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Landkreis Dillingen: Die Angst der Landwirte vor Roten Gebieten im Landkreis Dillingen

Landkreis Dillingen

Die Angst der Landwirte vor Roten Gebieten im Landkreis Dillingen

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    Organischer Wirtschaftsdünger muss unmittelbar nach Ausbringung in den Boden eingearbeitet werden. Diese technische Umrüstung erforderte von den Landwirten den Einsatz von hohen Investitionen
    Organischer Wirtschaftsdünger muss unmittelbar nach Ausbringung in den Boden eingearbeitet werden. Diese technische Umrüstung erforderte von den Landwirten den Einsatz von hohen Investitionen Foto: Haase

    Die Nitratbelastung im Grundwasser ist an vielen Stellen zu hoch. Weil Nitrat im Verdacht steht, krebserregend zu sein, wurde ein Höchstwert für die Nitratbelastung im Grundwasser festgelegt: 50 Milligramm pro Liter. Wo dieser Wert überschritten wird, in sogenannten Roten Gebieten, darf nicht mehr so viel Gülle ausgebracht werden. Die Landwirte im Landkreis Dillingen wehren sich gegen die Ausweisung von Teilen des südlichen Landkreises als Rotes Gebiet. Und jetzt kommen weitere Flächen im Kesseltal dazu. Der BBV-Kreisverband will das nicht hinnehmen. Er wandte sich jetzt an die Abgeordneten Georg Winter (CSU) und Johann Häusler (Freie Wähler).

    Bauern fühlen sich ungerecht behandelt

    Die Bauern fühlen sich ungerecht behandelt. Denn in den betroffenen Grundwasserkörpern – jeweils mehrere tausend Hektar groß – sei jeweils an einer einzigen Messstelle der Nitratwert zu hoch. Doch an vielen anderen Messstellen desselben Grundwasserkörpers werde der Schwellenwert von 50 mg/l teils deutlich unterschritten.

    Die Auflagen in den Roten Gebieten brächten viele landwirtschaftliche Betriebe an ihre existenziellen Grenzen, beklagt BBV-Obmann Klaus Beyrer in einer Pressemitteilung. Der Bauernverband fordert daher, dass die Flächen von Betrieben mit nachweislich gewässerschonender Bewirtschaftung aus den Roten Gebieten herausgenommen und zusätzliche Stützmessstellen eingerichtet werden. Außerdem sollten die Gebietskulissen jährlich überprüft und entsprechend angepasst werden. Dass die flächenscharfen Kulissen erst am 10. Dezember veröffentlicht und dann gleich zum 1. Januar 2021 in Kraft treten sollen, entspreche nicht dem Rechtsverständnis eines demokratischen Staats, fügt Kreisgeschäftsführer Eugen Bayer hinzu.

    Stall für 250 Milchviehkühe

    Von dem auf die Schnelle noch dazugekommenen Roten Gebiet im Kesseltal ist der Diemantsteiner Milchviehhalter und BBV-Ortsobmann Josef Zeller massiv betroffen. Er hat einen neuen Stall für seine 250 Milchkühe gebaut und muss die Vorgaben zu den Roten Gebieten ab dem 1. Januar umsetzen. Das erfordere wiederum einen größeren Lagerraum für die Gülle. Die Investitionskosten gingen dabei schnell in den sechsstelligen Euro-Bereich. Auch der Oberliezheimer Ortsobmann Albert Sporer müsste seine Güllelagerkapazitäten ausbauen, wenn das Kesseltal als Rotes Gebiet ausgewiesen wird. Seit 15 Jahren betreibt Sporer intensiv den Zwischenfruchtanbau. Der Boden auf seinen Feldern habe eine hervorragende Struktur und weise eine dicke Humusschicht auf, so der Oberliezheimer. Würden die Zwischenfrüchte aber nicht gedüngt, verkümmerten sie zu „jämmerlichen Beständen“ und könnten deutlich weniger Stoffe binden, befürchtet Sporer.

    Dürfe die Gülle nur noch in einem engen Zeitfenster im Frühjahr ausgebracht werden, komme es aber zu einem Stickstoffüberschuss, weil die Pflanzen die großen Mengen Dünger nicht so schnell verwerten könnten. Sporer prophezeit der Politik, dass sie „mit diesen Maßnahmen keinen Erfolg bei der Nitratreduzierung im Grundwasser haben wird“. Die Vorgaben zu den Roten Gebieten seien weder ökologisch noch ökonomisch durchdacht. Würde beispielsweise die Bissinger Wasserversorgung oder die Bissinger Auerquelle mit ihrem nitratarmen Wasser als Stützmessstellen herangezogen, dann sähe die Sache ganz anders aus.

    Es geht um das Grundwasser

    Diesen Feststellungen des Bauernverbandes widerspricht Jingbo Hasubeck, Leiterin beim Wasserwirtschaftsamt Donauwörth und zuständig für den Landkreis Dillingen. Wie bereits bei der Höhsackgrabenquelle festgestellt, sei die Ausweisung der Roten Gebiete auch darauf zurückzuführen, dass für diesen landkreisübergreifenden Grundwasserkörper weitere Grundwassermessstellen im Landkreis Augsburg herangezogen wurden. Dabei seien für diesen landkreisübergreifenden Grundwasserkörper Nitratwerte gemessen worden, die ebenfalls den Grenzwert von 50 Milligramm pro Liter überschritten haben. Deswegen mussten die Roten Gebiete landkreisübergreifend ausgewiesen werden. Ähnlich oder beinahe identisch verhalte sich die Ausweisung der Roten Gebiete im Kesseltal, weiß die Wasserwirtschaftsamts-Leiterin zu berichten. Neben der alten Brunnenmessstelle im Kesseltal, bei der ebenfalls der Nitrat-Grenzwert überschritten wurde, seien auch bei diesem landkreisübergreifenden Grundwasserkörper im Donau-Ries überhöhte Nitratwerte gemessen worden. Dies führe nach den geltenden Wasserrahmenrichtlinien dazu, auch einen Teil der landwirtschaftlichen Nutzflächen im Kesseltal und dem Donau-Ries als Rotes Gebiet auszuweisen.

    Dazu werde im Frühjahr nächsten Jahres vom Wasserwirtschaftsamt Donauwörth eine Infoveranstaltung für Landwirte und ihre Verbände durchgeführt, um gemeinsam zu prüfen, weitere Meßstellen in Betracht zu ziehen.

    Grundsätzlich müsse jedoch die intensive Landwirtschaft mit der massenhaften Gülleausbringung hinterfragt werden, so Jingbo Hasubeck. Für sie sei zwar klar, dass die Gülleausbringung für die Landwirte nicht verboten werden könne, doch die Ampel zeige schon „sehr Rot“. „Jetzt muss für sauberes Trinkwasser der Zukunft vorgesorgt werden“, mahnt die Wasserfachfrau.

    Denn die hohen Nitratwerte im Grundwasser sind nach den Worten der Behördenleiterin das Ergebnis der Gülleausbringung, je nach Bodenbeschaffenheit und Grundwassertiefe, von vor vier bis sieben Jahren. Dabei sollten die Landwirte auch über die intensive Tierhaltung nachdenken.

    Preise in Europa

    Denn wenn wie seit rund drei Monaten durch die Afrikanische Schweinepest, die Geflügelpest oder durch die Corona-Pandemie ausländische Märkte zu großen Teilen weggebrochen seien, werde das Fleisch auf dem deutschen oder dem EU-Markt zu Tiefstpreisen angeboten, und die Güllegruben drohten überzulaufen.

    „Doch deshalb zur Entlastung die Gülle über die Felder auszubringen und für die nächsten Jahre das Trinkwasser zu verseuchen, das ist keine Lösung“, warnt Jingbo Hasubeck. Denn dann müssten noch mehr Nutzflächen der Landwirte als Rote Gebiete ausgewiesen werden, was sicher nicht im Sinne der bayerischen Wasserwirtschaftsämter liege. (mit corh)

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