landkreis Dillingen: Wie hart treffen die weltweiten Krisen die Firmen im Landkreis Dillingen?

Landkreis Dillingen

Wie hart treffen die weltweiten Krisen die Firmen im Landkreis Dillingen?

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    WDT Werner Dosiertechnik
Von links nach rechts: Rainer Rieger, Dietmar Werner, Jochen Rieger
Foto von oben Firmengebäude, heli-works
    WDT Werner Dosiertechnik Von links nach rechts: Rainer Rieger, Dietmar Werner, Jochen Rieger Foto von oben Firmengebäude, heli-works Foto: Kaloo Images ? Gregor Eisele /// Eckhart Matth�us, Heli-works.de

    "Bei uns schlägt alles relativ schnell ein", sagt Rainer Rieger. Corona, die Lockdowns, dann Materialmangel, Inflation, der Krieg in der Ukraine. All die Krisen der vergangenen Jahre habe die Firma WDT - Werner Dosiertechnik innerhalb weniger Tage zu spüren bekommen. Rieger ist einer von drei Geschäftsführern des Wertinger Unternehmens, das sich auf Dosier-, Mess- und Regeltechnik in den Bereichen Schwimmbäder und Wellness konzentriert. Die Bauteile, die dort hergestellt werden, sorgen in Pools in der ganzen Welt beispielsweise für die richtige Menge Chlor im Wasser. Das Geschäft bestehe zu 75 Prozent aus Export. Und oft sind es öffentliche Aufträge. Klar, dass die Krisen da schnell zu spüren sind. Und trotzdem klingt der Geschäftsführer zufrieden. Die Auftragsbücher seien voll, das Unternehmen gut aufgestellt. Trotz der Krisen. Und es zeigt sich: Damit ist WDT im Landkreis Dillingen nicht allein.

    Mit der aktuellen Geschäftslage sind viele Unternehmen zufrieden. Das geht aus einer Umfrage der IHK unter den Mitgliedsunternehmen im Landkreis hervor. 47 Prozent bewerten die aktuelle Lage demnach als gut. Das sind aber auch 13 Prozentpunkte weniger als noch zu Jahresbeginn. Kaum ein Betrieb beschreibt die aktuelle Lage als schlecht.

    Die Geschäftsführer von WDT in Wertingen. Von links: Rainer Rieger, Dietmar Werner, Jochen Rieger.
    Die Geschäftsführer von WDT in Wertingen. Von links: Rainer Rieger, Dietmar Werner, Jochen Rieger. Foto: Gregor Eisele , Kaloo Images

    Gregor Ludley, Chef der Höchstädter Firma Nosta und IHK-Regionalvorsitzender, nennt dieses Ergebnis gar "erstaunlich" angesichts der vielen Probleme, die es aktuell gibt. Seiner Einschätzung nach hat die Industrie noch immer volle Auftragsbücher, dazu komme ein weiterhin stabiler Arbeitsmarkt. Und: Die Unternehmen in der Region haben sich anpassungsfähig gezeigt. So auch WDT in Wertingen.

    2021 seien nach dem Corona-Einbruch wieder mehr Aufträge reingekommen, erzählt Rieger. Doch schon Ende des Jahres folgte der nächste schwere Schlag: die Beschaffungskrise. Wichtiges Material, wie etwa Elektronikbauteile, ist momentan nicht mehr so einfach zu beschaffen. Und auf die ist man bei WDT angewiesen. "Aber wir wissen uns zu helfen", sagt Rieger. Das Unternehmen, das besonders stolz auf die hauseigene Elektronikentwicklungsabteilung ist, fand neue, wenn auch teurere Wege, um an die nötigen Bauteile zu kommen. Doch die Lage bleibt angespannt: "Der Einkauf ist im Moment wohl unser größtes Problem." Alle zwei bis drei Wochen kämen neue Preislisten ins Haus geflattert. WDT selbst erhöhe die Preise wiederum nur zielgerichtet. "Nicht mit der Gießkanne."

    Die Stimmung in den Chefbüros im Landkreis Dillingen war schon besser

    Das wiederum hängt neben der Inflation auch mit der schwierigen Lage auf dem Weltmarkt zusammen. Es gibt einfach nicht genug Nachschub. Beim Wertinger Unternehmen merke man das an den Elektrobauteilen. Außerdem bestehe die Gefahr, dass irgendwann das überwiegend aus Asien importierte Chlorgranulat knapp wird - was die Firma ebenfalls treffen würde.

    All die Krisen beschäftigen die Wirtschaft im Landkreis Dillingen. Ludley formuliert es bei der Vorstellung des IHK-Konjunkturindex so: "Wir haben eine Gemengelage, die sich massiv auf die Unternehmen auswirkt." Und tatsächlich war die Stimmung in den Chefbüros laut der Umfrage schon besser. Nach deren Auswertung kommt eine simple Zahl heraus, der Konjunkturindex. Und der sinkt aktuell um ganze zehn Punkte im Vergleich zum Jahresbeginn auf 110. Der zehnjährige Durchschnitt liegt bei 119.

    Das größte Risiko für ihre wirtschaftliche Entwicklung sehen 76 Prozent der Unternehmen, darunter WDT, demnach in den steigenden Energie- und Rohstoffpreisen. Doch die Preise sind nicht alles: Nach wie vor spielt der Fachkräftemangel eine große Rolle.

    Gregor Ludley ist nicht nur Chef der Höchstädter Firma Nosta, sondern auch IHK-Regionalvorsitzender im Kreis Dillingen.
    Gregor Ludley ist nicht nur Chef der Höchstädter Firma Nosta, sondern auch IHK-Regionalvorsitzender im Kreis Dillingen. Foto: Berthold Veh (Archivbild)

    Und auch die Erwartungen für die kommenden Monate haben sich bei den Firmen in der Region spürbar eingetrübt: 38 Prozent der Befragten erwarten, dass sich die Geschäftslage verschlechtern wird. Zum Jahresbeginn waren es noch 21. Dem gegenüber gehen nur noch 41 Prozent (vorher 64) davon aus, dass sich die Lage nicht verändern wird. Bei WDT in Wertingen ist man optimistisch: Rieger spricht aktuell von einem "hohen Auftragsbestand". Daran sollte sich in den kommenden Monaten auch nichts ändern. Und: "Selbst wenn es ein bisschen weniger wird, müssen wir nicht gleich Personal entlassen." Da das Unternehmen über ein breites Produktportfolio in vielen unterschiedlichen Märkten und Ländern verfüge, könne man in anderen Bereichen weiterentwickeln, falls der Absatz in einem Bereich abfalle.

    Eines wurde in den vergangenen zwei Jahren, besonders aber durch die Null-Covid-Politik, mehr als deutlich: Die Wirtschaft in der Region ist abhängig von China. Das Land ist nach wie vor der wichtigste Handelspartner für Unternehmen im Landkreis, vor den USA und den unmittelbaren europäischen Nachbarn. Viele Unternehmen wollen deshalb künftig auf diversifizierte Lieferketten setzen. "Made in Europe" und "Made in Germany", so Ludley von der IHK, seien wieder gefragt. In Shanghai stapelten sich Container, die in Europa dringend gebraucht werden. "Die sollten alle hier sein", sagt wiederum Oliver Stipar, kommissarischer Regionalgeschäftsführer der IHK. Ihm zufolge haben die vermehrten Investitionen im Inland, die viele Firmen tätigen, auch andere Gründe: Ersatzbeschaffungen beispielsweise, die lange aufgeschoben wurden. Und Investitionen in den Umweltschutz.

    Eine große Herausforderung bleibt der Nachwuchs. Laut Sandra Stricker, Vorstandsmitglied bei der IHK in Dillingen und Prokuristin beim Wasseraufbereiter Grünbeck in Höchstädt, sind die Chancen für Schulabgängerinnen und Schulabgänger besser denn je.

    Mehr als 50 offene Lehrstellen im Landkreis Dillingen

    Doch während die Babyboomer-Generation langsam in Rente geht, gibt es schlichtweg weniger junge Menschen. Seit 1972 sterben in Deutschland sogar mehr Menschen, als geboren werden. Dieser Entwicklung müssen auch die Betriebe im Landkreis begegnen. Entsprechend wird um den Nachwuchs geworben. Die IHK hat etwa die Lehrstellenbörse ins Leben gerufen, setzt seit Jahren auf Messen wie die Fit for Job und bietet Speed-Datings für Noch-nicht-Azubis und Unternehmen an. Neu ist zudem die P-Seminarbörse. Firmen können sich Projekte für die gymnasiale Oberstufe überlegen und diese der IHK melden. Lehrerinnen und Lehrer wiederum können sich ein Projekt aussuchen, das sie mit ihren Kursen begleiten wollen. Die IHK hofft, dadurch auch mehr Abiturienten und Abiturientinnen für Ausbildungsberufe begeistern zu können.

    Im Landkreis Dillingen gibt es laut Stricker aktuell noch mehr als 50 offene Lehrstellen zum Ausbildungsstart 2022. "Wer noch keinen Ausbildungsplatz hat, findet noch einen", sagt sie. Die Zeit, in der sich Jugendliche mit dem Zwischenzeugnis bereits entscheiden mussten, sei vorbei. Und auch wenn der Blick in die Zukunft bei vielen Unternehmen nicht mehr so rosig aussieht wie noch vor ein paar Jahren: Auf dem Arbeitsmarkt merke man das nicht. Oder anders: Personal ist eigentlich immer gefragt. Künftige Azubis müssten also nicht um eine Anstellung bangen.

    Ähnliche Töne schlägt auch Rieger von WDT an. Dort sei aktuell etwa eine Stelle im technischen Verkauf und Support mit Schwerpunkt Export frei. Generell gehe das mit der Personalsuche schnell. "Es ist aber natürlich aktuell eine Herausforderung", sagt Rieger. Und auch dort bahnt sich der Generationswechsel an. Einige Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen gehen bald in Rente. "Wir wissen nicht, was in fünf Jahren ist." Es werde nicht einfach für das Wertinger Unternehmen. Aber machbar.

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