Der Landkreis ist in einer Ausnahmesituation. Um dem Kreistag einen ausgeglichenen Haushalt zu präsentieren, also um für alle Ausgaben und Projekte genug Mittel einzuplanen, wurde umgeschichtet, gerechnet und verschoben. Der Kreis hat es geschafft, in dieser Haushaltsperiode alle Löcher zu stopfen, die vor allem der Weiterbetrieb der beiden Kreiskliniken im Finanzplan hinterlassen hat. Aus Sicht von Landrat Markus Müller (Freie Wähler) hat der Kreis dennoch einen "Haushalt der Gestaltung" vorgelegt. Der Meinung sind, das wurde bei der Kreistagssitzung deutlich, nicht alle Kreistagsmitglieder.
Bürgschaften, Schulden und steigende Kosten sind Herausforderungen, denen sich der Landkreis Dillingen in den kommenden Jahren stellen muss. Thema Nummer eins im Kreistag ist dabei die Lage der Kreiskliniken in Dillingen und Wertingen. Beide Häuser schreiben Defizite in Millionenhöhe, im laufenden Jahr wird der Landkreis wohl rund zwölf Millionen Euro investieren müssen, um die Kliniken am Laufen zu halten. Mit eingerechnet sind darin auszugleichende Defizite aus den beiden Vorjahren, darunter neun Millionen Euro, die für das Jahr 2022 noch offen sind. Und auch in den kommenden Jahren erwartet der Kämmerer, dass sich die Defizite weiter vergrößern werden.
SPD: "Kliniken dürfen Kreis nicht an Rand des Ruins bringen"
Der Landkreis steht also vor der Frage, ob und wie er die beiden Krankenhäuser finanzieren kann. SPD-Kreisrat Jürgen Hartshauser sieht bereits den nächsten Nachtragshaushalt im Herbst dieses Jahres heraufziehen. "Mit der Gesundheit der Menschen muss kein Geld verdient werden, allerdings dürfen die Kliniken den Kreis auch nicht an den Rand des Ruins bringen", sagte Hartshauser. Er mahnte in seiner Rede auch mehr Transparenz an. Berichte des Wirtschaftsprüfers seien dem Aufsichtsrat nicht bekannt gewesen, Jahresabschlüsse und Quartalszahlen müssten schneller zur Verfügung stehen. "Der Jahresabschluss der Kreiskliniken lag Mitte März immer noch nicht vor."
Dass es in der Zeit von Ex-Landrat Leo Schrell (FW) an Transparenz gemangelt habe, findet Alois Jäger (FDP). Etwa die Bürgschaft in Höhe von 26 Millionen Euro, die der Kreis für die Kreiskliniken übernommen hat, habe die Kreisräte überrascht. Nun lägen jedoch aus Sicht von Jäger alle Erkenntnisse auf dem Tisch. "Uns fehlen aber klare Entscheidungen und die müssen wir jetzt treffen." Ähnlich sieht es Thomas Häußler von der Bürgerliste. Auch er bemängelt die fehlende Transparenz. Berichte der Wirtschaftsprüfer seien nur nach "gezielter Nachfrage" ausgehändigt worden. Aus einem Strukturgutachten habe man keine Konsequenzen gezogen. Häußler forderte deshalb vom Landrat nicht nur schnell zu handeln, sondern auch Vergangenes aufzuarbeiten. "Wer wusste wann was? Hat die Geschäftsführung die Probleme kommen sehen? Wann wurde Alt-Landrat Leo Schrell informiert?", will Häußler von Landrat Markus Müller wissen.
"Andere Kliniken in Nachbarlandkreisen stehen besser dar"
Müller versprach Antworten auf Häußlers Fragen. Er plant zudem, bis zum Sommer mit den Kliniken ein neues Konzept für die Gesundheitsversorgung im Landkreis zu erarbeiten. Bernd Nicklaser von den Freien Wählern fragte sich, ob es wirklich nötig ist, in beiden Klinken gleiche Abteilungen zu halten. "Egal, ob in Dillingen oder Wertingen, wir müssen stark defizitäre Bereiche auf deren Notwendigkeit überprüfen." Für Kreisrat Engelbert Kigele von den Grünen war man lange "zu blauäugig". Die Zeichen der Zeit habe man nicht wahrgenommen. Andere Häuser in Nachbarlandkreisen hätten schon viel früher Sparmaßnahmen beschlossen und stünden nun viel besser da. Die beiden Kliniken im Kreis Dillingen konkurrierten zudem untereinander.
Aus Sicht von Kreisrat Bernhard Knötzinger von der Fraktion Zukunft gebe es trotz aller Schwierigkeiten auch positive Nachrichten aus der Kreisklinik. "Chefarzt Jan Olek macht in der Geburtshilfe eine hervorragende Arbeit", findet der Kreisrat. Es gebe wieder deutlich mehr Geburten und so sei es wahrscheinlich, dass das Ziel, dass 500 Kinder in Dillingen das Licht der Welt erblicken, realistisch ist. 500 Geburten sind nötig, damit der Freistaat Fördergelder für die Geburtsstation bereitstellt. Die Förderung ist im Kreishaushalt bereits fest eingeplant.
Kreishaushalt Dillingen: Sorge, dass andere Investitionen nun ewig warten müssen
Die Situation der Kliniken, so Manuel Knoll von der Jungen Union, belaste dennoch vor allem eine Gruppe: Die jungen Menschen im Kreis. Ebenso wie Johann Popp von der CSU warnte er davor, dass die Millionen, die in die Kliniken fließen, an anderer wichtiger Stelle fehlten. Knoll begrüßte die Investitionen, die trotz aller Geldsorgen in Schulen im Kreis fließen. Dennoch dürfe es nicht zu einem Investitionsstau an anderen Einrichtungen kommen, die noch nicht saniert wurden, etwa die Wertinger Realschule oder das Albertus-Gymnasium in Lauingen. Dem stimmten viele Kreisräte zu. Grünen-Kreisrat Kigele wurde noch deutlicher: "Luxussanierungen wie in der Vergangenheit können wir uns bei keinem Projekt mehr leisten."
Doch noch etwas wird sich für den Landkreis wohl verschlechtern. Zwar werden keine neuen Schulden gemacht, doch für bestehende Schulden werden die Zinsen aufgrund der sich verändernden Lage auf dem Finanzmarkt steigen. Und damit auch die Kosten für den Landkreis. Das betonte Republikaner-Kreisrat Peter Seefried. "Und ehrlicherweise sind auch Bürgschaften Schulden." Man werde sich überlegen müssen, wie man die Zinsen noch begleichen könne. Darauf machte auch Popp von der CSU-Fraktion aufmerksam. "Wer investiert, der schafft einen Gegenwert, wer nur Defizite ausgleicht, der schafft gar nichts." Der Freiraum für Gestaltung ist aus der Sicht vieler Kreisräte damit kaum noch da. Verabschiedet wurde der Kreishaushalt dennoch einstimmig.