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Landkreis Dillingen: Küchentisch statt Klassenzimmer: Klappt der Distanzunterricht im Landkreis?

Landkreis Dillingen

Küchentisch statt Klassenzimmer: Klappt der Distanzunterricht im Landkreis?

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    Homeschooling, Homeoffice und Haushalt: Für viele Eltern ist die Belastung in diesen Tagen besonders hoch.
    Homeschooling, Homeoffice und Haushalt: Für viele Eltern ist die Belastung in diesen Tagen besonders hoch. Foto: Elli Höchstädter

    Es geht weiter im Distanzunterricht. Und nun fallen auch die Faschingsferien aus. Eine Entscheidung, die nicht nur eine Rektorin aus dem Landkreis unfair findet. Fehlende Lerninhalte in nur vier Tagen aufholen? Unmöglich. Jonglieren zwischen Homeschooling, Homeoffice und Haushalt: Inzwischen fällt das vielen Eltern schwer. Die Nerven liegen blank.

    Der Unterricht in den eigenen vier Wänden stellt viele vor ganz neue Herausforderungen. Nicht nur die Kinder bräuchten deshalb dringend Ferien, schreibt uns eine Facebook-Userin. Auch die Eltern hätten die Auszeit dringen nötig. Sie seien keine Lehrer und müssen zusätzlich ja auch Haushalt und Homeoffice unter einen Hut bekommen. Viele Eltern haben seit Beginn der Pandemie eher unfreiwillig die Rolle des Lehrers übernommen. Die anfängliche Motivation ist inzwischen längst aufgebraucht. So schreibt beispielsweise eine andere Leserin: „Die Lehrer haben es bestimmt auch nicht ganz einfach – aber sie bekommen wenigstens ihr Gehalt, obwohl einen Teil ihrer Arbeit die Eltern übernehmen.“

    Homeschooling in der Grundschule fordert Eltern

    Die Faschingsferien, findet auch Sylvia Leitner, Rektorin der Bachtal-Grundschule, wären durchaus wichtig gewesen. Das Leistungsvermögen der Schüler, so ihre Vermutung, werde ohne sie abfallen. Wie schwer sich viele Eltern mit der Entscheidung tun, weiß die Pädagogin. „Wir hatten eine Mutter in der Schule, die gar nicht wusste, wie sie das alles bewerkstelligen und so lange durchhalten soll“, sagt sie. Weil der Distanzunterricht sowohl den Lehrern als auch den Schülern ohnehin mehr abverlange, finde sie die Entscheidung, auf die Ferien zu verzichten, nicht fair.

    Gerade für Eltern von Grundschülern, weiß Leitner, bringt das Homeschooling zusätzliche Arbeitsbelastung. „In der Theorie hört sich das alles toll an – Digitalisierung in der Schule – doch in der Praxis ist das ohne den Einsatz der Eltern gar nicht machbar“, erklärt sie. Zugang zu Videokonferenzen, Arbeitsmaterialien abliefern und abholen – all das gehe nur Mithilfe der Eltern. Um die Lernergebnisse der Kinder trotz Distanzunterricht überprüfen zu können, hat sich die Bachtal-Grundschule ein Konzept überlegt. Jeder Schüler hat eine Tasche, die gefüllt mit den Arbeitsaufträgen am Freitag vor der Schule abgestellt werden muss. In der neuen Woche erklärt die Rektorin, gebe es diese dann korrigiert und mit neuen Aufgaben bestückt am selben Ort zurück. Das klappe ganz gut. Doch Probleme gebe es auch an anderer Stelle. Leitner erzählt beispielsweise von Kindern, die kein WLAN haben oder sich die technischen Geräte bei der Schule leihen müssen.

    Schulen im Landkreis Dillingen leihen Geräte aus

    Knapp 70 Geräte hat aus diesem Grund auch die St.-Bonaventura-Realschule in Dillingen verliehen. Schulleiter André Deppenwiese erklärt: „Wir haben unsere Kinder auch im Unterricht schon auf das Homeschooling vorbereitet.“ Jeder hätte einen Zugang zu bestimmten Programmen erhalten. Wie auch beim Präsenzunterricht wird nach Stundenplan unterrichtet. „Bislang hat technisch alles gut geklappt“, sagt er. Bildung und Wissen, so der Pädagoge, ließen sich auch über den Bildschirm gut vermitteln. Dafür falle der Erziehungsbereich weg, gibt er zu bedenken. Zwar hatte er sich zumindest den Wechselunterricht nach den Ferien zurückgewünscht. Bei dem aktuellen Infektionsgeschehen sei das jedoch undenkbar.

    Ihre Schüler bald wieder im Klassenzimmer sehen, möchte auch Heike Kahler von der Wertinger Montessori-Fachoberschule (FOS). Die Schulleiterin sagt: „Unsere Arbeit ist unter normalen Umständen sehr auf Zusammenarbeit basiert – aktuell bleibt das leider auf der Strecke.“ Auch an der FOS findet der Distanzunterricht nach Stundenplan satt. Schüler und Lehrer nutzen dafür einen Online-Dienst. „Es ist eine ganz neue Art der Kommunikation“, erklärt Kahler. Dass die Schüler den Kontakt zu ihren Klassenkameraden vermissten, könne sie gut nachvollziehen. Sobald also der Präsenzunterricht wieder möglich ist, soll deshalb das Kommunizieren im Vordergrund stehen. „Diese Fähigkeit soll nicht verloren gehen; deshalb wird es viele Gespräche geben“, erklärt sie.

    Warum Distanzunterricht auch eine Chance sein kann

    Dass der Distanzunterricht neue Herausforderungen mit sich bringt, weiß auch Ellen Finster, die am Dillinger Sailer-Gymnasium unterrichtet und selbst zwei Kinder hat. Der zusätzliche Arbeitsaufwand für Lehrer und Schüler lasse sich nicht bestreiten. Dennoch sieht die Pädagogin im aktuellen Unterrichtsformat auch eine Chance: „Als Sprachenlehrerin lasse ich mir beispielsweise von den Schülern per Sprachnachricht vorlesen und kann dann ganz individuell Feedback geben. Bei Schülern, denen es schwerer falle strukturiert und organisiert zu arbeiten, müssten die Lehrer in dieser Zeit besonders sorgfältig nachjustieren“, sagt sie.

    Wie unterschiedlich das funktionieren kann, weiß eine Mutter aus Höchstädt. Bei ihrem älteren Sohn, der die dritte Klasse besuche, klappe alles ganz ausgezeichnet, lobt sie. Bei ihrem Zweiten, der in die erste Klasse geht, dagegen weniger. Stattdessen muss Mama als Lehrer einspringen. „Ich mache mir da schon Sorgen, dass ich Dinge falsch beibringe“, sagt sie. Gerade bei den Buchstaben und Lauten. Nach den Ferien hat sie ihre Kinder zum ersten Mal in die Notbetreuung geschickt. „Sie waren nicht begeistert aber mein Mann und ich sind beide bei der Arbeit.“ Dass die Faschingsferien heuer ausfallen, ist für sie eine Erleichterung. „Im letzten Jahr hat der Urlaub zum Betreuen unserer Kinder gerade so gereicht“, sagt sie.

    Für Mutter Monika Behringer aus Bissingen ist die Situation dagegen relativ entspannt. Sie selbst ist wegen Kurzarbeit und dem Lockdown viel zuhause, kann ihre beiden Söhne, 14 und 11 Jahre alt, unterstützen, wenn sie Fragen haben. Aber die arbeiten ihr zufolge ohnehin größtenteils eigenständig. Ihr älterer Sohn, der den M-Zug der Mittelschule in Höchstädt besucht, soll dieses Jahr ein Praktikum machen. Doch viele Firmen können wegen der aktuellen Situation keine sichere Zusage geben. Behringer befürchtet, dass das die Suche nach einem Ausbildungsplatz später schwerer machen wird. Denn ohne Praktika fehlten ihrem Sohn Einblicke ins Berufsleben und Referenzen im Lebenslauf.

    Wie gut klappt der Distanzunterricht? Machen unsere Schulen im Landkreis im Moment einen guten Job oder werden die Schüler allein gelassen? Wir suchen Eltern, die von ihren Erfahrungen berichten. Wir freuen uns auf Nachrichten unter redaktion@donau-zeitung.de.

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