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Landkreis Dillingen: Corona: Wie geht es den Handwerkern in Nordschwaben?

Landkreis Dillingen

Corona: Wie geht es den Handwerkern in Nordschwaben?

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    Werner Luther
    Werner Luther

    Herr Luther, am Samstag ist Tag des Handwerks. Gibt es derzeit Grund zu feiern – zumindest mehr als in anderen Branchen?

    Ja, mehr als in anderen Bereichen auf jeden Fall. Die Corona-Pandemie hat uns im Großen und Ganzen nicht so sehr erwischt. Ausnahmen waren die Friseure, die lange schließen mussten. Gerade Bäcker und Metzger hatten ebenso Ausfälle, sofern sie Catering betreiben. Im Bau- und Baunebengewerbe lagen die Einbußen praktisch bei null. Ich hatte zu Beginn Sorgen, weil die Abstände auf den Baustellen schwierig einzuhalten waren, aber es hat gut funktioniert. Die Firmen haben Hygienekonzepte eingeführt, Mitarbeiter in kleineren Gruppen zur Baustelle geschickt, Einzelzimmer gebucht und anderes. So ist das Handwerk besser durch die schweren Monate gekommen als die Industrie mit teils heftigen Umsatzeinbußen.

    Weniger Umsatz

    Könnte das nicht aufs Handwerk überspringen?

    Ja, das bereitet uns Sorge. Wenn große Unternehmen weniger Umsatz machen, Mitarbeiter entlassen und Investitionen herauszögern, kann es sein, dass uns das sechs Monate oder ein Jahr später trifft. Gewerke, die eng mit Großbetrieben verwoben sind, spüren die Krise schon jetzt deutlicher.

    Die meisten Handwerksbetriebe hatten volle Auftragsbücher, als die Krise begann. Bleibt das so?

    Das hat den Firmen sehr geholfen, aber die extreme Auslastung wird wohl etwas abnehmen. Wir beobachten, dass die Anfragen nachlassen. Aber für den eigenen Betrieb kann ich sagen, dass wir bis ins späte Frühjahr 2021 ausgelastet sind – und so geht es vielen.

    Sind die Auftragsbücher bald wieder voll?

    Diese Auslastung hat es schwieriger und oft teurer gemacht, einen Handwerker zu bekommen. Wird sich das ändern?

    Viele Betriebe haben in den letzten Jahren ihre Margen etwas aufgestockt, das muss man zugeben. Es war aber auch gerechtfertigt. Das Handwerk hat davor oft zu Preisen gearbeitet, bei denen ein Industriebetrieb gesagt hätte: Da mache ich mir gar nicht die Hände schmutzig. Ganz zu schweigen von den strengen Vorschriften in vielen Bereichen. Es muss klar sein: Eine Facharbeiterstunde hat seinen Preis. Und was die Verfügbarkeit angeht: Wenn man mit den Firmen vernünftig spricht, kommen sie auch. In dringenden Fällen sofort, ansonsten vielleicht nach einem Tag oder einer Woche. Es ist heute nur nicht mehr so, dass man mit dem Finger schnipst und der Handwerker auf der Matte steht. Wir haben ein Fachkräfteproblem, das sich nicht von heute auf morgen lösen lässt. Der wesentlichste Faktor zur Steigerung der Preise im Handwerk sind die in den letzten Jahren extrem gestiegenen gesetzlichen Vorschriften. Am Beispiel des Baugewerbes sind hier zu nennen: Verschärfungen der Energiesparverordnung, Schallschutz, Brandschutz und DIN-Normen, sowie vermehrte Bürokratieaufwendungen.

    Einige Gewerke hatten in den Vorjahren Probleme mit der Nachwuchssuche. Wie gelang das heuer?

    Dieses Jahr verlagert sich alles nach hinten, deshalb können wir das noch nicht abschließend sagen. Aktuell haben wir im Gebiet der Handwerkskammer für Schwaben fünf Prozent weniger abgeschlossene Ausbildungsverträge als 2019. Damit stehen wir besser da als die Industrie. Gleichzeitig erhalten wir nach wie vor viele Anfragen von Interessenten, die bisher abgewartet haben. In Nordschwaben hatten wir vergangenes Jahr 319 Auszubildende, heuer sind es bislang 227, wobei ungefähr 30 Prozent noch nicht erfasst sind. Ich kann mir gut vorstellen, dass wir das Vorjahresniveau wieder erreichen. Die Handwerksbetriebe suchen nach wie vor dringend Nachwuchs.

    Nachwuchs ist schwierig

    Oft wandert der Nachwuchs nach der Ausbildung zu großen Betrieben ab. Rechnen sie mit einer vermehrten Rückkehr ins Handwerk, wenn es bei Ihnen stabil bleibt?

    Das kann ich mir durchaus vorstellen. Das Handwerk bietet ausgezeichnete Möglichkeiten und sichere Arbeitsplätze. Es wird seltener gekündigt. Hier läuft man dem Inhaber in der Regel täglich über den Weg, hat eine persönliche Bindung zueinander. Ein großer Arbeitgeber spart schnell mal hunderte oder tausende Stellen, wenn er seine Kosten in den Griff bekommen will. Das überlegen wir uns im Handwerk ganz genau und nutzen im Notfall die Kurzarbeit. Ich fände es gut, wenn sie verlängert wird.

    In anderen Krisen schlug sich Nordschwaben gut. Geht es so weiter?

    Absolut. Die Arbeitslosigkeit ist hier im Vergleich zu anderen Regionen bislang kaum gestiegen. Auch die sinkenden Zahlen bei der Kurzarbeit stimmen mich optistisch. Also ich mache mir um unsere Region keine großen Sorgen.

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