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Merz und AfD: Unerwartete Allianz beschäftigt Politiker im Landkreis Dillingen

Landkreis Dillingen

Merz‘ Antrag im Bundestag: „Ich finde es unerträglich“

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    Freude bei der AfD, „Bedauern“ bei Friedrich Merz: Am Mittwoch haben CDU und CSU einen Antrag im Bundestag mit Stimmen der AfD durchgebracht.
    Freude bei der AfD, „Bedauern“ bei Friedrich Merz: Am Mittwoch haben CDU und CSU einen Antrag im Bundestag mit Stimmen der AfD durchgebracht. Foto: Kay Nietfeld/dpa

    Von einem „historischen Ereignis“ ist die Rede, von Wortbruch, vom Fall der Brandmauer, der Verschiebung der Grundkoordinaten der Bundesrepublik: Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz hat am Mittwoch seinen „Fünf-Punkte-Plan“ zur Migrationspolitik durch den Deutschen Bundestag gebracht – mit den Stimmen der AfD. Während sich die einen darüber empören, feiert sich die Rechtsaußen-Partei und lobt Merz sogar dafür. Die Ereignisse in Berlin dürften den Wahlkampf weiter anheizen. Auch Politiker aus dem Landkreis Dillingen haben die Debatte aufmerksam verfolgt. Die Meinungen gehen auseinander.

    Für Merz' Vorschlag stimmte der direkt gewählte Bundestagsabgeordnete aus dem Wahlkreis Donau-Ries, Ulrich Lange. Er teilt auf Anfrage mit: „Nach Mannheim, Solingen, Magdeburg und zuletzt Aschaffenburg ist endgültig klar, dass sich etwas ändern muss in unserem Land. Es ist die zentrale Aufgabe des Staates, die Sicherheit seiner Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten.“ Entsprechende Maßnahmen hätten CDU und CSU immer wieder in den Bundestag eingebracht. Vonseiten der ehemaligen Ampel-Regierung und ihren Resten seien diese nicht aufgegriffen worden.

    CSU-Kreisvorsitzender Manuel Knoll hofft auf weniger polarisierte Zeiten.
    CSU-Kreisvorsitzender Manuel Knoll hofft auf weniger polarisierte Zeiten. Foto: Jonathan Mayer (Archivbild)

    Man habe eine Mehrheit in der Mitte des Parlaments gesucht, aber SPD und Grüne hätten sich der Zustimmung verweigert. „Wir werden das Richtige nicht deshalb unterlassen, nur weil möglicherweise die Falschen zustimmen.“ Er betont, man habe nicht einem AfD-Antrag zugestimmt, sondern eigene Initiativen zur Abstimmung gestellt. „Erst Ende letzter Woche haben wir ein Angebot der AfD zur Zusammenarbeit klar abgelehnt und es wird auch in Zukunft keine wie auch immer geartete Zusammenarbeit mit dieser Partei geben.“

    Die Brandmauer steht

    Manuel Knoll, CSU-Landtagsabgeordneter

    CSU-Landtagsabgeordneter Manuel Knoll sieht in der Abstimmung nichts Außergewöhnliches. Es sei nicht unüblich, dass die AfD einem Antrag einer anderen Partei zustimmt, im Landtag sei das regelmäßig der Fall. Knoll vermutet, dass das Thema wegen des Wahlkampfs so hochkoche – und versichert: „Die Brandmauer steht.“ Während die einen Merz Wortbruch vorwerfen, verteidigt Knoll das Vorgehen: Er habe um die Zustimmung von SPD und Grünen gebeten. Dass die AfD dafür gestimmt habe, könne man nicht vermeiden. „Man kann nicht vor jedem Antrag überlegen, ob die AfD zustimmt.“ Im Wahlkampf werde es jetzt darum gehen, wer die Deutungshoheit über den Vorfall gewinnen wird. SPD und Grüne wollen Knoll zufolge die Union in die rechte Ecke stellen, die Union wiederum müsse die Abgrenzung zur rechtspopulistischen AfD deutlich machen. Zum Schluss sagt Knoll: „Ich hoffe, dass die Zeiten wieder weniger polarisierend werden.“

    Letzteres ist ein Thema, das auch Grünen-Sprecher Constantin Jahn beschäftigt. Er befürchtet, dass es mehr Angriffe auf Vertreter der demokratischen Parteien geben werde. „Die AfD fühlt sich als Siegerin, die Hemmungen fallen.“ Jahn persönlich sei entsetzt über die Abstimmung. Friedrich Merz habe vor einiger Zeit noch gesagt, dass es keine Mehrheiten mit der AfD geben werde. Jetzt, unmittelbar nach der Gedenkstunde für die Opfer des Holocaust, „an so einem symbolischen Tag“, mit der Rechtsaußen-Partei zu stimmen, sei „schwer zu verdauen“. Die Zustimmung der AfD hätte, so Jahn, verhindert werden können, wenn die Union auf die anderen Parteien zugegangen wäre. Jahn wirft Merz vor, „keine substanzielle Politik“ zu betreiben, wenn man Anträge durchbringt, die später „höchstwahrscheinlich von Gerichten wieder verworfen werden“. Und er betont: „Wir leben in schwierigen Zeiten. Wir brauchen die CDU als Partei der Mitte.“

    SPD-Unterbezirksvorsitzender Niklas Junkermann zeigt sich „erschüttert“.
    SPD-Unterbezirksvorsitzender Niklas Junkermann zeigt sich „erschüttert“. Foto: Karl Aumiller (Archivbild)

    Der SPD-Bundestagsabgeordnete Christoph Schmid zeigt sich über seine Kollegen in der Union schockiert. „Ich finde das unerträglich“, sagt er. Wer in der Union in der Vergangenheit Reden über Demokratie, Vielfalt und Rechtsstaat gehalten habe, „sollte überlegen, ob er noch in den Spiegel schauen kann“. Die Union blockiere im Bundesrat Initiativen zur Sicherheit. In Magdeburg und Aschaffenburg seien schreckliche Taten verübt worden. „Aber jetzt legt die Union rechtlich fragwürdige Entwürfe zur Abstimmung vor und sucht sich eine Mehrheit bei den Rechtsextremen“, teilt Schmid mit und blickt in die Geschichte zurück. Er sehe auf dem Weg in den Bundestag immer wieder die Namen der 94 SPD-Reichstagsabgeordneten, die einst als einzige gegen das Ermächtigungsgesetz gestimmt haben.

    Ähnlich bewertet der Vorsitzende des SPD-Unterbezirks Dillingen, Niklas Junkermann, das Vorgehen des Unionskanzlerkandidaten. „Ich finde es zutiefst erschütternd, was da passiert ist“, sagt Junkermann. „Merz war auf Stimmen von Rechtsextremen angewiesen, um diesen Antrag durchzusetzen“, stellt er fest. Und die Forderung an die Sozialdemokraten, da zuzustimmen, sei „fast schon politische Erpressung“. Wenn Friedrich Merz bei diesem Antrag auf die Stimmen von Rechtspopulisten angewiesen sei, müsse er sich schon fragen lassen, „ob dieser Antrag in Ordnung ist“.

    FDP-Vorsitzender bezeichnet Verhalten von Grünen und SPD als „großen Fehler“

    Alois Jäger, Kreisvorsitzender der FDP, sieht es etwas anders: „Wir haben Probleme mit der Immigration. Ein Thema, das die jetzige Regierung aussitzt.“ Inhaltlich gehe er, wie auch seine Partei, deshalb mit dem Antrag von Merz und Co. mit. Aber: „Man kann sich doch nicht so von der AfD erpressen lassen. Trotzdem ist für mich die AfD nicht der Gewinner. Für mich ist Rot-Grün der Verlierer“, so Jäger weiter. Er bezeichnet es als „großen Fehler“, dass Grüne und SPD nicht zugestimmt haben. Schließlich beinhalte der Antrag ein Problem, das „die ganze Gesellschaft betrifft.“ Der FDP-Kreisvorsitzende geht davon aus, dass das Gesetz, über das am Freitag abgestimmt wird, durchläuft.

    Vertreter der in Teilen rechtsextremen AfD zeigen sich zufrieden. Der Vorsitzende des AfD-Ortsverbands Wertingen, Peter Holfeld, etwa hält es für eine richtige Entwicklung, dass der Fünf-Punkte-Plan von Merz mit den Stimmen seiner Partei eine Mehrheit erhalten habe. Die von der Union aufgebaute „Brandmauer“ gegen die AfD „wäre demnächst sowieso gefallen“, ist sich Holfeld sicher. Dies habe er auch beim AfD-Neujahrstreffen gefordert. „Wegen der Zustände in unserem Land muss die Brandmauer fallen“, sagt der AfD-Kreisrat. Er spricht Verfehlungen in der Asylpolitik an. Aktuell sei es dieses Thema, das dringend gelöst werden müsse.

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