Kurzarbeit, Produktionsstopp, liegen gebliebene Aufträge. Die wirtschaftlichen Folgen des Coronavirus sind in nahezu jedem Betrieb zu spüren. Allein im Landkreis Dillingen haben 862 Unternehmen für 14460 Personen angemeldet. Das geht aus dem neuen Bericht der Agentur für Arbeit in Donauwörth hervor. Die Zahl könnte aber sogar noch höher sein: Denn nähere Angaben gibt es erst mit Zeitverzögerung.
Auf dem Arbeitsmarkt sind die Folgen des Virus besonders zu spüren: Waren im Juni 2019 noch 971 Landkreisbürger arbeitslos gemeldet, sind es ein Jahr später 1518. Die Quote liegt damit bei 2,7 Prozent. Eine der wenigen positiven Nachrichten: Im Mai waren im Landkreis noch sieben Personen mehr ohne Arbeit als im Juni. Außerdem sind nur noch 36 neue Arbeitsstellen gemeldet worden, insgesamt sind 608 offen – ein Minus von 32 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Am stärksten sind laut Agentur für Arbeit das verarbeitende Gewerbe und Zeitarbeiter betroffen.
Röhm in Dillingen hat die Krise schon früher erwischt
Doch genug der Zahlen. Wie haben Arbeitnehmer im Landkreis die Krise erlebt? Bei einer Pressekonferenz der IG Metall kamen kürzlich die Betriebsratsvorsitzenden einiger der größten Industriebetriebe im Landkreis zusammen. Sie schildern die Situation vor Ort.
„Uns hat die Krise schon Ende 2019 erwischt“, sagt Hermann Bunk, Betriebsratsvorsitzender im Werk Dillingen des Maschinenbauers Röhm, wo rund 210 Mitarbeiter tätig sind. Das Unternehmen habe bereits Stellen abgebaut, ältere Kollegen, die kurz vor der Rente standen, hätten Abfindungen erhalten, die Arbeitszeit sei reduziert worden. Dann kam das Virus. „Corona hat uns wirtschaftlich nicht in die Karten gespielt.“ Bei Röhm gebe es keine betriebliche Aufzahlung auf das Kurzarbeitergeld, befristete Verträge könnten wahrscheinlich nicht verlängert werden.
Wie Bunk es schildert, war es anfangs auch nicht einfach, an Masken und Desinfektionsmittel zu kommen, erkrankt war aber niemand. Trotzdem herrsche unter den Mitarbeitern große Sorge. Als Zulieferer für die Autobranche hatte Bunk gehofft, dass im Konjunkturpaket auch Verbrenner subventioniert werden. „Die Branche ist für die Volkswirtschaft wichtig. Da hängt ja auch der Maschinenbau dran“, sagt er. Bunk fordert, wie auch die IG Metall, seitens des Staats verlängerte Aufzahlungen auf das Kurzarbeitergeld.
Für die Mitarbeiter von Same Deutz-Fahr in Lauingen war das Thema Kurzarbeit nicht neu. Schon im April 2019, sagt Betriebsratsvorsitzender Hubert Feistle, habe man damit angefangen. Wegen Corona wurde die Kurzarbeit schließlich verlängert. Bei SDF waren 50 Prozent der Mitarbeiter im Homeoffice. „Vor Ort hatten wir nur noch Notbesetzung.“ Zeitweise stand die Produktion komplett still (wir berichteten). Als Vorsichtsmaßnahme wurden Temperaturmessungen bei allen Mitarbeitern, die auf dem Firmengelände tätig waren, durchgeführt.
Kurzarbeit sieht Feistle nicht negativ, im Gegenteil: „Das dient zumindest der Sicherung der Arbeitsplätze.“ Er wünscht sich einen Schutzschirm für Beschäftigte, die Sicherung der Ausbildungsplätze und: „Wir müssen wieder mehr in Deutschland produzieren.“ Die Krise habe gezeigt, dass die Abhängigkeit von Zulieferern aus anderen Ländern wie China in Krisenzeiten nicht funktioniere. Viele Unternehmen in Deutschland konnten zeitweise nicht mehr produzieren, weil die Zuliefererwerke wegen des Virus geschlossen wurden. „Wir müssen hoffen, dass das nicht in Vergessenheit gerät“, so Feistle.
Die IG Metall fordert den Erhalt der Arbeitsplätze im Landkreis Dillingen
Die Ausgangssituation bei der Lauinger Metall- und Veredelungs-GmbH, Zulieferer für die Möbelbranche und Produzent von Ladenbausystemen, war keine schlechte, sagt Betriebsratsvorsitzender Fritz Jenewein. „Nach der Insolvenz waren wir gut aufgestellt, im Betrieb war richtige Aufbruchstimmung.“ Doch die 80 verbliebenen Mitarbeiter habe die Krise kalt erwischt. „Kunden rufen die Aufträge nicht ab, weil sie keinen Bedarf haben. Und wir haben noch keine Tarifverträge.“ Aber: „Die Kunden halten zu uns.“ Er fordert, dass das Kurzarbeitergeld unbefristet weiterläuft. Aktuell können Unternehmen nur für maximal zwölf Monate Kurzarbeit anmelden. Dieser Zeitraum soll, das fordert auch die IG Metall, verlängert werden, damit die Arbeitsplätze gesichert sind.
Aus Sicht von Ingrid Eggenmüller lag ein „sehr gutes Geschäftsjahr“ vor BSH Hausgeräte in Dillingen. „Doch dann kam Corona“, sagt die Betriebsratsvorsitzende. Auch im Dillinger Geschirrspülerwerk wurde zeitweise nicht produziert (wir berichteten). Drei Wochen lang waren die Mitarbeiter in Kurzarbeit. Doch jetzt gebe es viel zu tun: „Wir haben Lieferrückstände, die wir aufholen müssen.“ Zum Kurzarbeitergeld habe es eine Aufzahlung gegeben. Eggenmüller ist es aber wichtig, die Situation der Familien zu betonen. „Kurzarbeit und Homeoffice sind eine große Belastung.“ Auch deshalb müsse man eine zweite Welle unbedingt verhindern.
Generell fordert die IG Metall, vertreten durch Angela Steinecker, Kurzarbeit über 2020 hinaus beizubehalten. „60 bis 67 Prozent des Gehalts sind aber auf Dauer zu wenig“, sagt sie. Deshalb will die Gewerkschaft zugleich Aufzahlungen von Unternehmen oder vom Staat durchsetzen. Und: „Die staatlichen Hilfen müssen den Beschäftigten zugutekommen. Die Firmen sollten das Geld weitergeben.“
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