„Es tut weh“, sagt Alexander Spengler. Denn vermutlich müssen er und seine Kollegen bis zu 30000 Primeln wegwerfen. Mit etwas Glück verkaufe er schätzungsweise maximal 10000 der Frühlingsboten. Mehr nicht. „Es ist gerade alles nicht so einfach. Vor allem, wenn man wie wir relativ viele Pflanzen in der eigenen Produktion stehen hat“, so Spengler vom gleichnamigen Gartencenter mit den Filialen in Dillingen und Herbrechtingen. Momentan verkaufe Spengler zwar „ein bisschen was“ in Supermärkten und auch Click&Collect sowie Lieferungen werden angeboten. Aber: „Das steht natürlich in keinem Verhältnis zu den üblichen Einnahmen. Mehr oder weniger ist das Kundenservice, rein betriebswirtschaftlich gesehen, macht es keinen Sinn“, sagt Spengler.
Nach den Primeln kommen die Geranien
Am Beispiel der Primeln erklärt er, dass in den Gartencentern – je nach Jahres- und Pflanzzeit – immer wieder Platz für neue Kulturen sein müsse. Nach den Primeln kommen die Geranien. Spengler: „Wir können nicht ewig warten und aktuell sieht es nicht so aus, als ob wir Mitte Februar wieder öffnen könnten.“ Und jeder Tag, an dem die Geschäfte nicht geöffnet sind, tue weh. Vor allem, so formuliert es der Inhaber des Herbrechtinger Standorts, fehle eine Perspektive. „Es ist alles kein Drama, wir werden es überleben. Vieles ist nachvollziehbar, aber aktuell hängen wir in der Luft.“
Das gilt auch für den anstehenden Valentinstag am 14. Februar. Pflanzen Spengler hat einen kleinen Katalog bei Facebook mit spezifischen Angeboten eingestellt. Und die Blumengeschäfte werden laut Spengler wieder mehr in den Fokus gerückt, „aber das wird an der Situation nicht großartig etwas verändern“. Corinna Kratzer, Floristin und Geschäftsführerin bei Passiflora in Buttenwiesen, sieht es ähnlich. Eigentlich beginne mit dem Valentinstag die Frühlingssaison auch in ihrem Laden. „Aber ich habe Bauchweh, ob und wie das anlaufen soll“, sagt sie. Trotzdem gestaltet sie gemeinsam mit ihrem Team das Passiflora gerade so um, „als würden die Kunden morgen kommen“.
In Buttenwiesen denkt man positiv
Sie bestätigt, dass der Corona-Lockdown als Ladenbesitzer „nicht angenehm“ sei. Dennoch versuche sie positiv zu bleiben. „Wir haben von Grund auf die Einstellung, dass es anderen schlechter geht und es immer noch schlimmer sein könnte. Wir beißen eben nun in den sauren Apfel“, sagt sie. Die Kratzers haben die Zeit genutzt – und das schon im ersten Lockdown vor rund einem Jahr. Sie haben einen Onlineshop aufgesetzt und diesen immer weiter optimiert. Die Nachfrage sei da, „aber trotzdem ist es nicht vergleichbar. Wir vermissen unsere Kunden schrecklich“, sagt Corinna Kratzer. Das Online-Shopping sei aktuell nicht mehr als eine kleine Schadensbegrenzung. Auch, weil der Schwerpunkt im Passiflora auf Wohnaccessoires liegt und „die kauft man nur, wenn man sie sehen und anfassen kann“. Trotzdem, das ist Kratzer, ganz wichtig: Wer Blumen will, der kommt an sie ran. Entweder per Click&Collect oder geliefert. Auch am Valentinstag. Aber: „Frühzeitig bestellen. Wir dürfen nur verkaufen, was bestellt worden ist. Vorbeikommen und Strauß raussuchen, geht ja nicht.“
Auch nicht bei Blumen Söhner in Dillingen. Trotzdem bleibt Gabriele Söhner optimistisch, wie sie sagt: „Wir haben die Möglichkeit, dass wir mittels Click&Collect verkaufen können. Andere Branchen nicht. Wenn wir uns mit den Friseuren vergleichen, dann sind wir wirklich dankbar.“ Aber, und das sei kein Geheimnis: Das große Online-Geschäft machen auch die Söhners nicht. Trotz Werbung. „Es läuft – schleppend. Aber es ist die ganze Welt von dem Virus betroffen, nicht nur wir“, sagt Söhner. Es finde überall ein großes Umdenken statt – für Ladenbesitzer und Kunden. „Man muss eben vorher anrufen und wissen, was man kaufen will“, sagt die Seniorchefin. Sie, ihr Sohn Peter, der das Blumengeschäft zum Jahreswechsel übernommen hat, und das komplette Team würden sich deshalb über jeden Anrufer freuen, jede Bestellung gerne annehmen und für den Kunden im Laden bereitstellen. Oder auf Wunsch liefern. „Man wird kreativ und muss flexibel bleiben.“
Angebote für Verliebte an Valentinstag
Denn was aktuell kaum möglich ist: planen. Kurzfristige Planungen sind zwar nicht ausgeschlossen, nur schwieriger. So werde der Valentinstag so gut es gehe vorbereitet und die Söhners versuchen, nicht nur mit Gefühl, sondern auch auf Fakten basierend zu planen. Denn die Unkosten werden im Lockdown nicht weniger. Gabriele Söhner sagt: „Trotzdem hoffe ich, dass wir alle gesund bleiben, andere glücklich machen können und am Ende die Rechnung stimmt.“ Deshalb das Motto bei Blumen Söhner: Freude ins Haus holen. Etwa mit einem schönen Blumenstrauß.
Darauf hofft auch Christine Fischer: „Dieser Valentinstag ist anders als gewohnt. Wir lassen es auf uns zukommen, mehr können wir nicht machen.“ Die Geschäftsführerin bei Blumen Hamaleser in Lauingen redet nicht lange drumherum. Zwar bekomme sie immer wieder telefonisch Bestellungen, auch über Fleurop. Das sei aber aufwendiger und sehr mühsam – und aktuell nur ein Tropfen auf den heißen Stein. „Wir arbeiten mit Notbesetzung – das sagt wohl alles“, so die Meisterfloristin. Die, die im Laden sind, hätten genügend zu tun. Die Pflanzen müssen gepflegt werden und der Gemüseladen ist weiter geöffnet. Aber alles rund um das Thema Floristik ist schwer, sagt sie. „Die Kunden wollen sich doch vor Ort anschauen, was ihnen gefällt. Gerade Pflanzenarrangements kann man sich oft nicht vorstellen.“ Deshalb bestelle sie auch für den Valentinstag nicht wie üblich, sie halte sich zurück, und „ich höre auf mein Bauchgefühl“. Ob und wie viele Verliebte Sträuße bestellen, abholen oder sich liefern lassen, dahinter stehe ein großes Fragezeichen.
Auch im Gartenland Wohlhüter in Gundelfingen blickt der Chef Markus Wohlhüter skeptisch auf den 14. Februar – besser: realistisch, wie er betont. „Wir sind vorbereitet. Ich erhoffe mir nicht viel, aber wenigstens ein bisschen was“, sagt er. Es fehle – nicht nur am Valentinstag – einfach die Laufkundschaft. Der Gundelfinger Betrieb bietet ebenfalls Click&Collect, Auslieferungen im Umkreis und einen kleinen Onlineshop. „Wir machen das alles vor allem, um nicht vergessen zu werden. Rentieren tut es sich nicht“, sagt er.
Auch an die Zulieferer im Lockdown denken
Markus Wohlhüter geht es nicht nur um sein Geschäft, wie er sagt. Er mache sich vor allem um die Zulieferer Sorgen. Hat er sonst bis zu zehn Torten an einem Tag für das Palmen-Café geordert, sind es seit einem halben Jahr null Kuchen. Auch Tischservice muss nicht ausgewechselt werden und die Kaffeemaschine braucht keine Inventur. „Man muss sich bewusst machen, was da alles dahintersteckt. Das geht zurück bis zum Bauer, der keine Abnehmer für Eier hat“, so Wohlhüter. Deshalb wundere es ihn nicht, dass nahezu alle seiner Lieferanten Preiserhöhungen im Schnitt von zehn Prozent gemacht haben. 15 seiner Mitarbeiter, die konkret für das Palmen-Café zuständig sind, sind seit Monaten in Kurzarbeit.
Und was ist mit all den Pflanzen? Die Produktion der Baumschulpflanzen laufe natürlich weiter, die Arbeiter seien immer gleich beschäftigt. Aber: „Kein Mensch weiß, wie es weitergeht. Wir arbeiten mit lebenden Produkten und verderblichen Waren. Wir müssen viel wegschmeißen, das tut Gärtnern weh.“ Hinzu komme die fehlende Perspektive. Wohlhüter sagt, dass die Betriebe von der Politik im Ungewissen gelassen werden. Auch das Vertrösten von einer zur nächsten Woche mache das nicht besser. Und: „Für mich ist es Wettbewerbsverzerrung, wenn im Supermarkt alles verkauft werden darf und die kleinen Betriebe zu sind. Für mich ist es ein Unding, dass man den Einzelhandel schließt.“
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