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Landkreis Dillingen: So wirkt sich die Senkung der Mehrwertsteuer im Landkreis Dillingen aus

Landkreis Dillingen

So wirkt sich die Senkung der Mehrwertsteuer im Landkreis Dillingen aus

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    Seit Anfang Juli zahlen Kunden in Deutschland einen verminderten Mehrwertsteuersatz. Je nach Branche wirkt sich dies unterschiedlich aus.
    Seit Anfang Juli zahlen Kunden in Deutschland einen verminderten Mehrwertsteuersatz. Je nach Branche wirkt sich dies unterschiedlich aus. Foto: Jens Büttner, dpa (Symbol)

    Manchmal geht es nur um Cent-Beträge. Manchmal um hunderte und mehr Euro. Seit 1. Juli sparen sich Verbraucher bei vielen Einkäufen einen Teil der Mehrwertsteuer. Um in Krisenzeiten die Konjunktur anzukurbeln, hat die Bundesregierung die Abgabe von 19 auf 16 Prozent beziehungsweise von sieben auf fünf Prozent reduziert. Dies gilt bis zum Jahresende. Geben Anbieter diese Steuersenkung weiter? Und kommen Kunden nun wieder in Kauflaune? Wir haben mit Händlern im Landkreis Dillingen gesprochen.

    Landkreis Dillingen: Das sagen Händler zur Senkung der Mehrwertsteuer

    Bernd Brenner kann aus zwei verschiedenen Perspektiven berichten. Zum einen aus der eines Buchhändlers in Dillingen. Als solcher berichtet er, dass im Buchhandel in der Regel eine Preisbindung bestehe. Bei vielen Büchern setze der Verlag einen Preis fest. Die Mehrwertsteuersenkung könne man in diesem Fall nicht weitergeben. Dafür werde der Betrag, den man sich sparen würde, an Umweltverbände gespendet, sagt Brenner. So könne man als Kunde – wenn man schon nicht von der Senkung der Abgabe profitiere – beim Kaufen immerhin das Gefühl haben, etwas Gutes zu tun. Manche Verlage geben den reduzierten Steuersatz jedoch weiter. In diesen Fällen verringert auch er als Händler seine Preise, sagt Brenner.

    Als Bezirksvorsitzender des bayrischen Handelsverbandes hat er die Situation seiner Kollegen ebenso im Blick. „Die meisten geben die Senkung an die Kunden weiter“, sagt Brenner. Es gehe darum, Kaufanreize zu schaffen. Ein „großer Run“ auf die Geschäfte sei deshalb aber noch nicht feststellbar. Je nach Branche könnten sich Kunden zum einen lediglich „Kleinstbeträge“ sparen. Zum anderen beobachtet Brenner nach wie vor eine gewisse Unsicherheit in der Bevölkerung. Immer noch sind viele in Kurzarbeit. „Da überlegt man sich Anschaffungen zwei Mal.“ Die Steuersenkung könnte da zumindest eine kleine Entscheidungshilfe sein, so die Hoffnung der Händler. Um den Anreiz zu erhöhen, schlagen manche Anbieter weitere Rabatte oben drauf, berichtet Brenner. Und möglicherweise brauchen die Kunden Zeit zum Überlegen, um dann gegen Ende des Jahres zuzuschlagen.

    Als Kunde sollte man sich nicht allzu viel Zeit lassen

    Allzu viel Zeit sollte man sich als Verbraucher nicht nehmen – zumindest dann, wenn es um große Anschaffungen geht. Das empfiehlt Willi Scharpf, Inhaber des gleichnamigen Küchenstudios in Syrgenstein. Der verminderte Mehrwertsteuersatz gilt für den Zeitpunkt, an dem die Leistung erbracht wird. Heißt: Nur wenn die Lieferung in diesem Jahr erfolgt, profitiert man von der Steuersenkung. Bei Scharpf betrage die Lieferzeit in der Regel acht Wochen. Rechnet man die Zeit dazu, die man als Kunde benötigt, um sich eine komplexe Anschaffung wie eine Küche zusammenzustellen, „muss man so ganz langsam in die Pötte kommen“, empfiehlt Scharpf. Es sei zu spüren, dass die vorübergehende Abgabeminderung ein Thema bei den Kunden sei, die derzeit kommen, sagt er. Wer schon länger mit einer Anschaffung geliebäugelt habe, frage sich nun: „Warum nicht jetzt?“ Aus Händlersicht begrüße es Scharpf, dass dem Verbraucher ein zusätzlicher Anreiz geschaffen wird. Doch dafür müsse er viel im Hintergrund beachten. „Ich habe einen Riesen logistischen und organisatorischen Aufwand, und das für einen relativ kurzen Zeitraum“, kritisiert Scharpf. Ihm wäre lieber gewesen, dass die Steuersenkung dauerhaft Bestand hat.

    Die Bereiche Garten und Outdoor-Sport boomen - auch ohne Steuersenkung

    Vielen Händlern war der Aufwand zu groß, alle Artikel neu zu etikettieren. Stattdessen werden die Steuerprozente einfach an der Kasse abgezogen. So handhabt es auch Garten Reiter in Wertingen. „Wir haben einen zu großen Artikelstamm, als dass wir alles ausschildern können“, sagt Geschäftsführerin Stefanie Reiter. Derzeit könne man viele Kunden begrüßen, berichtet sie. Ob dies allerdings mit der Steuersenkung zu tun hat, ist unklar. „Ich denke, das liegt eher an der Gesamtsituation“, sagt Reiter. So mancher verzichtet heuer auf Urlaub und bleibt lieber zu Hause. So bleibe mehr Zeit, um sich um den Garten zu kümmern.

    Auch der Sportbereich spürt die Trends in Corona-Zeiten – unabhängig von der Steuersenkung. „In den Bereichen Running, Outdoor und Walking ist die Nachfrage spürbar“, berichtet Jürgen Weber, Geschäftsführer von Sport Seeßle in Gundelfingen. Im Bereich Teamsport, der lange Zeit brachlag, sei man dagegen „voll getroffen worden“, so Weber. Der verminderte Steuersatz ändere an der vorhandenen Nachfrage, die sich im Sport-Bereich nach dem momentanen Bedarf richte, kaum etwas. „Bei uns ist noch kein Kunde aktiv darauf angesprungen.“ Bei vielen Artikeln falle die Senkung nur wenig ins Gewicht. Dazu kommt, dass im Rahmen des Sommerschlussverkaufes ohnehin reduzierte Preise gelten. „Da ist die Frage, ob die Steuersenkung den Ausschlag für einen Kauf gibt“, sagt Weber, der diesen Effekt eher in der höherpreisigen Möbel- oder Autobranche verortet.

    Wer ein billigeres Auto will, muss sich beeilen

    Vor allem im Juni sei die Mehrwertsteuer bei Kunden Thema gewesen, sagt Alfred Rudhart, Geschäftsführer des gleichnamigen Autohauses in Lauingen. In diesem Monat hätten sich Käufer darum bemüht, ihre neuen Autos erst im Juli ausgeliefert zu bekommen – und somit Steuern zu sparen. Einen positiven Effekt durch die Konjunkturmaßnahme kann er bislang allerdings nicht beobachten, sagt Rudhart – obwohl es im Automobilbereich um nennenswerte Beträge geht und der Händler die Vergünstigungen direkt an die Kunden weitergebe. „Das Geschäft läuft derzeit eher schleppend.“ Ob dies an einer beginnenden Urlaubsflaute oder an einer krisenbedingten Zurückhaltung liegt, lasse sich schwer sagen.

    Rudhart ist aber überzeugt, dass im Herbst einige Kunden noch von verringerten Preisen profitieren wollen – gerade diejenigen, die sich im kommenden Frühjahr ohnehin ein Auto kaufen wollen. Doch je näher das Jahresende rückt, desto enger könnte es werden, dass die Auslieferung noch fristgerecht klappt, warnt Rudhart. Schon jetzt gebe es einige Neuwagen-Modelle, die auf Bestellung nicht mehr bis Jahresende kommen würden – und somit nicht mehr mit einem verringerten Steuersatz abgerechnet werden könnten.

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