So geht es den Bauernfamilien im Landkreis Dillingen nach dem Hochwasser
Nach der Flutkatastrophe sitzt bei vielen Menschen der Schock noch tief – auch bei betroffenen Landwirten im Kreis Dillingen. Was sie von der Politik fordern.
Fast drei Wochen nach den enormen Niederschlägen und dem Hochwasser an Günz, Mindel, Zusam, Schmutter, Nebelbach, Brunnenbach und Donau ist das in das Donauried ausgeleitete Hochwasser noch immer nicht ganz abgeflossen. Die bei diesem Jahrhunderthochwasser entstandenen Schäden an Immobilien und landwirtschaftlichen Flächen bzw. Kulturen sind jedoch deutlich sichtbar. Die Telefone stehen an der Dienststelle des Bayerischen Bauernverbandes (BBV) in Dillingen nicht still. "Bisher haben sich rund 180 Bäuerinnen und Bauern an der Geschäftsstelle gemeldet und Schätzer zur Schadensermittlung angefordert", kann Martina Keck, BBV-Marktreferentin und Leiterin der Dillinger Dienststelle feststellen.
Nach der Flut: Verbindliche Zusagen von Politikern
Kreisbäuerin Annett Jung berichtet von den unzähligen Gesprächen mit betroffenen Bauernfamilien. "Besonders tief sitzt der Schrecken bei den Familien, die vor einer Evakuierung standen. Gleich, ob es sich hier um Bauernfamilien oder Privatleute handelt", so Jung. Sie hoffe nur, sagt die Kreisbäuerin und Kreisrätin Jung, dass nun keine Politik des Vergessens einsetze. Sie spielt damit auf die Zusagen der Politik an, die von der Hochwasserkatastrophe betroffenen Bürgerinnen und Bürger, Bauernhöfe, Selbstständige und Unternehmen nicht alleine zu lassen. Jung fordert von der Politik verbindliche Zusagen für den Umgang mit solchen Schadensereignissen beziehungsweise den daraus entstehenden Schäden, die es laut Prognosen der Meteorologen immer häufiger geben wird.
Kreisobmann Klaus Beyrer unterstreicht die Aussagen der Kreisbäuerin. "Nach dem letzten großen Donauhochwasser im Jahr 2013, bei dem der in den letzten Wochen oft genannte "Riedstrom" aktiviert wurde, hat man nach 3 Jahren Verhandlungen zusammen mit den Ministerien für Finanzen, Landwirtschaft und Umwelt im Dezember 2016 eine Vereinbarung getroffen. Bereits damals war die Forderung des Verbandes, eindeutige Regeln festzulegen, nach denen Schäden von im Riedstrom betroffenen Flächen reguliert werden. Leider war die Politik dazu nicht bereit. Wir fordern für das jetzige Ereignis von der Bayerischen Staatsregierung die Schadensregulierung entsprechend den Quoten wie in 2013.
Staustufen von Offingen bis Donauwörth
Die Bauern stellen ihre Flächen zur Hochwasserausleitung zur Verfügung, und das ist nicht selbstverständlich", so Beyrer in einer Pressemitteilung. Experten bescheinigen uns, dass der Riedstrom von Lauingen bis Donauwörth noch Schlimmeres verhindert habe, berichtet der Kreisobmann. "Das ist für uns der Beweis, dass die im Riedstrom liegenden Äcker und Wiesen ein nicht unbedeutender Teil des Hochwasserschutzsystems sind. Der Lauf der Donau wurde in den vergangenen Jahrhunderten durch Menschenhand verändert. Zwischen den 60er- und 80er-Jahren wurden von Offingen bis Donauwörth Staustufen gebaut. Alles das sind technische Veränderungen an der Donau. Wir verstehen nicht, wie hier von einem natürlichen Hochwasserschutz die Rede sein kann", so Beyrer. Der Bauernverband hat sich bereits an die Staatsregierung gewandt, um klare Regeln, wie sie zum Beispiel bei Hochwasserrückhaltebecken Anwendung finden, für künftige Hochwässer auszuhandeln.
Schon mit der Corona-Pandemie zu kämpfen gehabt
Annett Jung, die zusammen mit ihrem Ehemann im Höchstädter Stadtteil Sonderheim einen Bauernhof bewirtschaftet, hat selbst Flächen, die im Überschwemmungsgebiet an der Donau und im Ried liegen. "Wir stellen gerne unsere Flächen für den Schutz von Häusern und Betrieben unserer Mitmenschen zur Verfügung, das kann es jedoch nicht um Gottes Lohn alleine geben", sagt Annett Jung. Die Kreisbäuerin erlaubt, an die viel beschworene Systemrelevanz der Landwirtschaft in der Corona-Pandemie zu erinnern. Gerade für die Schwaighöfe und Betriebe entlang des Donauriedes, die ihre Hauptflächen im Ried bewirtschaften, bedeutet das Jahr quasi nicht nur eine Nullrunde, sondern eine Minusrunde. Sowohl Jung als auch Beyrer betonen, dass das kein Jammern sein soll. Wir wissen sehr wohl, welchen Schaden viele Hausbesitzer erlitten haben. Auch hier muss von der Staatsregierung deutlich nachgelegt werden. (AZ)
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