In den vergangenen Wochen überschlugen sich beinahe die Meldungen zu dubiosen Geschäften von Mitgliedern von CSU und CDU, die im Zuge der „Maskenaffäre“ ans Licht kamen. Bei der Vermittlung von Geschäften zwischen Wirtschaft und Staat bei der Versorgung mit medizinischen Gütern in der Pandemie hielten einige Politiker offenbar die Hand auf und bereicherten sich persönlich. Besonders rege scheint es beim Kreisverband der CSU in Günzburg zugegangen zu sein – der Bundestagsabgeordnete Georg Nüsslein und der Landtagsabgeordnete Alfred Sauter gehören beide der CSU im Nachbarlandkreis an. Die beiden Politiker sollen bei der Vermittlung von Deals von sehr hohen Provisionen kassiert haben, beide bestreiten die Vorwürfe.
Georg Winter, Johann Häusler, Fabian Mehring und Ulrich Lange
Wie blicken diejenigen auf die Affäre und die darum entbrannte Debatte, welche unsere Region in den großen Parlamenten vertreten? In den Bundestag wurde aus dem Landkreis Ulrich Lange (CSU) entsandt. Im Landtag wird der Landkreis Dillingen von Georg Winter (CSU) und Johann Häusler (Freie Wähler) vertreten, der Meitinger Fabian Mehring (FW) zog ebenfalls in den Bayerischen Landtag ein.
der am Wertinger Gymnasium das Abitur gemacht hat, nimmt kein Blatt vor den Mund, als er sich gegenüber unserer Zeitung zu den Vorfällen beim Koalitionspartner CSU äußert. „Was im Zuge der Maskenaffäre an Vorwürfen im Raum steht, sprengt meine Vorstellungskraft als junger Parlamentarier. Sich an der größten Krise der Nachkriegszeit persönlich zu bereichern, ist noch schäbiger als die Abzocke bei der Verwandtenaffäre vor sieben Jahren“, sagt Mehring. Es ärgere ihn, dass wenige Politiker durch ihr Verhalten die gesamte Berufsgruppe in Verruf brächten. Das sei Gift für die Demokratie. „Schließlich ist es in der Coronakrise ohnehin schwer genug, die Menschen mitzunehmen und das derzeitige Chaos der Berliner Bundespolitik plausibel zu erklären“, so Mehring. „Da ist es natürlich Wasser auf die Mühlen aller, die unsere Gesellschaft weiter spalten wollen, wenn Parlamentariern kriminelle Geschäfte unterstellt werden. Das kann und will ich niemandem erklären.“
Vorwürfe und Verdächtigungen schaden
Ulrich Lange (CSU) empfindet ähnlich wie Mehring. „Ich kann nur zum Ausdruck bringen, dass ich auch selbst in höchstem Maße verärgert bin“, so Lange gegenüber unserer Zeitung. „Derartige Praktiken dürfen in der Politik nicht toleriert werden.“ Auch an ihm selbst gehe die Debatte nicht spurlos vorbei. „Ich möchte nicht verschweigen, dass mich die Vorwürfe und Verdächtigungen, die nun gegen alle Politiker gerichtet werden, persönlich sehr belasten. Ich denke, dass ich mich immer korrekt verhalten habe und mit großem persönlichem Einsatz für unsere Region arbeite – da tut es schon weh, wenn man nun pauschal für Dinge mitverurteilt wird, die andere angerichtet haben.“
Lange ist froh, dass die CDU/CSU-Fraktion sich nun einen sogenannten „Verhaltenskodex“ gibt. Gemeinsam mit der SPD habe man sich auf eine deutliche Verschärfung der Transparenzregeln für Abgeordnete geeinigt. „Ich denke, das ist der richtige Weg, um das verlorene Vertrauen wiederherzustellen – ein Weg zu maximaler Transparenz“, so Lange.
äußert sich gegenüber unserer Zeitung vergleichsweise knapp zur Debatte. „Viele Mitbürgerinnen und Mitbürger sind durch die Ereignisse und die hohen Summen, die durch die Medien gingen, irritiert und enttäuscht, bis hin zum Vertrauensverlust“, so konstatiert auch der Höchstädter die Lage. Auf die Frage, ob die Debatte die parlamentarische Arbeit beeinflusse, entgegnet Winter: „Die Sacharbeit und die zusätzlichen Anfragen und Anliegen wegen Corona beherrschen aktuell unseren Alltag.“
Bundestagswahl im September
Johann Häusler glaubt, dass die Affären weitreichende Folgen haben könnten, speziell bei der Bundestagswahl im September. „Auch wenn es stets nur einige wenige sind, wie aktuell in der Maskenaffäre, so führt dies in der Konsequenz zu weitreichenden staatspolitischen Folgen. Die Gefahr ist groß, dass sich dadurch im Herbst diesen Jahres die politischen Koordinaten völlig verschieben und nachhaltige Auswirkungen für unsere Volkswirtschaft zur Folge haben“, sagt Häusler. Das Vertrauen in Politiker allgemein nehme in seinen Augen merklich Schaden.
Auf die Frage, was sich an der aktuellen Gesetzeslage ändern müsste, antwortet Häusler differenziert. „Wer öffentliche Einkünfte bezieht, insbesondere in verantwortlicher Position, sollte eine vollständige Transparenz akzeptieren, wenn es darum geht, die öffentliche Verantwortung klar von privaten Interessen abzugrenzen“, so der gelernte Landwirt und Kaufmann.
„Wer sich dieser Transparenz verweigere, dürfe kein entsprechendes Mandat anstreben und annehmen. Allerdings darf ein sehr eng gefasstes Transparenzgesetz nicht dazu führen, dass unsere Parlamente künftig nur noch von Vertretern des öffentlichen Dienstes, von Beamten und Angestellten, beschickt werden.“ Es brauche auch in Zukunft die Expertise aller Bevölkerungsschichten, so Häuslers Meinung.
Gelernter Beruf: Anwalt
Mehring, Winter und Häusler führen nach eigenen Angaben keine wirtschaftlichen Nebentätigkeiten aus. Ulrich Lange ist nach eigenen Angaben seit 1996 als Rechtsanwalt zugelassen und seit 2000 als Fachanwalt für Arbeitsrecht und als Fachanwalt für Familienrecht. In dieser Zeit wurde er Partner in einer Kanzlei in Nördlingen, was er heute noch sei. „Ich halte es für wichtig, dass Politiker einmal etwas anderes in Ihrem Berufsleben gesehen haben, als nur den Plenarsaal. Außerdem möchte ich mir die Möglichkeit bewahren, nach meiner aktiven Zeit als Politiker, jederzeit in meinem erlernten Beruf als Anwalt zu arbeiten“, so Lange gegenüber unserer Zeitung.
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