Die Deutschen sollen im Lockdown, soweit es möglich ist, vom eigenen Schreib- oder Esstisch aus arbeiten. Hierfür braucht es unter anderem eine gute Selbstorganisation, einen ergonomischen Arbeitsplatz, eine geeignete technische Ausrüstung – und natürlich eine stabile Internetverbindung. Experten empfehlen einen Internetanschluss von mindestens 50 Mbit/s, um einen Haushalt problemlos zu versorgen. So auch Tobias Miessl, Geschäftsführer von Miecom-Netzservice in Binswangen. Doch über welchen Internetanschluss sollte ein Haushalt mit Homeoffice und Distanzunterricht verfügen? Miessl empfiehlt hiefür mindestens 100 Mbit/s, „um vernünftig arbeiten zu können“.
Breitband und Mbits/s einfach erklärt
Wer bisher nichts verstanden hat, dem hilft vielleicht dieser Vergleich vom Fachmann Miessl weiter: Die Anzahl an Megabit pro Sekunde gibt die Bandbreite beziehungsweise Geschwindigkeit an, wie schnell Daten übertragen werden können. Während wenige Mbit/s und damit langsames Internet einem Feldweg gleicht, ist sehr schnelles Internet mit einer Autobahn vergleichbar. „Da kann ich noch so ein schnelles Fahrzeug haben, ich werde auf einem holprigen Feldweg nicht so schnell sein wie auf der Autobahn“, erklärt der Binswanger Unternehmer. Deswegen erwähnt man die Glasfaser auch gern in Zusammenhang mit der „Datenautobahn“.
Und weil bei einer Übertragung von Daten, Bildern und Videos ein Bild beim Versenden erst einmal in sehr viele kleine Datenpakete zerrissen wird, ist es eben wichtig, dass diese Pakete auch alle ganz schnell und vor allem zeitgleich beim Empfänger wieder ankommen. Wie das aussieht, wenn es schiefgeht, erfahren zurzeit viele Menschen im Homeoffice: Beim Telefonieren, Chatten oder bei Videokonferenzen führt das dann zu verschwommenen Bildern und abgehackten Gesprächen, weil einige der Pakete einfach nicht schnell genug da sind oder verloren gegangen sind.
Breitbandatlas für den Landkreis Dillingen
Doch wie sieht es mit der Homeoffice-Tauglichkeit im Landkreis Dillingen aus? Und wie selbstverständlich ist schnelles Internet vor Ort? Ein Blick in den Breitbandatlas des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur ist dabei hilfreich. Die Grafiken zeigen, wie die Breitbandverfügbarkeit im Landkreis Dillingen für Privathaushalte verteilt ist. Die Daten für den gewerblichen Bereich sollen hier außen vor gelassen werden; das Homeoffice findet schließlich im Privaten statt.
Die linke Grafik zeigt: Bis auf die Gemeinde Bissingen verfügen alle Kommunen mindestens zu 75 Prozent über 50 Megabit pro Sekunde oder mehr. Die dunkelblauen Gebiete, Höchstädt, Wittislingen, Haunsheim, Zöschingen, Gundelfingen, Villenbach und Zusamaltheim verfügen sogar zu 95 Prozent und mehr über diese Anschlussgeschwindigkeit.
Weniger erfreulich und farbkräftig erscheint hierbei die rechte Grafik. Sie zeigt, wo im Landkreis in den Privathaushalten ein Internetanschluss von mindestens 100 Megabit theoretisch zur Verfügung steht. Im Durchschnitt ist diese Geschwindigkeit zu 60 Prozent im Landkreis vorhanden. Acht Gemeinden, in der Karte grau gehalten, verfügen nur zwischen null bis zehn Prozent über einen 100-Mbit/s-Anschluss oder mehr. Keine Kommune verfügt komplett über jene Abdeckung. Nur Höchstädt, Lauingen und Gundelfingen weisen eine Abdeckung von über 75 bis 95 Prozent auf.
Große Kreisstadt Dillingen schneidet mittelmäßig ab
Besonders auffällig: Dillingen als Große Kreisstadt schneidet eher mittelmäßig ab. Näher herangezoomt sieht man: In der Kernstadt verfügen im Durchschnitt 74 Prozent der Privathaushalte über mindestens 100 Mbit/s. In den anderen Stadtteilen sieht es dagegen mager aus. In Kicklingen und Fristingen liegt der Wert sogar bei null bis zehn Prozent.
Die Stadt Dillingen informiert auf Anfrage unserer Zeitung darüber, wie die Breitbandunterschiede zu erklären sind: Wie vielerorts sei in Dillingen der Grund die Inanspruchnahme der ersten beiden bayerischen Breitbandförderprogramme. Dies sehe man auch an dem angesprochenen Beispiel: Vor rund zehn Jahren wurden in Dillingen im Zuge des ersten Förderprogramms die Stadtteile Fristingen, Kicklingen und Steinheim mit Breitbandinternet erschlossen. Fördervoraussetzung war damals, dass die dortigen Haushalte bis dahin wesentlich „unterversorgt“ waren – nach Definition des zuständigen Staatsministeriums verstand man darunter Geschwindigkeiten von flächenmäßig unter einem Mbit/s.
Förderungen und Firmen diktieren den Breitbandausbau
Der Dillinger Stadtrat beschloss laut Pressemitteilung damals: Überall dort, wo ein geförderter Ausbau im Stadtgebiet möglich ist, soll dieser auch erfolgen. Nachdem die förderfähige Unterversorgung in Fristingen, Kicklingen und Steinheim nachgewiesen wurde, erhielten diese drei Stadtteile vor rund zehn Jahren Anschlüsse von 30 bis 50 Mbit/s.
Einige Jahre später folgte das zweite Breitbandförderprogramm. Dieses forcierte den Ausbau von Bereichen, die unter 30 Mbit/s lagen – damit fielen alle Ausbaugebiete aus dem ersten Verfahren aus dem Förderbereich. Vielerorts, so auch im Stadtgebiet von Dillingen, kam es aber gar nicht zum geförderten Ausbau im Zuge des zweiten Förderprogramms. Der Grund: Die Telekom hatte einen sogenannten „eigenwirtschaftlichen Ausbau“ angekündigt. Und die Förderrichtlinien sagten in einem solchen Fall eindeutig: Dort, wo ein Unternehmen eigenes Geld investiert, darf kein mit öffentlichen Mitteln geförderter Ausbau mehr stattfinden – auch, wenn wie in Dillingen der Stadtrat eine siebenstellige Summe zur Förderung des Ausbaus eingeplant hatte. Im Rahmen dieses eigenwirtschaftlichen Ausbaus erschloss die Telekom die Kernstadt sowie weitere innenstadtnahe Bereiche mit Bandbreiten von 50 bis 100 Mbit/s.
Breitband im Landkreis Dillingen wird weiterhin ausgebaut
Laut Auskunft der Telekom an die Stadt Dillingen vom 27. Januar laufen derzeit noch weitere Arbeiten zum „Highspeed-Ausbau“, die in diesem Frühjahr abgeschlossen sein sollen.
Für die zukünftige Breitbandversorgung im Landkreis sei es allgemein wichtig, betont Tobias Miessl von Miecom-Netzservice, dass die Bürger ihr Interesse an schnelleren Anschlüssen bekunden, sodass sowohl die Gemeinden als auch die Anbieter erkennen, wo die Notwendigkeit für einen Glasfaserausbau am nötigsten ist. Viele Gemeinden seien bereits in das neue Förderprogramm eingestiegen. „Der Markt ist unwahrscheinlich schnelllebig und der Bandbreitenbedarf, gerade auch im Privatbereich, ist in den letzten Jahren enorm angestiegen“, betont Miessl.
Bis vor zwei oder drei Jahren sei man mit einem Internetanschluss mit 25 Mbit/s gut bedient gewesen, und etwa 85 Prozent der Kunden im Miecom-Netzbereich hätten diese Geschwindigkeit gebucht. Heute sei dagegen ein 50-Mbit/s-Anschluss schon das Minimum, was man haben sollte. „Wir sehen gerade in den letzten neun Monaten einen massiven Trend zu höheren Bandbreiten in den Bereich von 300 Mbit/s und mehr“, fügt Miessl hinzu.
Tipp für schnelleres Internet vom Fachmann aus dem Landkreis
Wer nur 50 Mbit/s bekommen oder sich einen schnelleren Anschluss nicht leisten kann, sollte während der Homeoffice- und Distanzunterrichtszeiten alle anderen Anwendungen, die auf das Internet zugreifen, auf ein Minimum reduzieren, um die verfügbare Bandbreite vollständig nutzen zu können. Hierzu zählen das Web-Radio, Onlinespiele, Streamingportale, Online-Mediatheken und Webcams. Dazu gehört auch das Telefonieren mit dem Festnetztelefon, welches heutzutage zu 99 Prozent ebenfalls über den Internetanschluss funktioniert. (mit pm)
Lesen Sie dazu den Kommentar: Beim schnellen Internet ist noch Luft nach oben
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