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Landkreis Dillingen: Böllern an Silvester: Des Menschen Freud', der Tiere Leid

Landkreis Dillingen

Böllern an Silvester: Des Menschen Freud', der Tiere Leid

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    An Silvester leiden Haustiere unter der Knallerei.
    An Silvester leiden Haustiere unter der Knallerei. Foto: Ralf Lienert (Symbolbild)

    In den Tagen nach Silvester sieht Katja von Schlippenbach Dinge an ihren vierbeinigen Patienten, die sonst eher selten sind. Da bekommt die Tierärztin etwa Hunde ins Haus, die sich losgerissen und sich dann tagelang die Pfoten blutig gelaufen haben. Der Grund für die Panik ist immer der gleiche: der Lärm durch Böller.

    Was vielen Menschen große Freude macht, ist für Tiere leider oft der blanke Horror: Das Knallen der Böller löst bei Wild- wie Haustieren mindestens Angst, oft regelrechte Panik aus. Deshalb empfiehlt von Schlippenbach, die in Zusamaltheim eine Kleintierpraxis betreibt, Haustierhaltern für die Tage um Silvester einige Maßnahmen. "Beim Spazierengehen mit Hunden unbedingt darauf achten, dass Halsband und Leine richtig sitzen und sich der Hund nicht losreißen kann", sagt die Tierärztin. Für die eigentliche Silvesternacht sei es ratsam, Hunden und Katzen einen dunklen Rückzugsraum zu schaffen, der möglichst auch den Lärm etwas abfängt, etwa im Keller. Freigänger-Katzen sollten zudem im Haus bleiben, entsprechende Ausgänge verschlossen werden, rät von Schlippenbach. 

    Tierärztin Katja von Schlippenbach rät dazu, an Silvester gut auf seine Tiere zu achten.
    Tierärztin Katja von Schlippenbach rät dazu, an Silvester gut auf seine Tiere zu achten. Foto: Ulrike Walburg

    Manche Tiere sind mit Medizin an Silvester besser dran

    Und bei Tieren, die besonders ängstlich auf Feuerwerk reagieren, sollten die Halterinnen und Halter beruhigende Mittel in Betracht ziehen, natürliche ebenso wie Psychopharmaka. Das müsse aber unbedingt durch eine Tierärztin oder einen Tierarzt abgeklärt werden. 

    Die Vorsitzende der LBV-Kreisgruppe Dillingen, Anne Vogel, sieht beim Thema Böllern auch die Wildtiere in Gefahr. Fledermäuse etwa könnten durch den Krach aus dem Winterschlaf gerissen werden. Wildtiere könnten in Panik geraten und vor Autos laufen. Vögel und Kleintiere sich so weit von ihren Nestern und Schlafstätten entfernen, dass sie diese nicht mehr oder erst spät wiederfinden.

    Anne Vogel von der LBV-Kreisgruppe Dillingen bittet Bürgerinnen und Bürger, zum Böllern nicht extra raus in die Natur zu fahren.
    Anne Vogel von der LBV-Kreisgruppe Dillingen bittet Bürgerinnen und Bürger, zum Böllern nicht extra raus in die Natur zu fahren. Foto: Anne Vogel

    Anders als etwa vor Kirchen und Seniorenheimen ist das Böllern in der Nähe von Naturschutzgebieten und Wäldern nicht gesetzlich verboten. Anne Vogel richtet aber die Bitte an diejenigen, die Knaller und Raketen zünden: "Bitte gehen Sie nicht extra raus in die Natur." Am besten solle nur innerhalb der Kommunen geböllert werden. Anne Vogel wünscht sich, wie der Landesbund für Vogelschutz insgesamt, dass Feuerwerke mittelfristig von den Kommunen ausgerichtet werden und der private Verkauf endet. 

    Wer Minderjährigen Feuerwerk abgibt, macht sich unter Umständen strafbar

    Was so alles passieren kann, wenn sich Alkoholkonsum, Ausgelassenheit und Feuerwerk an Silvester mischen, das weiß Hauptkommissar Jürgen Böswald von der Wertinger Polizeistation nur zu gut. Beschädigungen an Briefkästen und Mülltonnen sind beinahe gesetzt, manchmal verletzen sich Personen aber auch durch die Böller. Mitunter schwer. Böswald rät vor allem vom Kauf illegaler Böller ab, etwa in Tschechien. Doch auch bei legal verkäuflichen Böllern rät Böswald speziell Eltern zur Vorsicht: Feuerwerk der Kategorie 2 darf nur von Personen über 18 Jahren gezündet werden. Gebe etwa ein Vater seinem minderjährigen Kind solches Feuerwerk und werde dann durch dieses fremdes Eigentum beschädigt oder gar jemand verletzt, könnte das auch ernsthafte juristische Konsequenzen nach sich ziehen. So seien etwa Anzeigen wegen fahrlässiger Körperverletzung möglich. 

    Jürgen Böswald ist Leiter der Polizeistation Wertingen. Er rät den Feiernden im Bezug auf Böller zur Vorsicht und von der Verwendung illegaler Böller ab.
    Jürgen Böswald ist Leiter der Polizeistation Wertingen. Er rät den Feiernden im Bezug auf Böller zur Vorsicht und von der Verwendung illegaler Böller ab. Foto: Berthold Veh

    Für Autobesitzer hat Böswald noch einen besonderen Ratschlag parat: "Parken Sie das Fahrzeug nach Möglichkeit so, dass es überdacht steht", so der Hauptkommissar. Denn die Wucht der herabfallenden Holzstäbe, die an Feuerwerksraketen angebracht sind, reiche bei Autos durchaus für unschöne Kratzer und Dellen aus. 

    Feinstaub schadet schon nach kurzer Zeit der Lunge erheblich

    Und schließlich macht auch die Lunge einiges mit, wenn man in der Silvesternacht inmitten von Krach und Rauch mit Freunden und Familie auf das neue Jahr anstößt. Denn das Böllern bewirkt, dass viel Feinstaub in die Luft gelangt, wie der Dillinger Lungenspezialist Doktor Wolfgang Hübner unserer Zeitung sagt. Ungefähr zwei Prozent der gesamten Feinstaubbelastung des Jahres werden während des Feuerwerks zum Jahreswechsel in die Luft abgesetzt, so Hübner. Und dieser Feinstaub könne auch schon bei kurzen Spitzenbelastungen zu gesundheitlichen Problemen beitragen. "Hierbei kommt es zu Beeinträchtigung der Atmung, vermehrten Medikamentenbedarf für Asthmapatienten, Zunahme von Krankenhauseinweisungen und Todesfällen wegen Atemwegs- und Kreislauferkrankungen", sagt Hübner. 

    Dr. Wolfgang Hübner weiß um die Gefahr des Feinstaubs, der durch das Böllern freigesetzt wird.
    Dr. Wolfgang Hübner weiß um die Gefahr des Feinstaubs, der durch das Böllern freigesetzt wird. Foto: Hübner/privat

    Die kleinen Partikel – viele nur ungefähr das Millionstel eines Meters groß – passieren laut Hübner die Lungen, gelangen in Gefäße und Zellen und verursachen dort Schäden und Erkrankungen. Hübner zieht das Fazit: "Wir sollten durch unser Verhalten dazu beitragen, Feinstaub zu reduzieren, vielleicht dabei auch auf das Böllern verzichten. Es wäre ein Gewinn für die Gesundheit von uns allen." 

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