Startseite
Icon Pfeil nach unten
Dillingen
Icon Pfeil nach unten

Landkreis Dillingen: Prozess in Dillingen: Mann bricht Ex-Partnerin das Jochbein

Landkreis Dillingen

Prozess in Dillingen: Mann bricht Ex-Partnerin das Jochbein

    • |
    Vor dem Dillinger Amtsgericht musste sich ein Mann verantworten, der seine Freundin mehrfach geschlagen und bedroht haben soll.
    Vor dem Dillinger Amtsgericht musste sich ein Mann verantworten, der seine Freundin mehrfach geschlagen und bedroht haben soll. Foto: Jonathan Mayer (Archivbild)

    Kurz vor Beginn der Verhandlung ruhen die Arme des Angeklagten auf den Schenkeln. Der 27-Jährige hält die Augen geschlossen, atmet tief ein und aus. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, seine damalige Freundin über mehrere Monate hinweg immer wieder geschubst, geschlagen, gebissen und bedroht zu haben. Am Schluss landete sie mit einem gebrochenen Jochbein im Krankenhaus. Die Folgen, sagt sie später im Zeugenstand, spürt sie noch heute. 

    Insgesamt acht Taten zählt die Staatsanwaltschaft in der Anklage auf. Der erste Übergriff geschah wohl im März 2023, zwei Tage bevor die beiden ein Paar wurden. Oft trug die junge Frau Hämatome oder Kratzer davon. Doch beim letzten Mal endete sein Ausraster für sie im Krankenhaus. Juristen fassen die vier Monate regelmäßiger Gewaltausbrüche so zusammen: Acht Fälle der Körperverletzung, außerdem Bedrohung und versuchte Nötigung. 

    Vor dem Dillinger Amtsgericht bricht der Angeklagte in Tränen aus

    Als der Angeklagte das Wort erhält, brummelt er undeutlich vor sich hin. "Im Großen und Ganzen stimme ich dem zu", sagt er. Und: "Ich fühle mich schlecht, weil ich diese Dinge getan habe. Es war von Anfang an eine sehr toxische Beziehung." Er seufzt, atmet schwer. Die Worte wollen nicht recht aus ihm herauskommen. Sein Verteidiger, Rechtsanwalt Kai Fuhrmann, sagt: "Mein Mandant ist mit der Situation überfordert." Doch das hilft ihm wenig. Der Angeklagte gesteht, wenn auch nicht alles. Weite Teile der Verhandlung drehen sich um die Frage, welche Taten er bestätigt und welche nicht. Doch am Ende ist diese Debatte eher nebensächlich.

    Als Richterin Andrea Eisenbarth wissen will, was er mit toxischer Beziehung meint, druckst er herum. Es seien danach noch "ein paar Dinge" vorgefallen. Und: "Es war nicht so, dass ich das aus heiterem Himmel getan habe." Verteidiger Lehmann springt seinem Mandanten zur Seite. Die Partnerin habe damals gedroht, ihm das Leben zur Hölle zu machen. Da bricht der Angeklagte in Tränen aus. Sie habe jedes Detail aus seinem Leben erfahren wollen, um etwas gegen ihn in der Hand zu haben. Sie sei eifersüchtig gewesen und habe sich ihm in den Weg gestellt, wenn er gehen wollte. Dann habe sie mit der Polizei gedroht. "Ich kam da nicht mehr raus. Es hat sich immer hochgeschaukelt", sagt der 27-Jährige. 

    "Mir ist erst danach klar geworden, was ich gemacht habe", sagt der Angeklagte

    Als Mitte Juli 2023 ein Streit eskalierte, setzte der Angeklagte sich auf seine Partnerin und drückte seine Faust mit seinem kompletten Gewicht in ihr Gesicht, wodurch das Jochbein brach. Vor Gericht zeigt er sich erschrocken über sich selbst. "Mir ist erst danach klar geworden, was ich gemacht habe", sagt er. Daraufhin brachte er sie ins Krankenhaus nach Heidenheim. 

    Der erste Zeuge in dieser Verhandlung vor dem Dillinger Amtsgericht ist der damals behandelnde Arzt. Seine Kolleginnen hätten den Verdacht geäußert, dass es sich bei der Patientin um ein Opfer häuslicher Gewalt handele, erzählt er. Geglaubt habe er das zunächst nicht. Die Kolleginnen machten oft viel Drama um nichts, sagt er. Und die junge Frau habe sich fest an den Angeklagten gedrückt. Er habe an Drogenmissbrauch gedacht, sagt der Arzt. Im Krankenhaus habe der Angeklagte gesagt, er habe seine Partnerin im Bad gefunden. Doch als die beiden getrennt waren, habe die Patientin einer Krankenschwester alles erzählt. 

    Die junge Frau ist immer noch in Behandlung

    Dann wird die Geschädigte selbst gehört. Sie berichtet dem Gericht nüchtern von den Vorfällen. Ihren Ex-Partner schaut sie nur selten an. Sie schildert, wie es zu den Streitigkeiten kam: Mal sei es wegen des Wohnungsschlüssels gewesen, mal aus Eifersucht oder weil sie nicht wollte, dass er spät abends noch geht. Auf die Frage von Richterin Eisenbarth, warum sie sich immer wieder auf ihn eingelassen habe, sagt die 21-Jährige, die mit Anwältin vor Gericht auftritt, knapp: "Weil er manipulativ ist. Er hat halt gewusst, wie's geht." Nach dem Vorfall im Juli 2023 habe sie ihm auf dem Weg ins Krankenhaus vorgespielt, sich an nichts erinnern zu können. Da habe er ihr gesagt, sie sei im Bad hingefallen. Noch heute sei sie in psychologischer Behandlung und habe kein Gefühl in der betreffenden Gesichtshälfte. 

    Dann kommt es zu einer Situation, die es so vor Gericht nicht oft zu sehen gibt. Als der Angeklagte sich bei der 21-Jährigen entschuldigt, zückt er 2000 Euro in bar, die er ihr als Anzahlung für eine Entschädigung geben will. Er gibt das Geld seinem Anwalt, der will es Richterin Eisenbarth reichen, die große Augen macht. "Ich glaube nicht, dass die Geschädigte mit so viel Bargeld rumlaufen will", sagt die Richterin. Alle Seiten einigen sich schließlich darauf, dass die Abwicklung des Schmerzensgeldes über die Anwaltskanzleien läuft. Die Staatsanwaltschaft fordert am Ende zwei Jahre Freiheitsstrafe, ausgesetzt zur Bewährung. Rechtsanwalt Lehmann fordert 18 Monate. Richterin Eisenbarth verurteilt den Mann zu einem Jahr und neun Monaten, ausgesetzt zu drei Jahren Bewährung. Zu seinen Auflagen gehört die Zahlung von weiterem Schmerzensgeld sowie ein Anti-Aggressionstraining. Eisenbarth macht eines ganz deutlich: "Sie hätte auch tot sein können, wenn es die Nase gewesen wäre. Letzten Endes hatte sie Glück." 

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden