Die Umstände, unter denen der Mann aus dem Kreis Dillingen erwischt worden ist, waren regelrecht bizarr: Der 34-Jährige fuhr ohne gültigen Führerschein und mit nach eigener Aussage "drei Weizen" intus mit dem Motorroller zu einer Bank, die nur wenige Hundert Meter von seiner Wohnung entfernt liegt. Trotz dieser kurzen Strecke konnte er unterwegs nicht dem Drang widerstehen, in eine Hecke zu urinieren. Zu seinem Pech allerdings führten zwei Beamte der Donauwörther Verkehrspolizei in Zivil wenige Meter entfernt eine Verkehrskontrolle durch.
Da der Mann schon einiges an Vorstrafen auf dem Kerbholz hat, kam es auch in diesem Punkt zur Anklage vor dem Dillinger Amtsgericht. Außerdem wurde beim Prozess in Dillingen eine Angelegenheit verhandelt, in welcher der Mann in einem Supermarkt handgreiflich geworden war. Nach übereinstimmenden Aussagen von Polizei und Zeuginnen war der Mann "sichtlich nervös" in der Kassenschlange gestanden, er habe immer wieder hektisch in alle Richtungen Ausschau gehalten, sagte eine etwa 40 Jahre alte Zeugin aus. Als ihn die Kassiererin an der Kasse freundlich, aber bestimmt angesprochen habe, weil er angeblich Diebesgut in seiner Hosentasche versteckt habe, sei er laut geworden und habe sich dann aus dem Markt entfernt.
Der Mann leidet an paranoider Schizophrenie
Er kam allerdings wenig später zurück, um seinen Motorroller zu holen, der vor dem Markt geparkt war. Dort wurde er dann von der Mitarbeiterin des Marktes konfrontiert - im Laufe der hitzigen Unterhaltung schubste er die Frau zu Boden. "Ich wollte nur, dass sie endlich aufhört, mich anzuschreien", sagte der Angeklagte vor Gericht aus. Gestohlen habe er nichts. Das angebliche Diebesgut - etwas Mozzarella, ein Energydrink und eine kurze Hose - fand die hinzugerufene Polizei in der Nähe des Marktes. "Das war schon dort gelegen", sagte der Mann, der die gesamte Sitzung über sehr aufgebracht wirkte und bei den Beschreibungen der Geschehnisse oft heftig den Kopf schüttelte.
Er habe auf sie gewirkt, als ob er auf aufputschenden Drogen gewesen sei, sagte die Polizistin aus, die den Mann an dem Tag im vergangenen Jahr festgenommen hatte. Und auch ein anwesender Therapeut bestätigte, dass der Angeklagte an "Polytoxikomanie" leide. Das bedeutet, dass er wahllos alle Drogeneinnimmt,die er in die Finger bekommt. Außerdem sei sein Intelligenzquotient am unteren Ende des Normalbereichs. Er wohnt im Haus seines Vaters, der ihm auch dabei helfe, eine frühere Geldstrafe wegen Beamtenbeleidigung abzustottern. Das Verhältnis zum Vater sei aber mittlerweile stark belastet. Laut eigener Aussage verbringt der Mann seine Tage hauptsächlich mit Zeitunglesen und Fernsehen. Er habe psychische Probleme, leidet an paranoider Schizophrenie - erst vor Kurzem habe er seine "komplette Wohnung zerlegt". Die Tat hatte er unter offener Bewährung begangen.
Sein Mandant war schlicht überfordert, sagt der Anwalt
Bei all seinen Problemen und Verfehlungen sei sein Mandant aber kein Gewalttäter, sagte sein Anwalt aus, der ihn laut eigener Aussage schon lange kenne. In seiner Akte findet sich allerdings ein Eintrag, als er sich gegen eine frühere Verhaftung gewehrt hatte. Der Jurist zweifelte auch den Tatbestand der Körperverletzung als solche an, den die Staatsanwältin dem 34-Jährigen zur Last legte. Er habe geschubst, das leugne sein Mandant nicht. Aber er habe eben nicht geschlagen, und er habe auch keinerlei Absicht gehegt, die Kassiererin zu verletzen. "Er war schlicht überfordert mit der Situation und hat sich nicht mehr anders zu helfen gewusst", so der Anwalt. Es sei offensichtlich, dass es "nicht ganz rund läuft" in seinem Leben, aber ein Gewalttäter sei er nicht. Deshalb hielt er eine milde Strafe von drei Monaten Haft für angemessen. In seinem letzten Wort bat der Mann darum, noch einmal eine Chance zu bekommen und nicht ins Gefängnis zu müssen.
Richterin Gabriele Held ist jedoch nicht so gnädig und verurteilt den Mann zu acht Monaten Haft ohne Bewährung, für die Körperverletzung und die Fahrt ohne gültige Fahrerlaubnis.