Energietechnisch stehen die Zeichen auf Veränderung: die Klimakrise, die Abhängigkeit von russischem Gas, steigende Preise. Strom vor Ort zu produzieren, wird immer wichtiger. Im Osterpaket des Wirtschaftsministeriums werden einige Hürden abgebaut, die es Firmen wie Privatleuten leichter machen sollen, in Photovoltaik-Anlagen zu investieren. Die meisten Änderungen gelten ab Januar 2023. "Es sollten sich jetzt alle zu dem Thema Gedanken machen – und geduldig sein", sagt Wolfgang Kempfle. Sein Unternehmen ESS Kempfle berät in ganz Schwaben. Und er hat alle Hände voll zu tun.
Dächer von Firmen im Landkreis Dillingen bieten Platz für Photovoltaik-Anlagen
Gerade Firmen verbrauchen oft große Flächen, die in Teilen auch für die Energiegewinnung genutzt werden könnten. Kempfle sagt, der Vorteil von Anlagen auf Firmendächern liege unter anderem darin, dass der produzierte Strom direkt tagsüber verbraucht werden könne. Seit dem Osterpaket hätten sich viele Dinge verändert. Geregelt wird alles im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG): Dachflächen, etwa Turnhallen, die zwar viel Solarpotenzial bieten, unter denen aber wenig Strom verbraucht wird, hätten sich lange nicht gelohnt. Jetzt sei das anders.
Bisher sank die Einspeisevergütung kontinuierlich. Im neuen EEG ist sie auf zwei Jahre festgeschrieben und soll später nur noch halbjährlich sinken. Wird eine Anlage in Betrieb genommen, gelten die Vergütungssätze für 20 Jahre. Für Dachanlagen wird laut Bundeswirtschaftsministerium die Vergütung deutlich angehoben. Selbst produzierter Strom durch PV-Anlagen koste zehn Cent pro Kilowattstunde, der durchschnittliche Einkaufspreis liegt wiederum bei knapp über 30 Cent. Und besonders wichtig: Man muss sich nicht mehr zwischen Volleinspeise- und Eigenverbrauchsanlage entscheiden, stattdessen ist eine Kombi möglich. Es lohnt sich also, wenn das ganze Dach zugebaut wird.
Statik, Elektrik und die richtige Variante sind bei PV-Anlagen entscheidend
Solarenergie im Landkreis Dillingen in Zahlen
Im Landkreis Dillingen waren Stand 2020 8606 Solaranlagen installiert. Eine Unterscheidung zwischen privaten und geschäftlichen nimmt das Landratsamt dabei nicht vor. Aktuellere Zahlen liegen aktuell noch nicht vor.
Die installierte Leistung lag 2020 bei 223.950 Kilowatt.
2020 wurden insgesamt mehr als 212 Millionen Kilowattstunden aus Anlagen im Landkreis Dillingen eingespeist. Das reicht für etwa 66.000 Zwei-Personen-Haushalte ein Jahr lang.
Und auch der Betrag aus der Einspeisevergütung ist beachtlich: 66,3 Millionen Euro flossen in den Landkreis Dillingen.
Kempfle ist sich sicher: Eine PV-Anlage auf dem Dach ist ein "sehr, sehr rentables Geschäft" – gerade mit Blick auf die aktuell steigenden Energiekosten. Bis sich eine Anlage refinanziert, dauere es rund sechs bis sieben Jahre. Also einfach Anlagen bestellen und das Dach zubauen? Ganz so einfach ist es nicht. Zuerst muss etwas beachten, das Kempfle das "magische Dreieck" nennt: die Statik, die Elektrik und die richtige Variante. PV-Anlagen wiegen 16 bis 18 Kilo pro Quadratmeter, gerade bei älteren Gebäuden müsse daher die Stabilität geprüft werden. Und nicht jede Firmenhalle sei für die Strommengen technisch ausgelegt. Und dann muss man sich entscheiden: Volleinspeisung, Eigenverbrauch oder eine Kombination?
Bis 2030 sollen deutschlandweit jedes Jahr 17,4 Gigawatt PV-Leistung installiert werden. Aktuell kämpfe man in der Branche allerdings mit Lieferengpässen und fehlenden Handwerkern, sagt Kempfle. Die Lieferzeit betrage rund ein Dreivierteljahr. Trotzdem ist er überzeugt: "Man kann sich meiner Ansicht nach der Sache kaum mehr entziehen." Vor allem auch, weil es darum gehe, die 1,5-Grad-Grenze einzuhalten.