Startseite
Icon Pfeil nach unten
Dillingen
Icon Pfeil nach unten

Landkreis Dillingen: Bedrohte Bachmuscheln und neue Libellen: So steht es um die Artenvielfalt

Landkreis Dillingen

Bedrohte Bachmuscheln und neue Libellen: So steht es um die Artenvielfalt

    • |
    Biologe Dieter Leippert sorgt sich darum, dass der Nebelbach in Blindheim dieses Jahr erneut austrocknet. Arten, wie die bedrohte Bachmuscheln, sterben dadurch.
    Biologe Dieter Leippert sorgt sich darum, dass der Nebelbach in Blindheim dieses Jahr erneut austrocknet. Arten, wie die bedrohte Bachmuscheln, sterben dadurch. Foto: Susanne Klöpfer

    Biologe Dieter Leippert ist erschrocken, als er sieht, wie wenig Wasser im Juni nur noch im Nebelbach steht. Das Gewässer, das normalerweise mit einem Meter Höhe unter der Brücke an einem Feldweg in Blindheim durchplätschert, besteht nur noch aus Pfützen. Darin entdeckt er Schalen von verendeten Bachmuscheln. Auf der anderen Seite der Brücke schwimmen in wenigen Zentimetern Wasser noch eine Elritze, ein kleiner Fisch, herum. Am Wasserrand ist die Larve einer Köcherfliege zu sehen. Wenn der Wasserspiegel weiter sinkt, werden auch diese sterben. Davon geht Leippert bei den Wettervorhersagen für die kommenden Wochen aus.

    Der Artenschutzreferent des Bund Naturschutz (BN) im Landkreis Dillingen ist davon ausgegangen, dass es heuer noch besser um das Gewässer stehe. Auf dem Handy zeigt er Fotos vom Nebelbach, der im vergangenen Jahr erst im August austrocknete. In Klosterbach, Pulverbach und Nebelbach habe es früher das größte Bachmuschelvorkommen Bayerns gegeben, so Leippert. Nun seien es nur noch ein paar Tausende. Bachmuscheln sind stickstoffempfindlich, das heißt, wenn sie zu lange nicht mehr im Wasser, sondern der Luft ausgesetzt sind, sterben sie.

    Artenvielfalt im Landkreis Dillingen: Bachmuschuschel im Nebelbach stirbt

    In Blindheim sorgte die stark vom Aussterben bedrohte Art im Dezember für Aufsehen, als der Mühlgraben ausgebaggert wurde. Der Fall landete bei der Staatsanwaltschaft. Im Nebelbach hatten im vergangenen Jahr Feuerwehr und Landwirte mit Donautal Aktiv die Bachmuschel gerettet, indem sie den ausgetrockneten Bach mit Wasser füllten. Leippert schätzt den Einsatz, doch das sei nicht die Lösung. Denn der Bach trockne durch die intensive Landwirtschaft aus. Das Wasser der Quelle in Finningen benötigte auch die Jurawälder im Landkreis, sonst würden diese anfälliger für Krankheiten. Den Schutz von feuchten Wäldern benötigt wiederum die dort lebende Bechsteinfledermaus, auch sie ist gefährdet. Ein kleiner Eindruck, welche Rolle Artenschutz spielt.

    Der Nebelbach in Blindheim ist fast ausgetrocknet.
    Der Nebelbach in Blindheim ist fast ausgetrocknet. Foto: Susanne Klöpfer

    Artenschützer wollen die Vielfalt an Tieren, Pflanzen und deren Lebensräume bewahren und das Aussterben weiterer Arten verhindern. Denn viele sind dem Bundesumweltministerium zufolge durch den Einfluss des Menschen, wie durch Landnutzung, Überfischung, Umweltverschmutzung und der Klimakrise bedroht. Eine möglichst vielfältige Tier- und Pflanzenwelt ist wichtig, damit die Menschen in einem stabilen Klima leben und die lebenswichtigen Kreisläufe funktionieren.

    Wie hängen Artenschutz und Klimaschutz zusammen?

    "Es hat lange gedauert, bis erkannt wurde, dass Artenschutz und Klimaschutz zusammenhängen", erklärt Leippert. Aber es gebe keine Studien, die die Auswirkungen der Klimakrise auf die Arten zeigten. Man wisse zu wenig darüber, wie gut sich Tiere und Pflanzen an den Klimawandel anpassen.

    Die Artenvielfalt im Landkreis Dillingen bezeichnet Leippert als besonders. Denn in der Region treffen vier unterschiedliche Lebensräume aufeinander. Die Flusslandschaft, wie das Donau-Ried, das fränkische Jura, die schwäbische Alb, die Westlichen Wälder und die Iller-Lech-Platte. In den Übergängen zwischen den verschiedenen Lebensräumen gebe es eine besonders große Vielfalt, weil dort die Arten aus beiden Lebensräumen aufeinandertreffen.

    Amphibienbestand im Landkreis Dillingen schrumpft

    Doch wie kann die Artenvielfalt im Landkreis Dillingen erhalten werden? Leipperts Antwort: weniger Eingriffe durch den Menschen in die Natur. Kommunen sollten darauf achten, wo sie welche Gebiete fürs Bauen oder Freizeitaktivitäten ausweisen. Aktualisierte Landschaftsplanungen, die eine nachhaltige Gemeindeentwicklung einbeziehen, würden helfen.

    Das Vorkommen von Amphibien in der Heidenau zwischen Pfaffenhofen und Donaumünster ist in den vergangenen Jahren extrem zurückgegangen. Die Straße dort soll weiter verbreitet werden.
    Das Vorkommen von Amphibien in der Heidenau zwischen Pfaffenhofen und Donaumünster ist in den vergangenen Jahren extrem zurückgegangen. Die Straße dort soll weiter verbreitet werden. Foto: Susanne Klöpfer

    Zum Artenschutz zählt für Leippert ebenfalls, dass die Lebensräume, wie das Donauried, nicht weiter durch Straßen zerschnitten werden. Dort soll die Kreisstraße breiter ausgebaut werden. Biologe Leippert erklärt, dass das Vorkommen von Amphibien in der Heidenau zwischen Pfaffenhofen und Donaumünster in den vergangenen Jahren extrem zurückgegangen sei. Wenn die Tiere vom dortigen Jurawald zu ihrem 300 Meter entfernten Laichgewässer wandern, queren sie die Straße, die dafür jedoch feucht sein muss. Die Gefahr, von einem Auto überfahren zu werden, ist hoch. Beides werde erschwert durch eine breitere Straße.

    Dreizehn verschiedene Amphibienarten leben im Landkreis Dillingen

    Die Bestandsentwicklung der Amphibien im Landkreis Dillingen ist negativ, das zeigt auch die Naturschutzfachkartierung, die 2021 und 2022 durchgeführt wurde. Hierzu werden gezielt Arten und ihre Lebensräume ausgewählt. Aktuell sind dreizehn Amphibienarten im Landkreis bekannt, wie ein Sprecher des Bayerischen Landesamts für Umwelt (LfU) mitteilt.

    Biologe Dieter Leippert in der Heidenau zwischen Pfaffenhofen und Donaumünster, in den dortigen Jurawäldern leben viele Amphibien.
    Biologe Dieter Leippert in der Heidenau zwischen Pfaffenhofen und Donaumünster, in den dortigen Jurawäldern leben viele Amphibien. Foto: Susanne Klöpfer

    Auch 76 Tagfalter- und Widderchen- sowie 33 Heuschreckenarten wurden nachgewiesen. Tagfalter kommen im Vergleich zur letzten Kartierung vor, bei den Heuschrecken gibt es bei verschiedenen Arten positive und negative Bestandsentwicklungen, die sich ausgleichen. Über Vögel und Reptilien kann das LfU keine Einschätzung gegeben, da die zuvor gesammelten Daten das nicht zulassen.

    Neue Libellenart im Landkreis Dillingen entdeckt

    "Der Einfluss der Klimakrise auf die Artenvielfalt ist derzeit noch schwer abzuschätzen", sagt der Sprecher des LfU. Für manche Arten könnte der Klimawandel bereits jetzt schon eine Rolle spielen, wie beim Rückgang der Libellenarten Torf-Mosaikjungfer und Schwarze Heidelibelle. Oder bei den Heuschrecken werde die Zwitscherschrecke von der nahe verwandten Grünen Heupferde in klimatischen Übergangsbereichen zunehmend verdrängt. Tiere, wie die Bachmuschel, haben ihren Lebensraum in Gewässern, welche die steigenden Temperaturen infolge der Klimakrise austrocknen.

    Manche Arten profitieren wiederum vom Klimawandel. Bei der Naturschutzfachkartierung wurden zwei neue Libellenarten in der Region nachgewiesen. Die Vogel-Azurjungfer und die Helm-Azurjungfer. Beide Arten lieben Wärme und gelten als streng geschützte Tierart. "Es wird eine Nordwärtsbewegunggeben. Die wärmeliebenden Arten werden sich immer mehr ausbreiten", sagt Leippert. Durch die vielfältigen Lebensräume, Pflanzen und Tiere im Landkreis Dillingen, habe man aber eine besondere Verantwortung, diese zu erhalten. 

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden