Mehr grünes Standing in der Ampelregierung und eine entschieden bessere Kommunikation wünschen sich die Mitglieder des Kreisverbandes von Bündnis 90/Die Grünen nach den jüngsten Ereignissen im grünen Bundesverband. Der Rücktritt des Bundesvorstandes mit den Vorsitzenden Ricarda Lang und Omid Nouripour wurde in der Kreisversammlung im Anschluss an die Delegiertenwahlen für die Bundes- und Landeskonferenzen lebhaft unter den rund 35 Anwesenden diskutiert. Auf der Suche nach einer Erklärung für die Ereignisse kamen die Mitglieder der Versammlung unter Vorsitz von Angela von Heyden und Constantin Jahn zu dem Schluss, dass der Rücktritt nach einer Reihe verlorener Landtagswahlen ein respektabler und notwendiger Schritt, aber auch ein Befreiungsschlag gewesen sei. Das Bundesvorsitzenden-Team hätte den Weg frei gemacht für einen Neustart, den sich die Mitglieder dringend wünschen. Das teilt der Kreisverband in einer Pressemitteilung mit.
So lastete ein Teil der Versammelten den Grünen in der Bundesregierung an, dass zu oft Kompromisse eingegangen wurden, die die ursprünglichen grünen Ziele – vor allem die Sektorziele in der Klimapolitik – stark verwässerten. Gerade von der FDP habe man sich immer wieder „vorführen lassen“, so etliche Mitglieder. Andererseits bedeute Regieren auch, Kompromisse und gemeinsame Lösungen zu suchen. Doch gerade diese oftmals unter großen Streitigkeiten ausgehandelten Kompromisse seien viel zu wenig erklärt worden.
Die Migrationsdebatte sei parteiintern vernachlässigt worden
Gerade das sogenannte Heizungsgesetz habe sich die grüne Regierung quasi aus der Hand reißen lassen: „Schon der Entwurf des Gesetzes wurde zerredet.“ Nach Inkrafttreten des Gesetzes sei dann viel zu wenig kommuniziert worden, wie es funktioniert. Ohnmächtig hätte die grüne Regierungsspitze die Kritik über sich ergehen lassen. Stattdessen hätten sich die Mitglieder eine Informationskampagne sondergleichen gewünscht. Besonders bezüglich der Migrationsfrage wurde deutlich, dass die Diskussion darüber zu lange parteiintern vernachlässigt wurde. Dies gelte es nun gemeinsam anzugehen. Die Deutungshoheit dürfe hier nicht einem von Rechts befeuerten gesellschaftlichen Diskurs überlassen werden.
Nach all dem Dilemma „sofort raus aus der Regierung, und dann Neuwahlen, dann werden wir schon sehen“, wie es ein grünes Mitglied vehement forderte? Davor warnte ein anderes Mitglied, das befürchtete, dass das die Partei in der derzeitigen Lage noch mehr schwächen und bei vorgezogenen Wahlen die rechten Ränder stärken würde. Allerdings könne sich die Partei auf ihre Stammwähler verlassen. Trotz Kritik an ihm, setzen die Grünen im Landkreis laut Pressemitteilung weiter auf Vizekanzler Robert Habeck, dem sie es zutrauen, die Grünen auch in eine neue Regierung nach der Wahl im September nächsten Jahres zu führen.
Wichtig war der Versammlung das starke Eintreten für die Werte, die die Partei ausmachen. Dazu gehöre auch ein rationaler, wissenschaftsorientierter Politikstil, den das neu angekündigte Führungsduo verkörpere. Abschließend stellte Kreisvorsitzender Constantin Jahn fest, „ein glaubhafter Neustart erschöpft sich nicht im Austauschen von Köpfen, sondern muss einhergehen mit einer Politik, die die Menschen mitnimmt. Die Grünen mit ihrer gut gepflegten Basisdemokratie haben die besten Voraussetzungen, Antworten auf die aktuellen Fragen zu finden. Damit sind sie eine deutlich spürbare Alternative zu den populistischen Scharfmachern, deren scheinbare Antworten die Krisen in diesem Land nicht lösen können“.
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