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Landkreis Dillingen: Es gibt viel mehr Arme im Landkreis als man denkt

Landkreis Dillingen

Es gibt viel mehr Arme im Landkreis als man denkt

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    Der Anteil der von Armut bedrohten Rentner könnte bis 2039 auf 21,6 Prozent wachsen. Auch  Menschen im Kreis Dillingen sind davon betroffen.
    Der Anteil der von Armut bedrohten Rentner könnte bis 2039 auf 21,6 Prozent wachsen. Auch Menschen im Kreis Dillingen sind davon betroffen. Foto: Stephanie Pilick (dpa)/Symbolbild.

    27000 Euro hat die Caritas im Landkreis Dillingen im laufenden Jahr bislang gezahlt. Um die bitterste Not zu lindern. Laut allgemeiner Sozialberatung und Caritas-Geschäftsführer Stephan Borggreve gibt es rund 200 Haushalte, die in eine finanzielle Notlage oder eine Krise geraten sind.

    Fast tausend Kinder bekommen Stütze

    Das Dillinger Jobcenter hat Stand Juli dieses Jahres 1138 Bedarfsgemeinschaften mit 2303 Leistungsberechtigten nach SGB II betreut. Darunter sind 946 Kinder unter 18 Jahren, berichtet Geschäftsführer Michael Künast. (Die Jugendhilfe im Landkreis Dillingen wird teurer).Diese Zahlen sind bei mehr als 96000 Einwohnern im Landkreis nicht hoch. Doch so eine prekäre Situation bedeutet vor allem für Kinder große gesellschaftliche Nachteile. Und laut Dillingens Sozialamtsleiter Reinhold Sager gibt es zudem rund 280 Empfänger von Grundsicherung im Alter nach SGB XII.

    Die Dunkelziffer im Kreis Dillingen soll viel höher sein

    „Wir können die Armut aus unserer Gesellschaft nicht einfach aussperren“, sagt Caritas-Kreisgeschäftsführer Borggreve. „Sie ist vorhanden. Die Dunkelziffer der armen Landkreismitbürger ist sicherlich noch viel höher“ fügt er hinzu. Denn viele, die an der Grenze zur Armut, sprich Hartz IV, oder bereits in Armut leben, wollen sich aus Scham weder vom Sozialamt oder von caritativen Einrichtungen helfen lassen.

    Warum manche nichts dafür können, dass das Geld nicht reicht

    Die Stammtischaussage „die sind doch alle selbst schuld und sie hätten nur arbeiten müssen“, lasse er nicht gelten. Denn im Landkreis Dillingen seien viele Menschen in sogenannten prekären und atypischen Beschäftigungen untergebracht, die als erste bei konjunkturellen Schwankungen gekündigt werden. So etwa in Zeitarbeit, geringfügiger Beschäftigung, Minijobs, befristeten Arbeitsverhältnissen oder an Arbeitsplätzen, bei denen nur der gesetzliche Mindestlohn oder nicht selten mit Tricks der Arbeitgeber auch weniger bezahlt werde.

    Die Rente reicht nicht - und dann an Vorsorge denken?

    Wenn dann noch längere Arbeitslosigkeit oder Krankheit hinzukomme, würde die Altersrente kaum zum Leben ausreichen. In dieser Lebenssituation von den Betroffenen zu erwarten, an private Vorsorge zu denken, sei illusorisch, wenn das Arbeitsentgelt gerade einmal zum Überleben der Familie ausreicht.

    Bestimmte Jahrgänge werden noch ein Problem spüren

    „Dies werden die geburtenstarken Jahrgänge der 1960er und 1970er Jahre bald an der Höhe ihrer Altersrente zu spüren bekommen“, warnt der Caritas-Geschäftsführer Borggreve: Diese Menschen würden die leidtragenden der seit 30 Jahren von den Politikern „wiederholten staatlichen Rentenlüge“ sein. (Damit Menschen im Alter nicht in Armut leben müssen).Denn der sogenannte Generationenvertrag bei der Altersrente rechne sich seit Jahrzehnten nicht mehr. Dies sei nun bei der Politik angekommen. Denn es werde bereits über ein Renteneintrittsalter mit 70 Jahren diskutiert. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier habe dabei noch eine weitere Minderung des bestehenden Rentenniveaus in die Diskussion eingebracht.

    Die Ideen von Altmeier und Co? Blödsinn

    Stephan Borggreve hält das für „absoluten Blödsinn, um der Altersarmut zu entgehen“. Er befürwortet die Grundrente. Aber nicht wie von Bundesminister Jens Spahn beabsichtig ohne Bedürftigkeitsgrenze. Wie sich die Situation um die Armut im Landkreis weiter entwickelt, können weder Michael Künast vom Jobcenter noch Stephan Borggreve von der Caritas vorhersehen. „Die Zeichen stehen jedoch nicht mehr auf rosa.“ Denn nach Bewältigung der weltweiten Wirtschafts- und Bankenkrise in den Jahren 2007 bis 2009 mit hoher Arbeitslosigkeit und anschließend rund zehn Jahren Hochkonjunktur erlebe die Wirtschaft auch im Landkreis eine Konjunkturdelle.

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